Mini-Transat“Bravo Mathis! Unglaublich, was du geschafft hast!”

Tatjana Pokorny

 · 09.11.2025

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Der Besiegte hat sich vor dem Sieger im Mini-Transat verneigt. Erst kurz vor dem Ziel überholt und nach Dauerführung und viel Bruch knapp geschlagen, huldigte Benoît Marie seinem zehn Jahr jüngeren Bezwinger Mathis Bourgnon. Beide Skipper hatten bei der 25. Edition schwere Rückschläge wegzustecken, bevor der Showdown die Segelwelt elektrisierte. Die Hintergründe…

Es war die Jagd seines Lebens – mit krönendem Abschluss: Erst 55 Seemeilen vor dem Ziel hat der Schweizer Mathis Bourgnon den großen Favoriten und Mini-Transat-Dauerdominator Benoît Marie im Mini-Transat erst eingeholt und dann besiegt. In einem letzten großen Kraftakt dann brachte der junge Schweizer Proto-Segler sein Meisterwerk ins Ziel. Dort zitterte er noch Stunden nach der Jubelankunft.

​Es lebe die Schweiz und es lebe der Atlantik.” Mathis Bourgnon

Überglücklich, aber längst jenseits der Grenzen seiner Kräfte, sprach Mathis Bourgnon im Zielhafen Saint-François über die Hintergründe und die emotionale Bedeutung seines Coups. Als wenige Stunden später der geschlagene Benoît Marie mit 400 Litern Wasser im Bug ins Ziel kam, würdigte der 38 Jahre alte Franzose und Mini-Transat-Sieger von 2013 seinen Bezwinger maximal fair.

Walschwanzflosse trifft den Bourgnon-Mini

Beide – Bourgnon und Marie – hatten im Rennen über rund 2600 Seemeilen von Santa Cruz de La Palma nach Saint-François auf Gouadeloupe technische Herausforderungen in Serie zu meistern. Mathis Bourgnon berichtete: “Seit der Halbzeit des Rennens hatte ich Angst, ein Ruder zu verlieren. Glücklicherweise war ich gut ausgerüstet und hatte alles Notwendige an Bord, um es zu reparieren und dafür zu sorgen, dass es hält.”

In Saint-François sagte Mathis Bourgnon: “Gewinnen ist etwas Magisches. Ich zittere immer noch ein wenig. Ich habe lange nicht geschlafen, ich habe nur gesteuert, gesteuert… Ich habe mich fertig gemacht. Ich hatte ein paar Probleme mit dem GPS und ich hatte keinen mittleren Spi. Ich bin wirklich an meine Grenzen gegangen, mit viel Stress: dem Stress, ständig mit dem großen Spi zu segeln, dem Knacken des Ruders, von dem ich befürchtete, dass es brechen könnte. Der Schlafmangel war das Schlimmste: Ich habe mich wirklich verausgabt.”

Auch die fast hautnahe Begegnung mit einem Wal hat Bourgnon auf See bewegt: “Er hat mich mit seiner Schwanzflosse auf der Steuerbordseite getroffen. Ich saß gerade gemütlich hinten und aß, als ich ein lautes Geräusch hörte und einen riesigen Rücken auftauchen sah, der so breit wie das Boot war. Ich habe zwei Minuten lang gezittert.”

Mini-Transat: acht Jahre alter Proto vorne

Er habe, so einer der fünf Söhne von Yvan Bourgnon, der das Mini-Transat 1995 gewonnen hatte, “viel über den Sieg meines Vaters nachgedacht, der das Rennen gewonnen hatte, als ich noch nicht geboren war”. Bourgnon berichtete auch vom Funkverkehr mit Benoî Marie, als er ihn einholte, erzählte: “Wir haben über UKW gesprochen. Es waren starke Worte. Wir waren 55 Seemeilen vor dem Ziel. Er sagte mir, dass es für ihn vorbei sei, dass er viel Schaden am Boot habe. Wir haben großen Respekt voreinander.”

Teil der Faszination von Mathis Bourgnons Last-Minute-Coup ist sein Boot, ein Bertrand-Mini aus dem Jahr 2017, mit dem auch viel deutsche Mini-Geschichte verknüpft ist. Einst für das Offshore Team Germany in Tunis gebaut, hatte es Jörg Riechers im Mini-Transat 2017 auf Platz zwei getragen – das bis heute beste Ergebnis eines GER-Solisten im großen Transat für kleine Boote. Zwei Jahre später hatte Morten Bogacki mit der einstigen “Lilienthal” Platz drei erobert.

Acht Jahre nach seinem Bau ist der Mini 934 nun das Siegerboot in der Entwicklungsklasse, in der Benoît Marie mit seinem Foiler vor dem Mini-Transat jedes Rennen der Saison gewonnen hatte, das er bestritten hatte. Am Ende setzte sich das erprobte Boot gegen die foilende Rakete durch, die zu viele Schäden hatte hinnehmen müssen.

Mathis Borgnon sagte: “Ich habe ein Boot aus dem Jahr 2017, es ist nicht das neueste, aber es funktioniert super. Kleines Team, kleines Budget. Mein Vater hat mir viele Ratschläge gegeben und mich in Sachen Wetter geschult. Es ist magisch, dass dieses Projekt erfolgreich ist!”

Das ist auch das Schöne an dieser Geschichte: Wir haben das Boot gemeinsam vorbereitet, im Garten meiner Familie, auf altmodische Weise.” Mathis Bourgnon

24-Stunden-Rekord als Trostpreis für Marie

Mit dem “Trostpreis” des 24-Stunden-Rekords (352,59 Seemeilen) war knapp vier Stunden nach Mathis Bourgnon der so kurz vor dem Ziel noch überholte Benoît Marie nach 13 Tagen, 21 Stunden, 21 Minuten und 57 Sekunden mit arg humpelndem Boot ins Ziel gekommen. Die Bruchliste des großen Favoriten war brutal zu hören. Am schwersten hatte sich der Bruch seines Steuerbord-Foils fünf Tage nach dem Rennstart ausgewirkt.

