Tatjana Pokorny
· 05.04.2022
800 Boote und Boards sowie mehr als 1.000 Segler zeigen bei der Trofeo Princesa Sofía vor Mallorca das neue, vielseitige Bild des olympischen Segelsports
Für Deutschlands etablierte Segel-Asse hat der Saisonauftakt-Klassiker Trofeo Princesa Sofía gut begonnen: Laser-Weltmeister Philipp Buhl bleibt auch im nacholympischen Jahr eine Bank, hat an den ersten beiden Tagen der beliebten Regatta für Olympia-Klassen mit seiner Serie 1, 2, 7, 2 gezeigt, dass mit ihm auf Kurs Olympia 2024 erneut zu rechnen sein wird. Der 32-jährige Allgäuer konnte in den zunächst eher ungewöhnlich ungemütlichen, starkwindigen und grauen Mallorca-Bedingungen auf der Außenbahn punkten und schon einen ersten Tagessieg einfahren. Mit dieser Leistung lag Buhl zunächst punktgleich mit seinem neuen französischen Trainingspartner Jean-Baptiste Bernaz auf Platz vier. Bei den ersten vier Wettfahrten fand Buhl auf Anhieb mit Spaß in die Saison. Das Powerplay in den "echt coolen Wellen" und starken Winden liegt dem Steuermann vom Segelclub Allgäu-Immenstadt, der auch für den Norddeutschen Regatta Verein startet. "Es war sehr kalt, sehr anstrengend, doch am Ende zählt das Ergebnis, und Spaß macht es auch", sagte Buhl zum gelungenen Einstieg. Ilca-7-Olympiasieger Matt Wearn dagegen kam zum Auftakt auf keinen grünen Zweig, musste sich nach den ersten vier Durchgängen im mit 163(!) Startern größten Palma-Feld zunächst auf Platz 32 einreihen. Im weiblichen Pendant Ilca 6 lag Hannah Anderssohn vom Warnemünder Segel-Club als beste Akteurin des German Sailing Teams nach vier Rennen auf Platz elf.
Wie Buhl stiegen auch die Bronzemedaillen-Gewinner der Olympischen Spiele von Japan überzeugend in die spanische Serie ein: Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer vom Kieler Yacht-Club waren nach ihrem ersten Regattatag in der Bucht von Palma im foilenden Mixed-Katamaran Nacra 17 Vierte. Die Führung haben mit Ruggero Tita/Caterina Banti und Gianluca Ugolini/Maria Giubilei wieder einmal zwei italienische Crews übernommen. Santiago Lange, inzwischen stolze 60 Jahre alter Argentinier und Nacra-17-Olympiasieger von 2012, hat sich mit Victoria Travascio eine neue Segelpartnerin ins Boot geholt und will es mit Blick auf Olympia 2024 noch einmal wissen. Das südamerikanische Duo eröffnete die Trofeo mit Platz 13 nach drei Wettfahrten.
Mit viel Spannung wurde der Regattastart der neuen olympischen 470er-Mixed-Disziplin erwartet. Dabei erfüllten die Top-Favoriten die Erwartungen: Die spanischen Überflieger Jordi Xammar und Nora Brugmann lagen nach vier Wettfahrten auf Platz zwei hinter den Italienern Giacomo Ferrari/Bianca Caruso und vor den Australiern Nina Jaerwood/Conor Nicholas. Auf Platz vier schon folgten Luise Wanser/Philipp Autenrieth (Norddeutscher Regatta Verein/Bayerischer Yacht-Club) als zunächst beste 470er-Mixed-Crew des German Sailing Teams. Vier Punkte dahinter schafften sich Theres Dahnke/Matti Cipra (Plauer Wassersport-Verein) als Sechste eine gute Ausgangsbasis für weitere Angriffe. Auch Malte und Anastasiya Winkel konnten als Gesamt-Zehnte zum Saisonstart überzeugen (hier geht es zu allen Ergebnissen und Zwischenständen – bittel anklicken!). Und hier geht es rückblickend zur Zusammenfassung von Tag eins (bitte anklicken!).
