Im Offshore-Segelsport sind die Strafen für Frühstarts oft hart. Damit wollen Veranstalter zu viel – möglicherweise auch gefährliches – Chaos bei Starts großer Flotten vermeiden. Ein Fünf-Stunden-Stopp drohte beispielsweise jedem Frühstarter bei der 10. Vendée Globe. Den später ausgeschiedenen “Bureau Vallée”-Skipper Louis Burton hatte es auch tatsächlich erwischt. Zwei Stunden obendrauf kassierten jetzt Frühstarter beim Mini en Mai.
Die zwölfte Edition des französischen 500-Seemeilen-Klassikers führte knapp 100 Proto- und Serienssolisten der Mini-Klasse von La Trinité-sur-Mer vor der französischen Westküste hinauf bis fast zur Insel Ouessant und zurück bis runter um die Île de Ré. Passiert wurde La Rochelle, bevor es wieder nach Norden ging, vorbei an Les Sables-d’Olonne in der Vendée. Auf dem Weg zurück in den Start- und Zielhafen wurden die Westküste der Guérande, die Île de Hœdic und die Île d’Houat passiert, bevor die Ziellinie nahte.
Die Route wirkt wie gespickt mit Urlaubsträumen. Das Rennen und seine Wegpunkte erinnern – wie auch andere französische Mini-Regatten – an die Bretagne-Krimis von Jörg Bong alias Jean-Luc Bannalec. Viele der Inseln und bretonischen Orte der Geschichten um Kommissar Dupin prägen Mini-Regatten wie jetzt das Mini en Mai. Am 25. Juni wird Georges Dupins 14. Fall erscheinen. Der Titel “Bretonische Versuchungen” passt gut zu den Herausforderungen und Erlebnissen der Miniisten.
Der Düsseldorfer Mini-Segler Hendrik Lenz sagt: “Ich bin kein riesiger Krimi-Fan, aber diese bretonische Serie höre ich sehr gerne, besonders auf den zehnstündigen Fahrten in die Bretagne.” Das keltische Element, so Lenz, begegne einem vor Ort überall. Es gäbe Straßen-, Hotel- und Campingplatznamen mit Druiden. “Und da sind die Inseln und die Orte, die man aus den Hörbüchern kennt und jetzt beim Segeln sieht und erlebt. Ich mag diese Küste und besonders ihre felsige Küste”, so Lenz.
Hendrik Lenz hat seinen Kurs im Mini en Mai über 478, 5 Seemeilen in 3 Tagen, 8 Stunden und 16 Minuten gemeistert. Nach Platz zehn im La Pornichet Select, hat Lenz damit als Achter auf dem Wasser in diesem Jahr schon sein zweites Top-Ten-Ergebnis in der Mini-Serienwertung binnen drei Wochen geholt. Inoffiziell. Denn in der offiziellen Endabrechnung wurde ihm zum bereinigten Fünf-Sekunden-Frühstart noch die zusätzliche Zwei-Stunden-Strafe aufgebrummt. Sie traf den deutschen Solisten hart, warf ihn auf Platz 25 zurück.
“Ich habe mir das Video bei der Jury auch noch einmal angesehen. Der Frühstart war klar zu sehen. Ich nehme gedanklich trotzdem den achten Platz mit”, sagte Hendrik Lenz. Seinem Frühstart war ein Generalrückruf vorausgegangen. Im zweiten Startversuch unterlief dem Mini-Solisten vom Düsseldorfer Yacht-Club dann – wie zwei weiteren Top-Ten-Akteuren – der Fünf-Sekunden-Patzer, der ihn 17 Plätze kostete.
Gewonnen hat die Serienwertung Amaury Guerin auf “Groupe Satov”. Der Franzose war nach 3 Tagen, 6 Stunden, 17 Minuten und 20 Sekunden im Ziel. Rund 40 Minuten später sicherte sich Paul Cousin” auf “Afp – Groupe Biocombustibles” Platz zwei. Sieben Minuten nach ihm kam Deniz Bagci auf “Jules – Sponsor wanted” als Dritter ins Ziel. Die Freude über seine sehr gute Leistung konnte Bagci aber nicht genießen.