Am Freitag vor dem Finale war zusätzlich der Bugspriet gebrochen. Dazu verlor der Mini 1067 in der letzten Halse vor Saint-François seinen Gennaker. Heftig verlangsamt durch 400 Liter Wasser im Bug, konnte Benoît Marie dem unermüdlich attackierenden Mathis Bourgnon auf seinem Foiler “Nicomatic – Petit Bateau” kein Paroli mehr bieten. Da wusste Benoît Marie schon eine Weile, dass er seinen Sieg von 2013 nicht würde wiederholen können. Im Ziel huldigte der Skipper, der wenige Tage vor dem Rennstart Vater geworden war, dem Schweizer Sieger.

Bravo Mathis! Du hast ein unglaubliches Rennen gefahren, und danke, dass du mich so gepusht hast. Es ist unglaublich, was du geschafft hast.” Benoît Marie

Auf den Docks im Zielhafen gab Benoît Marie auch Einblicke in seine Gefühlswelt: „Die letzten 24 Stunden waren hart, weil ich alles kaputt gemacht habe: das Bugspriet, das Boot, die Crashbox… Das ist nicht schön. Ich habe das Gefühl, meinem Begleiter wehgetan zu haben, und das gefällt mir nicht. Ich war nicht auf dem Leistungsniveau, das ich mir gewünscht hätte, und Mathis hat die Lücke gefunden und sie genutzt. Das ist Sport, das ist Wettkampf, das ist das Schöne daran.”

Mini-Transat: der Rekord bleibt in der Familie

Trotzdem konnte Benoît Marie auch die eigene Leistung positiv reflektieren: “Wenn man hier in dieser Lagune von Saint-François ankommt, die ich gut kenne, wird einem bewusst, dass man den Atlantik in einem winzigen Boot überquert hat, und das ist keine Kleinigkeit.”

Darüber, dass er seiner Frau Caroline Boule mit 352,59 Seemeilen den 24-Stunden-Rekord abgejagt hat, sagte Marie lächelnd: “Tut mir leid, Caro, aber wir sind verheiratet, und was in der Ehe bleibt, bleibt in der Ehe.”

Das 25. La Boulangère Mini-Transat wird Benoît Marie als “absoluten Kick” in Erinnerung behalten. “Es war außergewöhnlich, Tag und Nacht mit dem Autopiloten über das Meer zu fliegen”, erzählte er. Und auch das: “Ich habe 13 fantastische Tage erlebt, ich hatte einen Riesenspaß und habe es unglaublich genossen. Den Rekord zu brechen ist toll, das ist ein Meilenstein für sich. Ich bin froh, dass ich dabei war:”

Ich denke, dass Mathis letztendlich im Rennen besser war als ich. Er hat seinen ersten Platz redlich verdient, und ich bin sehr stolz, hinter ihm zu sein.” Benoît Marie

Inzwischen haben im Mini-Transat die ersten sechs Proto-Skipper das Ziel erreicht. Den dritten Podiumsplatz sicherte sich Alexandre Demange auf “DMG Mori Sailing Academy 2”, der fast genau sechs Stunden nach Benoît Marie die Zielliniels passierte.

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Seine erste Kurzbilanz im Zielhafen: “Es war nicht die Transatlantikregatta meiner Träume, aber ich bin super glücklich hier zu sein, denn je schwieriger es ist, je mehr lernt man. Vielleicht kann ich mit etwas Abstand sagen, dass es das schönste Rennen meines Lebens war. Dieses Mal war es eher ein Kreuzkurs, ein Hindernislauf als eine Atlantiküberquerung.”

Demange sagte auch, er sei sehr stolz auf seinen dritten Platz. Er sei das Rennen auch für den ausgeschiedenen Teamkameraden Hajime Kokumai gefahren: “Ich habe es zu Beginn dieser zweiten Etappe gesagt: Wir sind zu zwei in diesem Projekt. Er musste aufgeben, weil sein Boot gesunken ist. Ein großer Teil des Erfolgs dieses Podiumsplatzes ist Hajime zu verdanken. Ich werde mit großer Freude wiederkommen. Aber ich muss mir Zeit lassen, um anzukommen, denn es ist nicht trivial, den Atlantik in einem so kleinen Boot zu überqueren:”

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Als Siebte und beste Skipperin kam am Sonntag Thaïs Le Cam mit “Frerots Ad” ins Ziel erwartet. Bei den Serienbooten hatte am Mittag des 9. November der Langzeit-Führende Paul Cousin noch rund 50 Seemeilen bis ins Ziel zu meistern. Für die deutschen Teilnehmer stand diese Edition dagegen unter keinem guten Stern.

“Europe”-Skipper Thiemo Huuk bildet nach seinem Mastbruch auf Platz 57 das Schlusslicht der Serienbootflotte, hatte bei Geschwindigkeiten um fünf Knoten unter Notrigg noch knapp 1000 Seemeilen bis ins Ziel zu schaffen. Für den Deutsch-Franzosen Victor David waren es auf “Ich bin en Solitaire” nach seinem Mastbruch an diesem Sonntag auf Platz 53 noch gut 600 Seemeilen bis nach Guadeloupe.

Hendrik Lenz, bei Abbruch der ersten Etappe als Dritter so stark im Rennen, segelte Saint-François auf dem Vector “Monoka” bei verbliebenen knapp 280 Seemeilen als Sechzehnter entgegen.

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