Lars Bolle
· 09.06.2022
18.000 Teilnehmer segelten virtuell um Dänemark – zweieinhalb Tage Routing, Kurskorrekturen, aufpassen. Am Ende war ein Segel-Anfänger bester Deutscher
Eckhard Schlüter hat es geschafft. Nach zwei Tagen und knapp 17 Stunden hat er von Helgoland aus Skagen umrundet und ist in Kiel angekommen. Virtuell, am PC und Smartphone ist er gesegelt, beim Pantaenius Rund Skagen YACHT Race. Knapp 18.000 Konkurrenten hatte er, in der erstmalig eingerichteten YACHT-Wertung musste er gegen knapp 900 Konkurrenten bestehen. Am Ende war der 66-jährige Münchner Manager im Ruhestand bester Deutscher von knapp 500 deutschen Teilnehmern. Insgesamt reichte es für Platz 48, nur rund zwölf Minuten hinter dem Gesamtsieger mit dem Pseudonym koky – BFC unter französischer Flagge. In der YACHT-Wertung, in der auch viele sehr starke ausländische Teilnehmer antraten, wurde Schlüter 31. Die YACHT sprach mit ihm direkt nach seinem Zieldurchgang am späten Vormittag:
Herr Schlüter, segeln Sie auch real oder nur virtuell?
Schlüter: Segeln hat mich schon immer fasziniert, es war immer mein Traum zu segeln, aber es hat zeitlich nie gepasst, Beruf, Familie, man kennt das. Vor fünf Jahren habe ich dann mit meiner Tochter einen Segelkurs gemacht, und da hat es mich voll gepackt. Ich habe zwar kein eigenes Boot, das ergibt von München aus für mich keinen Sinn, chartere aber an der Ostsee oder in Kroatien.
Was reizt Sie am virtuellen Segeln?
Zum einen die Auseinandersetzung mit dem Wetter, mit dem Routing. Dann ist da aber auch die Community, der Austausch mit anderen. Ich segle im Team Germany 2, da kennt man sich über die Zeit, chattet nicht nur über das Rennen, sondern auch über Privates, schickt sich schon mal Bilder.
Wie sind Sie zum virtuellen Segeln gekommen?
Das war 2020 während der Vendée Globe. Da wurde ja sehr viel berichtet, und da bin ich darauf gestoßen, dass es auch dieses virtuelle Rennen gibt, und bin da mitgesegelt und habe Spaß daran gefunden. Hinzu kam, dass ich während der Corona-Zeit auch mehr Zeit dafür hatte.
Wie intensiv segeln Sie virtuell?
Ich habe die Rennen nicht gezählt, denke aber, dass ich schon eher viel segle. Dabei ist mir aber nicht jedes Rennen gleich wichtig. Viele Races fahre ich nur, um die nötigen Kreditpunkte zu sammeln, die ich dann bei Rennen, die mir wichtig sind und die ich intensiver segle, wie Rund Skagen, für Hilfen im Spiel einsetzen kann. Etwa für die Segelausstattung, die man sonst mit echtem Geld bezahlen müsste.
Was muss man sich unter intensiv vorstellen? Immerhin waren Sie mehr als zweieinhalb Tage unterwegs.
Ich schaue regelmäßig auf meinen PC, iPad, Handy, kontrolliere die Kurse, setze Wegpunkte. Ich habe mir auch nachts ein-, zweimal den Wecker gestellt und geschaut, ob ich etwas korrigieren muss. Da habe ich dann so eine halbe bis Dreiviertelstunde gesessen, die anderen beobachtet, ob ich reagieren muss, den Zezo-Router noch mal gecheckt.
Zezo-Router, was ist das?
Die Simulationssoftware Virtual Regatta hat einen eigenen Router, aber der ist nicht gut. Zezo ist ein freies Routing-Tool, das mit der Virtual-Regatta-Software (VR) zusammenarbeitet und die VR-Daten benutzt. Daraus konnte ich bessere Rückschlüsse für mein Routing ziehen, die ich aber wieder per Hand ins Rennen übertragen musste.
Platz 48 insgesamt ist zwar eine sehr gute Platzierung, aber was haben die anderen vor Ihnen besser gemacht?
Erst einmal sind die meisten länger dabei als ich. Je erfahrener man im Spiel ist, desto besser kann man mit den Einstellungen umgehen. Und ich glaube, dass die, die da ganz vorn segeln, noch andere Tools benutzen als ich, etwa professionelle Routing-Programme, dagegen bin ich sicher noch ein Anfänger. Wahrscheinlich investieren sie auch mehr Zeit und Geld als ich. Für mich ist es einfach eine Möglichkeit, mich mit dem Segeln auseinanderzusetzen, auch wenn ich nicht segle.