EM 49er, FX & Nacra 17Aus vollem Lauf ins Flauten-Aus – Olympia-Starts in Gefahr

Tatjana Pokorny

 · 13.11.2023

Segelten auf EM-Platz vier: Marla Bergmann und Hanna Wille vom Mühlenberger Segel-Club
Foto: prow media 2023
Die deutschen Skiffsegler konnten auch im zweiten Anlauf nicht die wichtigen Nationentickets für Olympia 2024 lösen. Jetzt bleibt nur noch die “Last Chance Regatta” im April 2024. Während die 49erFX-Seglerinnen Marla Bergmann und Hanna Wille nach “goldenem Sonntag” vor allem von der Flaute am Finaltag gestoppt wurden, hatten im 49er einige Leistungsträger die Goldflotte erst gar nicht erreicht. Die Lücke, die Erik Heil und Thomas Plößel nach ihrer zweiten olympischen Bronzemedaille in Japan hinterlassen haben, ist noch nicht geschlossen.

Marla Bergmann und Hanna Wille mit “goldenem Sonntag”

Die Skiff- und Nacra-17-EM im portugiesischen Revier vor Vilamoura ist ohne Medaillen für das German Sailing Team zu Ende gegangen. Schmerzlicher ist: Die olympischen Startplätze konnten auch im zweiten Anlauf nicht gesichert werden. Die Skiffs – eben noch deutsche Paradedisziplinen – wackeln. Das gilt vor allem für die 49er-Männer. Bei den 49erFX-Frauen dagegen konnten Marla Bergmann und Hanna Wille überzeugen. Sie kamen der Medaillenchance als EM-Vierte sehr nah und hätten gerne im Finale auch um das olympische Nationenticket fürs German Sailing Team gekampft. Wenn es denn ein Finale gegeben hätte.

Der Reihe nach: Die Elbseglerinnen vom Mühlenberger Segel-Club waren solide, aber nicht zwingend in die EM eingestiegen. Seit Sonntag aber sind sie in aller Munde. Da hatten sie sich mit drei Wettfahrtsiegen in Folge von Platz 15 auf Rang vier katapultiert. Und hatten plötzlich wieder eine Chance. Sowohl auf eine EM-Medaille als auch auf das einzige Nationenticket, dass es jeweils für die 49erFX-Seglerinnen und die 49er-Akteure bei dieser EM nur zu holen gab.

Freuen oder ärgern?

Doch dann versagte der ohnehin in dieser EM-Woche schwächelnde Wind ausgerechnet am Finaltag die Kooperation komplett. Die Flaute verschluckte alle verbliebenen Fleetraces und die Medaillenrennen. Tatenlos mussten auch Marla Bergmann und Hanna Wille zusehen, als ihre Chancen wie ein Schnellball in der Sonne dahinschmolzen. In ihrer EM-Bilanz steht nun Platz vier als bestes Ergebnis der gemeinsamen sechsjährigen Karriere im krassen Gegensatz zur verpassten olympischen Nationenqualifikation.

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Soll man sich da nun freuen oder ärgern? “Wir beenden die EM mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Es war fair, die Rennen heute abzusagen. Die 49er waren draußen und haben es probiert, aber da ging nichts. Trotzdem wären wir so gerne gesegelt, hätten gerne um mehr gekämpft”, sagte Marla Bergmann am Abend in Vilamoura.

Die Leistung der drei Rennsiege, als sie wirklich wichtig waren, die darf man schon als sensationell bezeichnen.” Nadine Stegenwalner

Von DSV-Sportdirektorin Nadine Stegenwalner gab es viel Lob für die beiden erst 22 Jahre alten Seglerinnen auf ihrem Weg nach oben: “Die Leistung der drei Rennsiege, als sie wirklich wichtig waren, die darf man schon als sensationell bezeichnen. Das war eine beeindruckende Leistung von Marla und Hanna. Dafür hätten sie die Chance verdient, um mehr kämpfen zu dürfen.“ Doch da wollten die Winde bei diesem etwas ungewöhnlichen Montagsfinale nicht mitmachen.

