Tatjana Pokorny
· 16.05.2019
Die vom Olympia-Aus bedrohten Finn-Segler haben ihren Kampf noch nicht aufgegeben und einen offenen Brief an den Weltverband adressiert
Im Kampf um ihren olympischen Verbleib nach 2020 fahren die Finn-Segler jetzt schwere Geschütze auf. In einem offenen und von der weiten Mehrheit führender Finn-Segler unterzeichnetem Brief an den Welt-Seglerverband World Sailing geht es vor allem um das Thema Diskriminierung. Nach Ansicht der traditionell schwergewichtigen Finn-Athleten bietet die neue Komposition der zehn Segeldisziplinen für die Olympischen Spiele 2024 männlichen Seglern jenseits von 85 Kilogramm Körpergewicht für die Zukunft kaum mehr eine olympische Teilnahmechance. Weil die Einhandjolle 2024 nach ihrer Abwahl im vergangenen Winter nicht mehr im Einsatz sein soll und stattdessen – auch im Bestreben um die vom IOC geforderte Geschlechterausgeglichenheit – eine noch genauer zu definierende Mixed-Offshore Premiere feiern soll, seien große und schwere Segler künftig von Olympischen Spielen ausgeschlossen.
Bei Ihrer andauernd heftigen Kritik an der Streichung des Finns bezieht sich die Klasse auch auf eine vom Welt-Seglerverband selbst veröffentlichte Studie, die sich bei der Weltmeisterschaft aller olympischen Disziplinen im vergangenen Jahr im dänischen Aarhus unter anderem mit den physischen Merkmalen der Segler und Seglerinnen befasst hat. In verschiedenen Übersichten ist zu klar zu erkennen, dass Finn-Segler mit Blick auf ihre Körpergröße und ihr Gewicht nahezu eine eigene Gruppe bilden und viele von ihnen in keiner anderen bislang existierenden Olympia-Disziplin aussichtsreich agieren könnte.
Der Verweis von World Sailing, dass Finn-Segler künftig in der neuen Mixed-Offshore-Disziplin unterkommen könnten, tröstet die meisten von ihnen wenig. Zum einen, weil der Einstieg in diese neue Disziplin voraussichtlich einen erheblich höheren finanziellen Aufwand mit sich bringen wird. Zum anderen, weil für das Offshore-Segeln noch andere Qualitäten gefordert sind, die nicht jeder Finn-Segler automatisch mitbringt.
Im offenen Brief der Finn-Segler heißt es deshalb: "Die Streichung der Finn-Klasse aus dem olympischen Programm bricht die Regeln des Welt-Seglerverbandes, widerspricht den Prinzipien der Olympischen Charta mit Blick auf die angestrebte Nicht-Diskriminierung von körperlichen Gegebenheiten und begrenzt für viele Segler den Zugang zu Olympischen Spielen. Deswegen fordern wir dazu auf, wieder eine Klasse wie das Finn-Dinghy ins olympische Programm aufzunehmen, die zu männlichen Athleten über 85 Kilogramm passt, um allen Seglern einen fairen Zugang zu Olympischen Spielen zu gewähren und die Einführung einer diskriminierenden Entscheidung durch World Sailing zu verhindern."
Die Finn-Bewegung wird ab heute Thema beim Halbjahres-Treffen des Welt-Seglerverbandes und seiner Mitglieder im Chelsea Football Club in London sein, wo die Diskussionen und Abstimmungen über die "Ausrüstung" für die Segeldisziplinen bei den Olympischen Spielen 2024 im Mittelpunkt steht. "Ausrüstung" bedeutet Boot oder Surfbrett. Unter anderem wird es in England auch darum gehen, ob Laser und Laser Radial olympisch bleiben oder durch den RS Aero ersetzt werden, der in einer Testserie bei Athleten und Experten einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Gegen den Tausch spricht jedoch unter anderem die starke weltweite Verbreitung des Lasers und die für den Segelsport dringend benötigte Konstanz einiger tragender und für die Öffentlichkeit bereits bekannter wie verständlichen Säulen. Als solche gilt der Laser als erschwinglichstes Segelboot für Olympiasegler. Sicher ist, dass an diesem Wochenende in London leidenschaftlich diskutiert werden wird. Und sicher ist auch, dass es bei den diversen anstehenden Abstimmungen Gewinner und Verlierer geben wird.