OlympiaNationalsegler auf Kurs Marseille – noch ein Jahr bis zum Start

Tatjana Pokorny

 · 28.07.2023

Hatte die Qualifikation für die Test-Regatta verpasst, ehrgeizige Ziele für die WM in Den Haag und Olympia 2024 aber weiter im Visier: Laser-Weltmeister Philipp Buhl
Foto: Felix Diemer/German Sailing Team
Am 28. Juli 2024 fallen die ersten olympischen Startschüsse vor Marseille. Genau ein Jahr zuvor formiert sich die Segelnationalmannschaft zur vereinten Jagd auf Edelmetall. Das German Sailing Team geht die Herausforderung mit viel Ehrgeiz, mehreren Medaillenkandidaten, aber auch Luft nach oben in einigen Disziplinen an. Mit aktuellem Video

Der olympische Testevent ein Jahr vor den Olympischen Spielen liegt schon ein paar Wochen zurück. Mit zweimal Silber durch iQFoil-Weltmeister Sebastian Kördel und das 470er-Mixed Malte und Anastasiya Winkel (alle Norddeutscher Regatta Verein) sowie Platz vier durch die Olympia-Dritten Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer (Kieler Yacht-Club) konnte sich die Segelnationalmannschaft als sechstbeste Nation ähnlich gut wie bei der letzten olympischen Regatta in Enoshima (1x Silber, 2x Bronze) behaupten.

Wir wollen und können im kommenden Jahr Medaillen gewinnen” (Nadine Stegenwalner)

Das Test-Fazit von DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner war entsprechend ausgefallen: „Wir haben bei der olympischen Testregatta zeigen können, dass wir im kommenden Jahr Medaillen gewinnen wollen und können. Unsere Aktiven und ihre Trainer konnten sehr gute Einblicke in die Verhältnisse vor Ort gewinnen, die im kommenden Jahr nützlich sein werden.“

Dabei ist allerdings in der Mehrheit der insgesamt zehn olympischen Disziplinen noch offen, ob es im kommenden Jahr dieselben Athletinnen und Athleten sein werden, die wie beim Test-Event auch um die olympischen Medaillen kämpfen dürfen. Aktuell sind allen voran Windsurf-Weltmeister Basti Kördel und die foilenden Nacra-17-Asse Paul Kohlhoff/Alica Stuhlemmer national konkurrenzlos gut und in ihren olympischen Disziplinen eine Liga für sich.

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Deutschlands olympische Windsurferinnen müssen kämpfen

Auch Top-Kiterin Leonie Meyer hat in Deutschland keine Konkurrenz. Die junge Mutter und Medizinerin vom Norddeutschen Regatta Verein kämpft sich der Weltspitze immer näher. Anders sieht es bei ihren männlichen Team-Kameraden aus, wo zwei Freunde und Konkurrenten um nur eine Olympia-Fahrkarte ringen müssen. Zum Test-Event hatte sich Flo Gruber vom Norddeutschen Regatta Verein knapp gegen Jannis Maus von den Cuxkiters durchsetzen können. Das Duell der beiden wird auf Kurs Marseille erneut für Spannung sorgen.

Die deutschen Windsurferinnen in der neu olympischen Disziplin iQFoil dagegen müssen bangen, ob sie sich überhaupt für die Spiele qualifizieren können. Für die Test-Regatta war das nicht gelungen. Beim anstehenden Jahreshöhepunkt, der Segelweltmeisterschaft aller olympischen Disziplinen in Den Haag im August, könnten Alisa Engelmann, Lena Erdil, Theresa Marie Steinlein und Helena Wanser die Weichen besser stellen. Für sie wie für alle Aktiven des German Sailing Teams geht es im niederländischen WM-Revier vor Scheveningen aber vor allem darum, jetzt schon möglichst viele Nationenstartplätze für die Olympischen Spiele zu sichern.

Für uns im Ilca 7 ist die WM in Den Haag alles: Jahreshöhepunkt, Kaderkriterium, Nationenquali und der Start der nationalen Ausscheidung” (Philipp Buhl)

Das ist auch eines der multiplen Ziele von Laser-Weltmeister Philipp Buhl. Deutschlands erfolgreichster Ilca-7-Steuermann hatte die Qualifikation für die Test-Regatta verpasst, musste die Chance zum Sammeln von Erfahrungen seinem Bezwinger Nik Aaron Willim überlassen. Seine Chancen in der nationalen Olympia-Ausscheidung sieht Philipp Buhl dadurch nicht geschmälert. Der 33-Jährige freut sich auf den August-Gipfel in den Niederlanden: “Für uns im Ilca 7 ist die anstehende WM in Den Haag alles: Jahreshöhepunkt, Kaderkriterium, Nationenquali und Start der nationalen Ausscheidung.”

