Mini TransatHendrik Lenz – Mini-Einsteiger mit großem Potenzial

Tatjana Pokorny

 · 20.09.2025

Die „Monoka“ hat Lenz von Melwin Fink übernommen, der derzeit das Globe40 segelt.
Foto: Team Hendrik Lenz
​Ellen MacArthur und Boris Herrmann sind die Vorbilder, Lina Rixgens sorgte für die Initialzündung: Hendrik Lenz startet mit einigen Ambitionen ins Mini Transat. Wie sind seine Chancen?

Unter die ersten Zehn zu kommen, wäre Silber, unter die Top Fünf: Gold!“ Hendrik Lenz hat sich vor seiner Mini-Transat-Premiere ein ehrgeiziges Ziel gesteckt. Seine Resultate wie auch seine Formkurve in diesem Jahr rechtfertigen es. Beim Plastimo Lorient Mini war er mit seinem 2022er-Vector im April als Zwanzigster ins Ziel gekommen. Und im Pornichet Select machte der Düsseldorfer kurz darauf mit Platz zehn auf sich aufmerksam. Das Mini en Mai beendete er danach als formidabler Achter auf dem Wasser, nachdem er einen Frühstart bereinigt hatte und dem Feld mit einer halben Stunde Rückstand hinterhergehetzt war. Erst nach dem stark bestrittenen Rennen warf ihn die zusätzliche Frühstart-Zeitstrafe noch auf Platz 25 zurück.


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Seine Klasse zeigte Lenz dann aber im Puru Transgascogne, als er mit den Rängen drei und fünf auf den beiden Etappen gleich zwei Ausrufezeichen im letzten großen Test vor dem nun anstehenden Mini Transat setzte. Der Mann und sein Boot spielen mit im Kampf um eine Platzierung unter den Top Ten in der Serienwertung.

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Die Voraussetzungen für ein gelungenes Lenz-Debüt könnten kaum besser sein. Der blonde Nordrhein-Westfale ist auf einem Boot groß geworden. Er hat 19 Jahre lang mit seinen Eltern, einem Bruder und einer Schwester auf einem umgebauten Getreidefrachter im Düsseldorfer Hafen gelebt. Der Vater betrieb eine Werft, die Mutter ist Ärztin. „Ich habe coole Erinnerungen an meine Kindheit. Unsere Geburtstage waren Highlights. So ein Leben schweißt zusammen“, sagt der Familienmensch Lenz. Heute hat er den Master in Elektrotechnik in der Tasche, ist seglerisch und mental stark.

Voller Einsatz von Anfang an

Seine Segelkarriere verlief klassisch: Erste Schläge unternahm er als Fünfjähriger im Opti. Es folgten Europe und 505er, später ein nationaler Meistertitel in der Asso99. Während des Studiums trat er in der Bundesliga mit dem Team um Jan-Philipp Hofmann für den Düsseldorfer Yacht-Club an. Da bereits faszinierte den Elektroingenieur das Mini Transat. „Mich haben dieser unvergleichliche Spirit, der Kontrast von Gemeinschaftssinn an Land und dem Alleinsein auf dem Wasser gereizt“, erklärt er seine Passion. Auf die Idee, selbst ein Mini Transat zu bestreiten, brachte ihn Lina Rixgens, mit der Hendrik Lenz als Kind in der gleichen Optigruppe segelte. „Boah, das möchte ich auch mal machen“, dachte er bei deren ersten Mini-Transat-Teilnahme 2017.

Jetzt ist er selbst mit vollem Einsatz dabei: „Ich bin schon ehrgeizig, mache nicht zum Rumdümpeln mit.“ Stark inspiriert von Englands Segelikone Ellen MacArthur, die sich einst vom Penny-weise gesparten Essensgeld für die Schule ihren ersten Mini kaufte, verwandelte Hendrik Lenz seine Träume in Taten. Er segelt den Vector, mit dem Melwin Fink, Mini-Transat-Dritter 2021, eigentlich sein zweites Solo-Rennen über den Atlantik hatte bestreiten wollen. Dann aber war Fink die Zeit davongelaufen, um die erforderlichen Qualifikationsmeilen zu sammeln.

Dieses Boot mit der Bugnummer 1085 will Lenz nun erfolgreich über den Großen Teich bringen. Dafür hat er sich in La Rochelle mit der Trainingsgruppe um Coach François Husson vorbereitet. Schon hier hatte Lenz anfangs bemerkt: „Ich war nicht Letzter, konnte gut mithalten.“ Daraus ist inzwischen deutlich mehr geworden. Vector-Solist Lenz ist unübersehbar in die Phalanx der Franzosen und der Maxis eingedrungen, steht auf Platz sieben der Saisonwertung der Serienboote. Damit will er sich aber nicht begnügen. Lenz ist sicher, dass eine Doppel-Langstrecke wie das Mini Transat über zwei Etappen „noch einmal ganz andere Qualitäten verlangt. „Ich glaube, ich habe einen ganz guten Kopf dafür, kann mich gut zusammenreißen. Das könnte einen Unterschied machen.“

»Ab 24, 25 Knoten verkloppen wir alles. Wir haben sehr viel mehr aufrichtendes Moment.«

Laut Lenz hat die Stunde der runden Büge geschlagen

Lenz ist ein Miniist mit langem Atem. Seine Maxime auf See laute stets: „Mach dir keinen Kopf, das Rennen ist noch lang.“ Er weiß um die Sprint-Güte des Saisonbesten Paul Cousin oder des Ranglisten-Vierten Amaury Guerin – beide segeln ihre Raison-Maxis am Limit. „Die kennen ihre Reviere in- und auswendig, fahren noch dichter an einen Felsen, als ich es tun würde. Ich schaue mir das an, denke, boah, das geht aber nur mit der Tide. Und auch nur für 30 Minuten“, sagt Lenz. Gleichzeitig ist er überzeugt, dass Paul Cousin offshore „nicht ganz so gut ist“, während er Amaury Guerin auf langen Distanzen alles zutraut. Auch den Sieg.

