Tatjana Pokorny
· 10.05.2016
Phillip Kasüske überrascht beim Finn Gold Cup weiter mit herausragenden Ergebnissen. Der VSaW-Steuermann hat die Gold-Cup-Führung übernommen
Bei der Finn-Dinghy-Weltmeisterschaft vor Gaeta in Italien scheint eine kleine Sensation möglich. Zwei Drittel der Regatta sind absolviert, zwei Tage und maximal drei Rennen bis zum Medaillenfinale liegen noch vor der mit Stars gespickten Flotte. Und in Deutschland steigen Interesse und Aufregung, denn mit dem 21-jährigen Philipp Kasüske steh ein Mitglied des Audi Sailing Team Germany völlig überraschend an der Spitze. Der Steuermann vom Verein Seglerhaus am Wannsee kämpft nach vier Regattatagen und vier Wettfahrten jetzt um eine WM-Medaille, womöglich sogar um den WM-Titel! Dabei hatte sich der junge Berliner vor WM-Beginn "nur" eine Platzierung in den Top 25 zum Ziel gesetzt …
Der Finn-Dinghi-Steuermann liegt bei der Weltmeisterschaft der olympischen Einbandklasse völlig überraschend an der Spitze des Feldes.
Die Finn-Klasse hat in Deutschland eine große Tradition. Mit Willi Kuhweide und Jochen Schümann haben die beiden bekanntesten deutschen Segler ihre jeweils ersten Olympia-Siege im Finn errungen. Jürgen Vogler konnte den Finn Gold Cup 1957 für die DDR gewinnen. 1965 holte sich Jürgen Mier den begehrten WM-Titel. Willi Kuhweide triumphierte bei Finn-Weltmeisterschaften 1963, 1966 und 1967. Jochen Schümann, der in seiner Karriere nur einmal am Finn Gold Cup teilgenommen hat, fehlt dieser Titel in seiner glänzenden Sammlung. Schümann sagte: "Ich freue mich für Phillip und darüber, dass er zeigen kann, dass im Finn etwas geht. Ich hoffe, dass er das halten kann." 1981 gewann Wolfgang Gerz den wichtigsten Pokal in der Olympia-Klasse, und zuletzt war es der Hamburger Thomas Schmidt, der beim Gold Cup 1988 siegte. Seit diesem letzten deutschen Finn-WM-Erfolg sind 28 Jahre vergangen.
Nun hat wieder ein deutscher Segler die Chance, die lange Durstrecke zu beenden. Mit den Rängen 18-9-1-2 hat sich Phillip Kasüske seine WM-Führung ersegelt. Am Donnerstag folgen maximal drei Rennen, am Samstag schon das Medaillenfinale. Im Nacken sitzt Kasüske allerdings nach verpatztem Start und guter Aufholjagd der mehrfache Weltmeister und Olympiafavorit Giles Scott. Der hatte zwar nach den vier Rennen noch 16 Zähler Rückstand, doch ab der fünften Wettfahrt kann das schlechteste Ergebnis – Scotts Konto ist mit einem 38. Rang belastet – gestrichen werden. Auf Platz drei lauert Deniss Karpak aus Estland und dahinter der olympische Silbermedaillen-Gewinner Jonas Høgh-Christensen, während der regelmäßige niederländische Top-Fünf-Segler Pieter-Jan Postma auf Platz zehn zurückgefallen ist.
Kasüske selbst freute sich doppelt, für sich und die Mannschaft: "Im gesamten deutschen Team gab es viele gute Einzelergebnisse. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren noch viel erreichen werden." Gemeint ist damit die vierköpfige junge Trainingsgruppe um Trainer Per Baggøe. Den eigenen Schlussspurt geht Kasüske entschlossen, aber auch gelassen an: "Mein Ziel war es, für den C-Kader in die Top 25 zu fahren. Würde ich die Top 18 erreichen, wäre das sogar die Qualifikation für den B-Kader. Bisher läuft es viel besser als gedacht, und wenn ich hier Top Ten fahre, dann habe ich die Erwartungen immer noch um einiges übertroffen. Ich segele einfach Rennen für Rennen und genieße es, wenn so gute Ergebnisse dabei herauskommen."