OlympiaMehr als 45 Millionen Euro für Marseilles Segelarena – Feuertaufe ab heute!

Tatjana Pokorny

 · 27.07.2024

Olympische 49er-Crews beim Training in der Bucht von Marseille
Foto: World Sailing/Lloyd Images
Am Sonntag beginnt die mit Hochspannung erwartete olympische Segelregatta in Marseille. Mit den ersten Startschüssen stehen am 28. Juli im ebenso bildschönen wie komplexen Olympia-Revier nicht nur die Träume und Hoffnungen von 330 Athleten auf dem Prüfstand. Der Beginn des olympischen Gipfelsturms unter Segeln markiert auch die offizielle Veredelung eines vierjährigen Bauprojekts

High Noon in der Bucht von Marseille: Am Sonntag beginnt am Mittag die olympische Regatta der XXXIII. Olympischen Spiele in Marseille. Als Erste steigen ab 12.13 Uhr – so die Winde wollen – die iQFoil-Windsurferinnen mit Theresa Steinlein und ab 12.33 Uhr auch die iQFoil-Männer mit Sebastian Kördel (beide Norddeutscher Regatta Verein) in ihre Serien ein. Es folgen die Skiffseglerinnen mit Marla Bergmann/Hanna Wille (49er FX) vom Mühlenberger Segel-Club ab 12.35 Uhr und die 49er-Flotte mit dem deutschen Duo Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger (Bayerischer Yacht-Club) ab 13.15 Uhr.

Der Olympia-Hafen: Marina Marseille

Jeweils 24 Windsurf-Boards bilden die überschaubaren olympischen iQFoil-Felder der Männer und der Frauen, nur je 20 Boote die olympischen Skiff-Flotten der 49er und 49er FX. Ihre olympische Arena ist die Bucht von Marseille, ihr Heimathafen während der Spiele die olympische Marina Marseille.

Mehr als 45 Millionen Euro stecken in Frankreichs neuem Olympia-Hafen. Traditionell bekannt als Marina Roucas Blanc, heißt der Segel-Hotspot von Paris 2024 jetzt Olympia-Marina Marseille. Mit 31 Millionen Euro engagierte sich hier die für alle olympischen Bauwerke für Paris 2024 zuständige staatliche französische Gesellschaft Solideo. Investiert haben auch der französische Staat (2,7 Millionen), die Metropolregion Aix Marseille (4 Millionen) und das Département des Bouches-du-Rhône (2 Millionen). Weitere Mittel steuerten die Stadt Marseille (2,1 Millionen), das Umweltprogramm Contrat Baie (800.000 Euro) und der europäische Regionalentwicklungsfonds FEDER (2,9 Millionen) bei.

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In vier Jahren wurde aus dem Hafen Roucas Blanc, in dessen Bucht schon im 19. Jahrhundert Segelsport betrieben wurde, nach umfangreichen Renovierungsarbeiten und Neubauprojekten die Olympia-Marina Marseille. Der Hafen hat jetzt fünf Hauptgebäude, von denen zum olympischen Testevent noch nicht alle fertiggestellt waren. Pünktlich zu den Spielen aber waren die Gastgeber und ihre Wettkampfstätten an Land mit einer Innenfläche von insgesamt 7.000 Quadratmetern und einer Hafenaußenfläche von 17.000 Quadratmetern bereit. Hier sollen auch in Zukunft hochkarätige Regatten ausgetragen werden. Der französische Segelverband FFVoile betreibt hier einen Stützpunkt.

Neues Leben für die Bucht von Marseille

Ebenso wurde die Bucht von Marseille auf Kurs Olympia einer Radikalkur unterzogen. „Vorher hatten wir es eher mit stehendem und qualitativ weniger gutem Wasser in der Bucht zu tun. Dann wurde der Meeresboden im etwa zehn Quadratkilometer großen olympischen Regattarevier der Bucht ausgebaggert. Weitere Maßnahmen sorgen für mehr Strömung in der Bucht“, erklärt mit Laurence Astier, die Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit für Paris 2024 im Cluster Marseille. Ein Hauptziel der Maßnahmen war die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt in der Bucht von Marseille. Hier seien große Fortschritte erzielt worden, erzählt Laurence Astier.

Sämtliche maritime Arbeiten waren bereits im Juni 2023 abgeschlossen und abgenommen. Eingeweiht wurde die olympische Marina am 2. April dieses Jahres. Die olympische Feuertaufe steht jetzt bevor. 330 der besten Segler und Seglerinnen werden in der Bucht von Marseille ihre Träume jagen. Auch, weil die Wasserqualität unter anderem bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro umstritten war und mehrere Sportler dort infolge städtischer Probleme mit der Abwasserentsorgung an bakteriellen Infektionen erkrankten, haben sich Marseille und seine Mitstreiter und Co-Investoren in der Vorbereitung auf die Olympia-Regatta in ihrer Bucht angestrengt. Sie wollen nicht nur die Spiele zum maritimen Fest machen, sondern auch nachfolgenden Generationen ein besseres maritimes Erbe vermachen.

Optisch ein olympisches Traumrevier

Hier war und ist noch immer nicht ganz alles Gold, was glänzt: Auch in der stadtnahen Bucht von Marseille hatten in den vergangenen Jahren immer wieder Strände aufgrund von Verschmutzung gesperrt werden müssen. Mit einem Rückhaltebecken zum Speichern von Regenwasser, der Renaturierung von Wasserläufen und einem modernisierten Abwassersystem wird seit einigen Jahren dagegengehalten. Didier Réault, Vizepräsident der Metropolregion und zuständig fürs Meer und den Wasserkreislauf, sagte dem Regionalportal „Made in Marseille“: „Seit etwa zehn Jahren gibt es eine echte Verbesserung. Verschmutzungsepisoden werden immer seltener und sind manchmal nur auf die Übernutzung der Strände zurückzuführen.“

Vereinzelt gesperrte Strandabschnitte kommen in der Region Marseille immer noch vor. Bei der olympischen Regatta aber soll die violette Sperrflagge in der Region möglichst nicht zu sehen sein. Der Olympia-Hafen Marseille verfügt deswegen auch über ein eigenes Auffangbecken, wo Abwässer gefiltert werden. Beschwerden olympischer Segler gab es zum Marseille-Revier bislang nicht. Dafür aber schon vor den ersten Startschüssen am 28. Juli ab kurz nach 12 Uhr viele starke Fotomotive einer bildgewaltigen Bucht und hoch motivierter Olympioniken, die ihre Herausforderungen annehmen wollen.


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