Seine gesamte Olympia-Kampagne war und ist so getimt, so Buhl, dass die maximale Leistung zu den entscheidenden Events kommt. “Vielleicht habe ich es etwas zu weit nach hinten raus gelegt”, sinniert er mit Blick auf die gegen Nik Willim verlorene Ausscheidung zum Test-Event. Doch sein Lauf soll jetzt beginnen. Buhl setzt sich im letzten Jahr vor dem von ihm angestrebten dritten Olympiastart bewusst hohe Ziele: “Ein Podiumsplatz bei der WM wäre cool. Vielleicht kann ich um den Sieg mitfahren. Ich wünsche mir einen guten Start in die Olympia-Ausscheidung und dass wir den Nationenstartplatz sichern können.”

Die Skiff-Medaillengewinner der Olympischen Spiele 2021 haben eine Lücke hinterlassen

Die besten deutschen Ilca-7-Steuermänner setzen ihre nationale Ausscheidung im Kampf um nur ein Ticket nach der WM in Holland Ende Januar 2024 bei ihrer WM im australischen Adelaide fort und beenden sie beim Spanien-Klassiker Trofeo Princesa Sofía. Andere Disziplinen haben im German Sailing Team andere Ausscheidungsregatten zu meistern – drei sind es in allen Fällen. Und fast immer wird die Entscheidung im Frühjahr 2024 in der Bucht von Palma de Mallorca fallen.

Die Nationenqualifikation wird auch die Ilca-6-Steuerfrauen bei ihrem Ringen um den Durchbruch an die Weltspitze stark fordern. Ebenso die deutschen Skiffsegler und Skiffseglerinnen, die weiterhin hart daran arbeiten, die Lücke nach dem Abschied von Leistungsträgern wie den zweimaligen Bronzemedaillen-Gewinnern Erik Heil/Thomas Plößel und den Silberfrauen Tina Lutz und Susann Beucke zu schließen.

Die nationale Ausscheidung im 470er-Mixed könnte zum Krimi werden

Eine der spannendsten nationalen Olympia-Ausscheidungen wird in der neuen deutschen Paradedisziplin 470er-Mixed erwartet. Hier werden gleich drei Weltklasseteams und weitere heiße Kandidaten-Paare aus der Weltklasse-trainingsgruppe des German Sailing Teams um nur eine Olympia-Fahrkarte kämpfen. Die Weltmeister Luise Wanser/Philipp Autenrieth (NRV/Bayerischer Yacht-Club), die Vize-Europameister und Kieler-Woche-Sieger Simon Diesch/Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee) und die Winkels als Silbermedaillengewinner der olympischen Testregatta gelten als Co-Favoriten.

Zur wichtigen Weltmeisterschaft in Den Haag treten ab der zweiten August-Woche in der DSV-Flotte 48 Männer und Frauen in den zehn Disziplinen an. Sie werden Gas geben, um dem deutschen Segelsport maximal viele Nationenstartplätze für Olympia 2024 zu sichern. Entsprechend der Stärke der olympischen Felder in Marseille 2024 sind – jeweils abzüglich möglicherweise besser platzierter, aber als Gastgeber bereits für Olympia gesetzter französischer Teams – folgende WM-Platzierungen in den einzelnen Disziplinen gut genug für einen Nationenstartplatz:

IQFoil-Windsurfen Männer (Top 11), iQFoil-Windsurfen Frauen (Top 11), Kite Männer (Top 8), Kite Frauen (Top 8), Ilca 7 Männer (Top 16), Ilca 6 Frauen (Top 16), 49er Männer (Top 10), 49er FX Frauen (Top 10), 470er-Mixed (Top 8) und Nacra-17-Mixed (Top 9).

Der erworbene Nationenstartplatz sichert nicht das individuelle Olympia-Ticket

Wichtig zu wissen: Die Sicherung des Nationenstartplatzes für eine Crew geht nicht mit der individuellen Qualifikation einher. Es ist in der Vergangenheit des Öfteren vorgekommen, dass eine Crew den Nationenstartplatz gesichert hat, eine andere aber später die nationale Ausscheidung gewann und den Platz besetzte.

Gelingt es in einer oder mehreren Disziplinen nicht, den Nationenstartplatz bei der WM zu sichern, gibt es für europäische Kandidaten weitere Möglichkeiten bei den Kontinentalmeisterschaften 2024 und bei einer Last-Chance-Regatta im Olympiajahr. Bei den Ilca-7-Männern und Ilca-6-Frauen werden zusätzlich jeweils sieben Nationenstartplätze bei der WM 2024 vergeben.

Der neue Team-Clip der Segelnationalmannschaft auf Kurs Marseille:

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