Elf Tage hat der große Favorit Benoît Marie das La Boulangère Mini-Transat auf seinem Foiler „Nicomatic – Petit Bateau“ angeführt. Nach der annullierten ersten Etappe, die Benoït Marie ebenfalls angeführt hatte, war der Franzose auch auf dem Haupt- und nun einzigen gewerteten Abschnitt von Santa Cruz de La Palma auf den Kanarischen Inseln über den Atlantik nach Saint-François auf Guadeloupe seinem Favoritenstatus – fast bis zum Ende – gerecht geworden. Zuletzt aber war ihm der Schweizer Mathis Bourgnon unaufhaltsam nähergekommen.
Der Vorsprung von Benoït Marie, der in der ersten Halbzeit dieser Atlantikjagd einen fabelhaften 24-Stunden-Rekord erreicht hatte, war in den vergangenen Tagen wie ein Eis in tropischer Sonne geschmolzen. Mathis Bourgnon hatte seine „Assmomast“ im Schlussspurt unwiderstehlich angetrieben, bis er Benoït Marie schließlich am Finaltag überholte. Obwohl mit deutlich betagterem Betrand-Proto von 2017 unterwegs, ließ der 28-Jährige aus Lausanne im Halsenduell mit Benoït Marie auf dem einzigen „fliegenden Boot“ der Flotte nie locker.
Den Lohn für seinen großen Kampf kassierte Mathis Bourgnon an diesem Samstag nach rund 2600 Seemeilen, die er mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 7.89 Knoten gemeistert hatte. Die Ziellinie vor Saint-François erreichte Mathis Bourgnon am 8. November nach 13 Tagen, 17 Stunden, 24 Minuten und 45 Sekunden mit rund 25 Seemeilen Vorsprung von Benoït Marie. Mathis Bourgnon gewann das Rennen 30 Jahre nach seinem Vater Yvan Bourgnon, der 1995 auf dem Finot-Design “Omapi – St. Brevin” siegte.
In die lange Liste französischer Proto-Sieger im Mini-Transat hat sich damit seit dem Sieg des Amerikaners Norton Smith 1979 mit “American Express” und dem Erfolg von Federico Waksman aus Uruguay vor zwei Jahren wieder ein Nicht-Franzose eingetragen: Mathis Bourgnon, der im Sommer Teile des Ocean Race Europe mit Alan Roura und Team Amaala bestritten hatte, hat an diesem Tag die Schweiz in den Elitekreis der Proto-Gewinner katapultiert.
Mathis Bourgnon ist das mit einem Prototypen gelungen, der eine reiche deutsche Geschichte mitgebracht hat. Das 2017 bei Magic Yachts in Tunis vom Offshore Team Germany gebaute Boot hatten einst Jörg Riechers und Robert Stanjek schon bei ihrer ersten gemeinsamen Doublehand-Regatta zum Sieg gesegelt. Im Mini-Transat 2017 steuerte Jörg Riechers es als “Lilienthal” auf Platz zwei – das beste deutsche Ergebnis in der Geschichte des Rennens.
Morten Bogacki setzte die Erfolgsgeschichte des Mini 934 zwei Jahre später mit Platz drei im Mini-Transat fort. “Das Boot ist eine krasse Karre, das Original von Bertrand und die Vorlage für den Vector”, berichtet Jens Kuphal, damals Mitgründer vom Offshore Team Germany. Kuphal hat die Geschichte dieses Minis stets beobachtet, sagte heute: “Das Boot war eigentlich immer vorne, wenn es gestartet ist. Das ist einfach eine tolle Story insgesamt. Ich freue mich sehr fürs Boot und auch den Skipper. Mathis ist ein toller Typ. Aus dem wird was!”
Das Nachsehen im Duell mit dem “tollen Typen” der “Super-Foiler” Benoït Marie, der am Samstagmittag in Saint-François erwartet wurde und auf dessen Bericht man gespannt sein darf. Von technischen Problemen geplagt, aber trotzdem noch gut positioniert, konnte Marie den zehn Jahre jüngeren Schweizer Stürmer am Ende nicht halten. Mathis Bourgnon überholte den im Halsenduell deutlich langsamer gewordenen Benoït Marie vor der Passage von Petite Terre im Süden der Insel La Désirade kurz vor dem Zieldurchgang. Die Ziellinie passierte Mathis Bourgon am Samstagmorgen um 9:24 Uhr deutscher Zeit.
Für den insgesamt starken Auftritt der Schweizer Solisten sorgen bei diesem 25. La Boulangère Mini-Transat weitere Eidgenossen: Felix Oberle segelte mit “Big Bounce – Beltrona” dem Ziel zum Wochenendbeginn als Sechster bei den Protos entgegen. Bei den Serienbooten, deren Feld bei rund 350 Seemeilen bis ins Ziel am Morgen des 8. November weiter vom Franzosen Paul Cousin auf dem Raison-Maxi “AFP – Biocombustibles” angeführt wurde, lag zuletzt der Genfer Joshua Schopfer auf “Mingulay” auf Platz zwei – und griff Paul Cousin an. Die Chance auf einen Schweizer Doppelsieg bei Protos und Serienbooten ist da.
Fast schon sensationall stark segelte auch die Schweizer Novizin Alicia Anna Pfyffer Von Altishofen auf ihrem Raison-Maxi “Wallabys” von 2022, die vor den letzten 500 Seemeilen ins Ziel Platz zehn hielt. Die in Simbabwe geborene und in Tarifa aufgewachsene Schweizerin ist am und mit dem Meer großgeworden, hat langfristig die Vendée Globe im Visier. Der Sprung an die Startlinie war ihr auch mit Hilfe einer Crowd-Funding-Aktion gelungen.
Weil im Mini-Transat die Kommunikation nach außen nicht gestattet ist, war zum Ende des Transats schwer einzuschätzen, warum Hendrik Lenz mit seinem Vector “Monoka” dem Spitzenreiter zuletzt mit 180 Seemeilen als Sechzehnter hinterhersegelte. Auf der annullierten ersten Etappe war Hendrik Lenz bei bei Abbruch noch starker Dritter, vor Rennbegin mindestens ein Top-Ten-Kandidat.
Bekannt dagegen ist inzwischen, dass der Deutsch-Franzose Victor David seit dem 6. November das Schicksal von Thiemo Huukl teilt: Auch auf Victor Davids Pogo “Ich Bin en Solitaire” ist der Mast gebrochen. Wie Thiemo Huuk, so setzt auch Victor David das Rennen unter Notrigg fort. Schon bald nach dem Unglück ein Begleitboot eingeholt. Die Besatzung vermeldete, es gehe Victor David gut und er fahre mit einer Geschwindigkeit von etwa 4,5 Knoten weiter. David hatte am Morgen des 8. November noch rund 740 Seemeilen bis ins Ziel zu meistern. Hier geht es zum Tracking für das La Boulangère Mini-Transat.