50 Jahre nach Olympia 1972Kiel feiert Jubiläum!: "Ins kollektive Sportgedächtnis Deutschlands eingebrannt"

Tatjana Pokorny

 · 13.04.2022

50 Jahre nach Olympia 1972: Kiel feiert Jubiläum!: "Ins kollektive Sportgedächtnis Deutschlands eingebrannt"Foto: Friedrich Magnussen (1914-1987)/Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte/Aus dem Stadtarchiv Kiel
Die Eröffnungsfeier zur Olympia-Regatta 1972 in Kiel-Schilksee

Ein halbes Jahrhundert nach Olympia 1972 feiert Kiel im Spätsommer das Regattaereignis mit den Klassen von einst und Talenten von heute

Deutschlands "Sailing City" Kiel setzt die Segel für ein ganz besonderes Jubiläumsfest: 50 Jahre nach den Olympischen Spielen 1972 und der Olympia-Regatta mit damals sechs Klassen vor Kiel soll das historische Sportereignis vom 8. August bis zum 8. September im Olympia-Zentrum Kiel-Schilksee und im ganzen Stadtgebiet mit einem vierwöchigen Sport- und Kulturfest gefeiert werden.

  Durchgstartet für das Jubiläumsfest: Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (2.v.l.), DSV-Präsidentin Mona Küppers (r.), Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack, Sportdezernent Gerwin Stöcken und Kieler-Yacht-Club-Vize Dr. Martin Lutz stellten das Programm für die Jubiläumsfeier 50 Jahre nach Olympia 1972 in dieser Woche in Kiel-Schilksee vorFoto: Stadt Kiel
Durchgstartet für das Jubiläumsfest: Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (2.v.l.), DSV-Präsidentin Mona Küppers (r.), Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack, Sportdezernent Gerwin Stöcken und Kieler-Yacht-Club-Vize Dr. Martin Lutz stellten das Programm für die Jubiläumsfeier 50 Jahre nach Olympia 1972 in dieser Woche in Kiel-Schilksee vor

Das Programm dafür stellte jetzt Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) gemeinsam mit Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU) und DSV-Präsidentin Mona Küppers vor. Kämpfer sagte: «Kiel verdankt Olympia unvergessliche Tage im Spätsommer 1972 – aber auch einen großen Schub für die Stadtentwicklung. Grund genug, den olympischen Gedanken 50 Jahre später in der Stadtgesellschaft noch einmal aufleben zu lassen.» Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), war der Vorstellung per Video zugeschaltet und erinnerte daran, dass sich «die Olympischen Spiele 1972 ins kollektive Sportgedächtnis Deutschlands eingebrannt» und «massive Auswirkungen auf das gesamte Sportsystem in Deutschland» hatten und haben.

  Prominente Besucher zur Eröffnungsfeier für die Olympia-Regatta 1972: Avery Brundage, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC, vorne), Willy Daume, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK, rechts) sowie der Vorsitzende des Segelausschusses des NOK, Berthold Beitz (hinter Brundage, abgewandt) flanieren durch die Menge auf dem HafenvorfeldFoto: Friedrich Magnussen (1914-1987)/Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte/Aus dem Stadtarchiv Kiel
Prominente Besucher zur Eröffnungsfeier für die Olympia-Regatta 1972: Avery Brundage, Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC, vorne), Willy Daume, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK, rechts) sowie der Vorsitzende des Segelausschusses des NOK, Berthold Beitz (hinter Brundage, abgewandt) flanieren durch die Menge auf dem Hafenvorfeld

Rückblick: Im April 1966 vergab das Internationale Olympische Komitee (IOC) die XX. Olympischen Sommerspiele nach München. Kiel wurde rund ein Jahr später als Austragungsort der Segelwettbewerbe benannt. Herzkammer der segelnden Olympioniken sollte Schilksee werden, wo 1968 bis 1972 auf dem ehemaligen Gelände eines Marinedepots das Olympiazentrum entstand. Der Schilkseer Hafen, heute das Zuhause der Athleten im German Sailing Team, musste in seiner Größe verdoppelt werden, um genügend Liegeplätze für die Segler anzubieten. Für den erwarteten Ansturm von Besucher-Booten wurden in den Yachthäfen Düsternbrook, Strande, Wik, Laboe und Möltenort noch zusätzlich 600 Liegeplätze geschaffen.

