Tatjana Pokorny
· 22.06.2016
Mit dieser Frage schlagen sich Erik Heil und Thomas Plößel sechs Wochen vor Olympia herum. Auch in Kiel segeln Burling/Tuke auf Siegkurs
Peter Burling und Blair Tuke sind nicht nur Weltsegler des Jahres und die neuen America's-Cup-Stars im Emirates Team New Zealand. Sie sind auch Silbermedaillengewinner der Olympischen Spiele 2012 in Weymouth. Doch wovon andere träumen, hat die Überflieger aus Tauranga und Kawakawa erst recht hungirg gemacht. "Wir wollten nach Silber vor vier Jahren in der Folgekampagne alles noch ein bisschen besser machen und uns eine Dominanz für die Olympischen Spiele 2016 erarbeiten", sagt der 25-jährige Steuermann Burling. Das ist den beiden Kiwis in beneidenswerter Weise gelungen. Seit der Zeit nach der olympischen Regatta 2012 haben sie keine große Regatta mehr verloren. Die Weltmeister segeln auch bei der Kieler Woche auf und davon.
Warum das ununterbrochen so ist, versuchen Deutschlands beste 49er-Segler und auch die internationale Konkurrenz seit Jahren herauszufinden. Erik Heil und Thomas Plößel vom Audi Sailing Team Germany zählen ebenfalls zum Favoritenkreis für die Olympiaregatta, auch wenn Gold vergeben zu sein scheint. "Wir schauen uns Peter und Blair permanent an. Die treffen clevere Entscheidungen und sind sehr, sehr schnell. Und sie machen die wenigsten Fehler." Burling und Tuke seien vor allem schnell in der Aufnahme und Analyse gegebener und sich verändernder Bedingungen. Was wiederum auch daran liegen mag, dass zurzeit kein Segler weltweit eine solches Mammut-Segelprogramm in unterschiedlichen Einsatzbereichen absolviert wie Cup- und Olympia-Steuermann Burling, der auch noch Motten-Weltmeister ist und selbst erklärt: "Ich habe einfach viel Spaß in den unterschiedlichsten Bootsklassen. Würde ich nur in einer Klasse segeln, wäre das vermutlich schnell langweilig und ermüdend."
Eine weitere Beobachtung machte Heil auf der Kieler Förde auch nicht zum ersten Mal: "Burling dreht verhältnismäßig viel auf." Die 49er-Segler unterscheiden zwischen "Aufdrehen" – gemeint ist die Konzentration der Segler auf den Kurs, die Gegner, ihr Umfeld – und "das Boot segeln", womit die Konzentration der Crew auf möglichst schnelles Segeln des Skiffs beschrieben wird. Während viele Crews diese Aufgaben teilen – einer "dreht auf", einer segelt das Boot –, scheinen Burling und Tuke häufiger gleichzeitig "aufzudrehen". "Sie legen offenbar noch mehr Wert auf Strategie als auf Schnelligkeit", sagt Heil. So mag sich erklären, dass Burling und Tuke manchmal wie Hellseher wirken, weil sie Dreher offenbar lange im Voraus erahnen und sie nutzen.
Einmal muss Burling in den kommenden Wochen aber passen: Die Regatta der America's Cup World Series im britischen Revier vor Portsmouth vom 21. bis 24. Juli fällt in sein letztes Trainingscamp in Rio. Wer dann für die in der Weltserie führenden Kiwis das Steuer übernimmt, wollte Burling noch nicht verraten. Für die Konkurrenz könnte sich dadurch die Chance zum Aufholen ergeben. Für die olympischen Gegner wird es dadurch kaum leichter. "Er ist schon auf Gold gebucht, aber das muss er auch erst einmal liefern", sagte Thomas Plößel mit einem Lächeln.