Dass Florian Gruber (NRV) und Yannis Maus (Cuxkiters) heiß auf ihren Palma-Einsatz in der neuen olympischen Disziplin iQFoil waren, hatte Gruber bereits in einem Video versichert (bitte anklicken!). Auf der Bahn trumpften sie zunächst als Fünfter und Neunter nach vier Rennen auf. Bei den Kiterinnen gelang Leonie Meyer (NRV) am Dienstag als Gesamt-Siebte ein starker erster Tag im Ringen um den möglichst schnellen Wiederanschluss an die Weltspitze nach der Geburt ihres Sohnes und dem erfolgreichen Abschluss ihres Studiums im vergangenen Jahr.
In den Top Ten liegt auch Deutschlands Bester iQFoiler Sebastian Kördel (NRV). Als Neunter hatte er sich nach durchwachsenem Auftakt mit zuletzt drei zweiten Rängen vor Palma de Mallorca schon in kürzester Zeit gut eingefunden und deutlich gesteigert. Der 31-Jährige startete nach intensivem Wintertraining am Dienstag erstmals in die spanische Regatta. "Ich kenne das Revier und die Regatta noch nicht", hatte Kördel vorab gesagt, "aber man hat mir erzählt, wie prestigeträchtig sie ist. Ins Rennen gehe ich grundsätzlich mit dem Ziel zu gewinnen. Aber klar ist auch, dass die Luft bei uns in der Leistungsspitze dünn ist."
Wie beliebt das spanische Kräftemessen auch bei den weltbesten Windsurfern auf Foils ist, zeigen die Meldelisten. Im iQFoil startet beispielsweise der niederländische RS:X-Olympiasieger Kiran Badloe, der sein Gewicht passend zur neuen Disziplin von 73 auf rund 90 Kilogramm hochgewuchtet hat. Für den 1,95 Meter großen, ehemals sehr schlanken Athleten war das nach jahrelanger anspruchsvoller Gewichtskontrolle eine eher angenehme Aufgabe. "Es ist ein neuer Start, wie ein neuer Sport", erklärt Badloe, der künftig auf Foils um mehr Medaillen kämpft. Seine Beobachtung: "Das iQFoiling ist großartig, weil es die gesamte Windsurfing-Gemeinschaft zusammenbringt. Da sind Leute aus der PWA, Leute vom Slalom und aus dem Freestyle dabei. Und dann sind da noch diejenigen, die vorher schon olympisch gesurft sind. So wie ich." Unter den 101 iQFoil-Männern sind mit Kördel und Fabian Wolf aus Kiel in Regie von Trainer Dom Tidey zwei Deutsche dabei. Bei den iQFoil-Frauen sind Lena Erdil, Helena Wanser, Theresa Marie Steinlein (alle drei NRV) und Alisa Engelheim (WYC) gefordert.
Und dann sind da noch die Skiffs in den traditionell starken deutschen Segeldisziplinen 49er und 49erFX. Während Olympia-Bronze-Steuermann Erik Heil zugunsten seines Medizinstudiums und der Arbeit auf dem mit seiner Freundin Louisa neu erworbenen Hof in Strande noch pausiert, nutzt sein Vorschoter Thomas Plößel die Chance, die Trofeo zu Trainingszwecken mit Fabian Rieger zu bestreiten. Die 49er-WM-Dritten von 2018 dagegen, Tim Fischer und Fabian Graf, steigen aus beruflichen Gründen wie Erik Heil erst später in die Saison ein. Die fehlenden Top-Akteure verursachen angesichts der Leistungsdichte im German Sailing Team aber keine Flaute in der Spitze: Jakob Meggendorfer/Andreas Spranger (Bayerischer Yacht-Club) katapultierten sich in den ersten drei Wettfahrten mit einem vierten Rang und zwei Tagessiegen auf Platz zwei und mitten hinein in die Weltspitze. Weitere junge Wilde aus dem German Sailing Team proben in Spanien für ihren Aufstieg im Männer-Skiff. Bei den 49erFX-Damen konnte zunächst Sophie Steinlein (NRV) mit der erfahrenen Schwedin Marie Thusgaard Olson als Sechste im Zwischenklassement zum Auftakt einen starken Eindruck hinterlassen. Dahinter folgten nach drei Wettfahrten auf den Plätzen acht und neun Marla Bergmann/Hanna Wille (Mühlenberger Segel-Club) und Maru Scheel/Catherine Sophie Bartelheimer (Kieler Yacht-Club).