IOC beschließt Segel-Programm für 2024Aus für Mixed-Offshore, Kiten wird doppelt olympisch

Tatjana Pokorny

 · 10.06.2021

IOC beschließt Segel-Programm für 2024: Aus für Mixed-Offshore, Kiten wird doppelt olympischFoto: IKA/A. Baranescu
Ursprünglich sollten die Kiter 2024 in einem gemischten Zweierteam um einen Satz Medaillen kämpfen. Nun dürfen Kiter und Kiterinnen in Frankreich in einer jeweils eigenen Disziplin um Edelmetall kämpfen. Das Nachsehen haben die Seesegel-Mixed-Teams. Ihre erhoffte Olympia-Premiere ist geplatzt

Der olympische Traum vieler Kielbootsegler ist geplatzt: Das Internationale Olympische Komitee gab dem Kitesurfen den Vorzug vor der Seesegel-Premiere

Die Nachricht kam nach langem Tauziehen am Donnerstagabend nicht mehr überraschend, trifft aber viele Offshore-Segler rund um die Welt und auch die französischen Gastgeber der Olympischen Spiele 2024. Sie alle müssen ihre Hoffnung auf eine vielversprechende Olympia-Premiere ihrer favorisierten Disziplin Mixed-Offshore in drei Jahren aufgeben.

Ein Jahr und mehr haben neu formierte Zweihand-Crews in vielen Ländern schon in der neuen Disziplin Mixed-Offshore trainiert. Viele Verbände haben 2020 erste Investitionen getätigt, um später nicht das Nachsehen zu haben. So hatte auch der Deutsche Segler-Verband (DSV) schnell reagiert und Anfang 2020 eine in Kiel aktive Trainingsgruppe in Regie von DSV-Coach Tim Kröger organisiert. Nach dem Willen des Weltseglerverbands World Sailing und seiner Mitglieder hätten Mixed-Crews in drei Jahren vor Marseille erstmals auf Kielbooten um Medaillen kämpfen sollen. So hatte es World Sailing nach der internen Abstimmung der Mitglieder dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) vorgeschlagen. In der Regel folgt das IOC bei sportlichen Programmveränderungen den Vorschlägen der internationalen Dachverbände. Doch Ausnahmen bestätigen die Regel, und Mixed-Offshore war eine solche. Dazu haben aus IOC-Sicht einige Unwägbarkeiten des Langstreckenformats beigetragen. Auch die Folgen der Pandemie und die mangelnden Möglichkeiten, die noch junge Disziplin ausreichend zu präsentieren und Weltmeisterschaften durchzuführen, spielten eine Rolle.

Mit diesem Video warb World Sailing für die neue Disziplin Mixed-Offshore

Heute hat IOC-Präsident Thomas Bach bei einer Pressekonferenz nach langer Zitterpartie das Aus für Mixed-Offshore noch vor der Premiere verkündet. Dabei wurde die Disziplin selbst gar nicht genannt, sondern nur die Gewinner dieser Entscheidung: Es sind die Kitesurfer, die 2024 nun nicht mehr – wie ursprünglich geplant – als gemischte Teams mit einem Mann und einer Frau antreten, sondern für Frauen und Männer jeweils eine eigene Disziplin bekommen haben. Thomas Bach sagte knapp: "Das Executive Board hat World Sailings Vorschlag akzeptiert, das zuvor genehmigte Kite-Event in ein Männer- und ein Frauen-Event aufzuteilen." Die Aussage erklärt gut, was 2024 zu erwarten ist. Sie beinhaltet allerdings nicht, dass der Weltseglerverband bis zuletzt Mixed-Offshore als "erste Wahl" bezeichnet hatte und der Alternativ-Vorschlag, den Kite-Wettbewerb zweizuteilen, nur auf IOC-Aufforderung hin entwickelt und vorgeschlagen worden war.

Das IOC konnte sich als final programmgebende Instanz der Olympischen Spiele ganz offensichtlich nicht für die Segel-Mittelstrecke für Zweihand-Crews auf Kielbooten erwärmen. Die Mixed-Offshore-Teams, die sich im vergangenen Jahr zusammengetan hatten, müssen jetzt mit dem geplatzten Traum leben. Unter ihnen sind bekannte Segelstars wie Doppel-Olympiasiegerin Shirley Robertson aus Großbritannien, die intensiv für die attraktive neue Mixed-Disziplin geworben und gekämpft hatte. Auch in Deutschland ist die Enttäuschung bei den Mixed-Offshore-Teams groß. Da die IOC-Entscheidung aber zu diesem außergewöhnlich späten Zeitpunkt nicht mehr unerwartet kam, nahmen die betroffenen Seglerinnen und Segler sie gefasst auf.

  Hätten auch starke olympische Mixed-Offshore-Kandidaten sein können: die österreichischen Europameister Christian Kargl und Lisa Berger. Sie genießen das Ein- und Zweihand-Segeln trotzdem weiterFoto: EUROSAF/Regnemer
Hätten auch starke olympische Mixed-Offshore-Kandidaten sein können: die österreichischen Europameister Christian Kargl und Lisa Berger. Sie genießen das Ein- und Zweihand-Segeln trotzdem weiter

Den Trend zum Zweihandsegeln wird die Entscheidung voraussichtlich nur wenig beeinflussen. Der Hamburger Max Gurgel, seit mehr als einem Jahr im Team mit Lena Weißkichel im Mixed-Offshore-Training, sagte nach der IOC-Entscheidung: "Wir hatten uns schon damit abgefunden und waren vorbereitet. Es ist natürlich sehr, sehr enttäuschend. Einfach traurig und sicher auch historisch ungewöhnlich, dass World Sailing in dieser Form vom IOC überstimmt wurde. Das Doublehand-Segeln ist und bleibt trotzdem sehr populär. Diese Disziplin erfordert ein unglaublich breites Spektrum an Können von Athleten. Das gibt es sonst nicht. Und das macht es so faszinierend. Ich habe mich ohnehin entschieden, weiter shorthanded und offshore zu segeln, weil es mir unglaublich viel Spaß macht."

  Da waren sie gerade olympisch hoffnungsfroh ins gemeinsame Training durchgestartet: Max Gurgel und Lena WeißkichelFoto: Tatjana Pokorny
Da waren sie gerade olympisch hoffnungsfroh ins gemeinsame Training durchgestartet: Max Gurgel und Lena Weißkichel