Was Lenz aber auch sieht, ist „die Anfälligkeit der Maxis“. Er erzählt, dass alle Maxis jetzt vor dem Transat noch mal Struktur einlaminieren mussten. „Also Spanten einbauen: hinten, in der Mitte und vorne, weil sie am Bug manchmal etwas eingedellt sind“, so Lenz.

Andersherum hat die Szene auch Hendrik Lenz als ernsthaften Top-Ten-Bewerber auf dem Zettel. Aus der kleinen deutschsprachigen Gruppe mit dem dynamischen Deutsch-Franzosen Victor David und dem stark organisierten Thiemo Huuk antwortet David auf die Frage nach einem Siegertipp für die Serienwertung ohne Zögern: „Hendrik Lenz!“ Er lacht dabei, weil es ein kühner Tipp ist, der einem Mix aus starker Wertschätzung für den Wegbegleiter und Respekt vor der Lenz-Leistung entspringt.

Der Gelobte weiß, dass die Top-Akteure Maxis segeln. „Wir sind mit dem Vector quasi das nächste Boot, das auch einen breiten Bug hat. Dazu gibt es noch ein paar Pogos, die eine Rolle spielen könnten.“ Einen wie Victor Le Roy hält Lenz für sehr stark, dessen Verdier-Pogo aber eher für „ein U-Boot“. Lenz: „Ich glaube, dass die Generation der runden Büge das Transat gewinnen wird.“

Hendrik Lenz auf Erfolgskurs

Die Rennen dieser Saison, so Lenz, hätten die Stärken und Schwächen der Maxis und des eigenen Bootes gut aufgedeckt. „Unsere Stärken liegen im brutalen Reach. Eine Schwäche sehe ich für mein Boot in der Downwind-Übergangsphase, wenn der Wind auffrischt auf 16 bis 20 Knoten. Das ist nicht so das Vector-Highlight. Da muss man dann schon sehr viel spielen, um mitzuhalten.“ Mit seinem Vector-Verbündeten, guten Freund und Konkurrenten Niccolo Gamenara tauscht sich Lenz intensiv aus. Sie bringen sich gegenseitig weiter. Manchmal lästern beide im Spaß über die Maxi-Gasgeber. Lenz sagt: „Die Maxis klemmen die Schot rein, bam, Autopilot an und ab geht es. Die schauen gar nicht nach der Welle. Wir dagegen müssen aufpassen, damit wir nicht in der Welle einparken. Die machen alles Gewicht nach hinten. Wir müssen sehen, ob wir es mehr mittig haben oder verteilen. Der Vector ist deutlich gewichtsabhängiger als der im Seegang tolerantere Maxi.“

Und die Pluspunkte des Vectors? Hendrik Lenz lacht und sagt: „Ab 24, 25 Knoten verkloppen wir alles. Zudem können wir noch den großen Spi setzen. Wir haben sehr viel mehr aufrichtendes Moment, gerade auf Reaching-Kursen ist das entscheidend. Auch am Wind sind wir damit schneller, sobald mehr Wind ist.“ Und wie sieht es bei Leichtwind aus? „Da bin ich relativ gut“, sagt Lenz schlicht, „eine schwache Brise ist kein Drama für mich, ich komme ja von einem Binnensee.“ Er agiere gerne taktisch, fahre die Dreher aus. Ein neues Großsegel, ein neuer Spi und das Antifouling vor dem Rennen hat sein Budget zudem hergegeben.

Neben Hauptpartner Kruppenbacher unterstützt auch Trans-Ocean den Düsseldorfer. „Ich habe die Basics, um etwas zu reißen“, sagt Lenz bescheiden wie ein typischer Minisegler. Als Vorbild nennt Lenz natürlich auch Boris Herrmann. „Der hat gezeigt, wie weit man im Segelsport kommen kann.“ Man müsse nicht den gleichen Weg gehen, könne sich aber daran orientieren, sagt Lenz. Ob und vor allem wie sein eigener Weg im Seesegeln nach dem Mini Transat weitergeht, ist erst in groben Konturen angedacht. Lenz kann sich einen „Soft-Einstieg“ in die Figaro-Klasse vorstellen, der finanziell nicht gar so unbarmherzig ist. Gemeint sind Zweihand-Engagements, über die ein mittelfristiger Zugang zur anspruchsvollen Meistermacherklasse der französischen Offshore-Stars möglich ist.

Für jegliche Zukunftsplanung gilt jedoch für Lenz der gleiche Leitsatz wie nun im Mini Transat auf seiner „Monoka“: Das Rennen ist noch lang.

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