Der brasilianische Segler-Verband hat heute offiziell gemacht, was Robert Scheidt YACHT online bereits im Dezember beim Finale der Star Sailors League exklusiv und persönlich angekündigt hat: das Comeback des Segelstars! Den 45-Jährigen, der nach den Olympischen Spielen im Heimatrevier von Rio de Janeiro als Vierter seinen Abschied ohne die sechste Olympia-Medaille seiner Karriere hatte nehmen müssen, zieht es noch einmal zurück in die Arena seines Lebens. Offensichtlich haben ihn erste Intensiv-Tests dazu bewogen, sich die Mission Olympia erneut zuzumuten.
Die Herzen der Fans wird der Vater von zwei Söhnen dabei auf seiner Seite haben. Der sympathische Brasilianer gilt vielen als Vorbild an Kampfgeist, Fairplay und seglerischer Exzellenz – und das seit vielen Jahrzehnten. Scheidt selbst sagte zu seinem Comeback: "Der Wille, mich zu überwinden, dieses Ziel zu erreichen, sprach lauter." Der Champion kommt zurück und wird die Laserklasse auf vielfältige Weise bereichern.
Scheidt hatte seinen ersten Laser-WM-Titel im Laser 1995 vor Teneriffa gewonnen. Das ist 23 Jahre her. Der letzte WM-Sieg war ihm 2013 vor Al Musannah gelungen, als der damals erst 24 Jahre alte Sonthofener Philipp Buhl stolz seine erste WM-Bronzemedaille gewann. Auch im Starboot segelte Scheidt 2007 und 2011 zu zwei WM-Titeln und Olympia-Bronze mit Bruno Prada 2012, stellte damit sein Allround-Talent eindrucksvoll unter Beweis. Jetzt hat Scheidt infolge seiner Laser-Comeback-Ankündigung für den Frühjahrs-Klassiker Trofeo Princesa Sofía vor Mallorca gemeldet. Das wolle er tun, so hatte er YACHT online vor knapp zwei Monaten bereits erzählt, wenn er daran glaube, dass er wettbewerbsfähig sein kann. Smart, so sagt er, muss er agieren, mit den Kräften seines betagteren Körpers haushalten. Er weiß nur zu gut, dass er keine 25 Jahre alt mehr ist. Aber er sagt, dass es ihm gut tut, morgens aufzustehen und ein sportliches Ziel vor Augen zu haben.
Hat er das, kann er jederzeit zur Macht werden. So wie 1996, als er Sir Ben Ainslie in einer Blitz-, Donner- und Regenschlacht von Savannah nach allen Regeln der Segelkunst niederrang. Ainslie revanchierte sich vier Jahre später, stieg danach aber ins Finn-Dinghy um. Das spektakuläre Duell zwischen den beiden Ausnahmeseglern hätte sonst vermutlich noch viele Jahre angedauert. So aber suchte und fand Scheidt andere hochkarätige Gegner, die er meistens geschlagen hat. Nur beim Heimspiel in Rio ging ihm das Pulver aus; er musste ausgerechnet in Brasilien als Vierter abtreten. Möglich, dass der medaillenlose Abgang neben seiner Leidenschaft für den Laser- und den olympischen Segelleistungssport auch eine Rolle in Scheidts Comeback-Gedanken gespielt hat.
Philipp Buhl, heute selbst ein Weltklasse-Akteur im Laser, aber nur etwas mehr als halb so alt wie Scheidt und einst sein Lehrling – erst als Teenager im Studium aus der Ferne und später als selbst erfolgreicher Athlet aus immer kleiner werdender Distanz auf dem Kurs –, sagt zum Comeback des Laser-Königs: "Mein erster Gedanke ist: beeindruckend! Sich mit 45 Jahr noch zuzutrauen, die ausreichende körperliche Leistungsfähigkeit mitzubringen, um konkurrenzfähig zu sein, das ist schon einzigartig. Ich weiß, dass auch ich und andere, noch etwas Jüngere schon ihre Wehwehchen haben. Also: Respekt! Am Ende ist Scheidt ein Laser-Spezialist. Er segelt in der Klasse länger als alle anderen und will einfach nur diese sechste Olympia-Medaille. Mit glücklichen Bedingungen kann er das auch schaffen. Es ist seine einzige Chance, der Einzige mit sechs Olympia-Medaillen zu werden. Warum also nicht?" Bislang ist es in der Olympia-Geschichte keinem Segler und keiner Seglerin gelungen, sechs Medaillen zu gewinnen. Das Ziel ist also höchst attraktiv für einen, der sich gern hohe Ziel steckt.