  Die deutsche Segel-Equipe beim Einmarsch der Nationen. V.r.: Ulli Libor, Franz Heilmeyer, dahinter Willi Kuhweide. 2. Reihe Mitte: Eckhard Wagner, hinter ihm Bundestrainer Albin MolnarFoto: Magnussen, Friedrich (1914-1987), Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte, aus dem Stadtarchiv Kiel
Die deutsche Segel-Equipe beim Einmarsch der Nationen. V.r.: Ulli Libor, Franz Heilmeyer, dahinter Willi Kuhweide. 2. Reihe Mitte: Eckhard Wagner, hinter ihm Bundestrainer Albin Molnar

Für die Landeshauptstadt war die Ausrichtung der olympischen Segelwettbewerbe 1972 eine „Jahrhundertchance“ – so Kiels damaliger Oberbürgermeister Günther Bantzer. Sie hatte auch großen Einfluss auf die städtebauliche Entwicklung und den Ausbau der Verkehrswege der Stadt. Als letzte Landeshauptstadt der Bundesrepublik bekam Kiel Anschluss an das Autobahnnetz. Eine zweite Holtenauer Hochbrücke wurde gebaut. Auch die B 503, die Fördestraße und der Barkauer Kreisel existieren seit 1972. Am 26. August 1972 wurden die Olympischen Spiele in München eröffnet. Einen Tag später entzündete der Mittelstreckenläufer Wulf Kock von der KSV Holstein in Anwesenheit von vielen Tausend Zuschauern und Zuschauerinnen auf dem Rathausplatz das olympische Feuer. Am 28. August fand die Eröffnungsfeier der olympischen Segelwettbewerbe in Schilksee statt. Segler aus 42 Nationen marschierten während der Feier mit ihren Fahnen ein. Marinesoldaten hissten die olympische Fahne und der Segler Philipp Lubinus entzündete mit seiner Fackel den Feuerkranz. Am folgenden Tag fiel der Startschuss zur Olympia-Regatta mit 318 Aktiven. Hier geht es zu einem von vielen Rückblicken auf die damalige Zeit, die sich bei YouTube finden lassen (bitte anklicken!).

Deutsche Segler konnten 1972 insgesamt drei Medaillen erringen. Willi Kuhweide und Karsten Meyer holten für die Bundesrepublik Deutschland Bronze im Starboot, Ulrich Libor und Peter Naumann Bronze im Flying-Dutchman. Für die DDR gewannen Paul Borowski, Karl-Heinz Thun und Konrad Weichert die Silbermedaille im Drachen. Am erfolgreichsten war vor 50 Jahren Australien mit zwei Goldmedaillen. Prägende Figuren für die Spiele in Kiel waren der Vorsitzende des „Ausschusses für olympische Segelwettbewerbe“ Berthold Beitz und Wettfahrtleiter Otto Schlenzka. Beide wurden später zu Ehrenbürgern Kiels ernannt.

  Ulrich Libor erhält 1972 seine Bronzemedaille bei der Siegereehrung in Kiel-SchilkseeFoto: Friedrich Magnussen (1914-1987)/Gesellschaft für Kieler Stadtgeschichte/Aus dem Stadtarchiv Kiel
Ulrich Libor erhält 1972 seine Bronzemedaille bei der Siegereehrung in Kiel-Schilksee

Die XX. Olympischen Spiele standen unter dem Motto der „heiteren Spiele“. Überschattet wurden sie durch den Terrorangriff am 5. September auf die israelische Mannschaft im olympischen Dorf in München. Sämtliche Wettkämpfe wurden abgesagt und am 6. September in einer schlichten Feier – auch in Schilksee – der Opfer des Attentats gedacht. Die olympischen Segelregatten 1972 begründeten Kiels Ruf als „Weltstadt des Segelns“: Die erfolgreiche Wettfahrt-Organisation ließ unter Seglerinnen und Seglern das Motto „Do it like in Kiel“ entstehen, das unter internationalen Regatta-Organisatoren bis heute Gewicht hat.

Im Mittelpunkt der Feierlichkeiten im Jubiläumsjahr soll nun wieder der Sport stehen. Zu den Veranstaltungshöhepunkten zählen im August und September die internationalen deutschen Jugendmeisterschaften im Segeln, bei denen rund 1200 Olympioniken von morgen vom 10. bis zum 16. August im Olympia-Revier vor Schilksee ihre Besten ermitteln. Vom 17. bis zum 21. August treffen sich 450 Aktive zum «Revival» der olympischen Segelregatten von 1972 in den einstige Olympia-Klassen Finn, Flying Dutchman, Star, Tempest, Drachen und Soling. Hier geht es zur Homepage der Veranstaltung mit allen Programmhinweisen (bitte anklicken!).