Wie den 49er-Männern, bei denen es nur Fabian Rieger und Tom Heinrich (Verein Seglerhaus am Wannsee/Kieler Yacht-Club) in die Goldflotte schafften, winkt auch den 49erFX-Frauen Anfang April 2024 eine dritte und letzte Chance, den olympischen Nationenstartplatz für ihre Disziplinen noch zu sichern. Bei der “Last Chance Regatta”, die Anfang April vor Hyères in Frankreich stattfindet, sind für Frauen und Männer jeweils noch drei Nationentickets zu haben. “Wir sind recht optimistisch, dass wir das schaffen können”, sagte Marla Bergmann vorsichtig selbstbewusst.

Enttäuschung für die Leistungsträger im 49er

Für die Männer ist der Weg nach durchwachsenem Jahr weiter. Fabian Rieger und Tom Heinrich segelten als beste deutsche 49er-Crew bei der EM auf Platz 23. Weitere Leistungsträger wie beispielsweise Jakob Meggendorfer und Jakob Spranger vom Bayerischen Yacht-Club, starke WM-Sechste von 2022, verpassten den Einzug in die Goldflotte. Sie beendeten die EM auf Platz 29 einen Platz hinter ihren Trainingskameraden Max Stingele und Linov Scheel vom Kieler Yacht-Club.

Beide Crews können mehr und müssen sich nun im kommenden Frühjahr sehr strecken, um den Traum von einem deutschen 49er-Team bei Olympia 2024 am Leben zu halten. Zusätzliche Motivation bietet die Historie: Seit der olympischen Premiere des Männer-Skiffs im Jahr 2000 hat es keine Spiele ohne eine deutsche Crew am Start gegeben.

Kohlhoff/Stuhlemmer verlässlich in der Weltspitze

Diese Hürde haben Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer längst genommen. Die Kieler Nacra-17-Könner hatten den Nationenstartplatz für ihre Disziplin bereits bei der WM im Sommer in Den Haag gesichert und können sich mangels ebenbürtiger Konkurrenz im eigenen Land ganz auf Paul Kollhoffs dritten und Alica Stuhlemmers zweiten Olympiastart konzentrieren. In der leichtwindigen EM-Woche taten sie sich an einigen Tagen schwer, an anderen konnten sie zeigen, warum sie 2021 in Japan Olympia-Dritte waren.

“Bei so wenig Wind um fünf sechs Knoten sind wir keine zwingenden Medaillenfavoriten”, sagte Paul Kohlhoff am Abend des auch für die Nacras geplatzten Finaltages ehrlich. Dass sein Team aber auch an solch schwierigen Tagen immer wieder mit Kontakt zur Spitze segelte, gibt den Kat-Könnern Auftrieb. “Das ist eine massive Verbesserung in Winden zwischen sechs und zehn Knoten für uns. Unser Paket ist deutlich besser und wir konkurrenzfähiger in diesen Bedingungen geworden. Auch wenn es immer noch nicht reicht.” Nimmt der Wind zu, zählen Kohlhoff/Stuhlemmer sofort zu den Besten.

Wir haben unsere wichtigsten Ziele in diesem Jahr erreicht.” Paul Kohlhoff

EM-Platz sechs für Kohlhoff/Stuhlemmer spiegelt das Jahr des hervorragend eingespielten Duos recht passend wieder, wie Paul Kohlhoff selbst festhält: “Wir haben unsere wichtigsten Ziele in diesem Jahr erreicht, konnten den Nationenstartplatz sichern und ein paar Punkte für die Quali sammeln. Wir haben das vielleicht nicht immer auf glamouröse Weise, aber solide gemacht. Das war uns wichtig, damit wir uns ohne diese Aufgaben auf Olympia konzentrieren können.”

Macht gute Laune! Das Interview mit Marla Bergmann und Hanna Wille nach ihrem “goldenen Sonntag”, an dem sie das hochkarätig besetzte 49erFX-Feld mit drei Siegen in Folge rockten:

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