Auch das Top-Drei-Ergebnis des sympathischen Solisten aus Istanbul wurde stark gestutzt: Deniz Bagci hatte die Startlinie zwar nach Hendrik Lenz passiert, war aber dabei aber auch noch drei Sekunden zu früh dran. Auch Bagci wurde mit einer Zwei-Stunden-Strafe belegt und fiel im Schlussklassement auf Platz 17 zurück, obwohl sich die anderen Podiumssegler für ihn einsetzten. Alle drei Podestplatzierten im großen Feld von 64 Serienbooten waren mit Minis vom Typ Maxi im Einsatz.
Hendrik Lenz nimmt trotz Frühstart-Dämpfer viele positive Erkenntnisse aus dem Mini en Mai mit. “Ich bin nach dem Frühstart zurückgesegelt und dem Feld mit einer halben Stunde Rückstand als Letzter hinterhergefahren. Ich habe gekämpft und gut aufgeholt.” Im Revier der Kardinaltonnen vor La Rochelle setzte Lenz beim cleveren Abkürzen sogar einmal kurz auf einem Felsen auf, doch seine “Monoka” trug nicht einmal Kratzer davon, wie ein erster schneller Tauchgang von Lenz im Zielhafen ergab.
Im Einsatz war Hendrik Lenz mit einem neuen All-Purpose-Großsegel, das ihn noch einmal besser beflügelt hat. Seiner Wahl des Segelmachers liegt eine einfache Philosophie zugrunde, wie Lenz erklärt: “Wenn du da mitspielen willst, musst du auch mit den Karten der anderen spielen.” Die willkommene Vertragsverlängerung mit seinem Projektpartner Kruppenbacher hat es Lenz ermöglicht, sich die neue Segelgarderobe auf Kurs Mini-Transat anzuschaffen.
Bis zum Start zum großen Saisonhöhepunkt bekommt “Monoka” auch noch einen neuen Spinnaker. Jetzt schon erarbeitet hat sich Hendrik Lenz eine starke Ausgangsposition als potenzieller Top-Ten-Player in der extrem französisch geprägten Szene der Serien-Minis. Von den Strapazen der mit extrem wenig Schlaf bestrittenen Regatta erholte er sich am Samstag am Strand von Quiberon, feierte dort seinen 31. Geburtstag.
Das 25. Mini-Transat startet am 21. September in Les Sables-d’Olonne und führt die Atlantikherausforderer in ihren schnellen “Nussschalen” via Zwischenstopp auf den Kanaren nach Saint-François auf Guadeloupe. Neben Hendrik Lenz bereiten sich auf den Sprung über den Atlantik auch der Deutsch-Franzose Victor David auf ”Ich bin ein Solitaire” (30. im Mini en Mai) und Thiemo Huuk auf “Europe” (55. im Mini en Mai) vor.
Nachwuchstalent Tom Wehde aus dem Rennstall Next Generation Sailing von Lennart Burke und Melwin Fink segelte auf seinem Serien-Mini “Osterrath” im Mini en Mai auf Platz 38. Der Neue im Team der angehenden Class40-Weltumsegler arbeitet schon jetzt für seine Mini-Transat-Premiere, die er gerade erst für die übernächste Auflage 2027 ins Visier genommen hat. Hier geht es zu den Ergegebnissen für das Mini en Mai.
In der Prototypen-Wertung setzte sich beim Mini en Mai ein Manuard-Design gegen Entwürfe von Raison und Lombard durch: Benoît Marie war als Sieger mit “Nicomatic – Petit Bateau” schon nach 3 Tagen, 21 Minuten und 47 Sekunden im Ziel. Dabei konnte er Alexandre Demange auf “DMG Mori Sailing Academy 2” nach packendem Finale mit nur zehn Minuten Vorsprung in Schach halten und auf Platz zwei verweisen. Basile Gautier brachte seine “Nass & Wind / Les EDG” als dritten Proto ins Ziel. Der Schweizer Felix Oberle wurde mit seinem Raison-Mini “Big Bounce” Sechster im Feld von 30 Protos.
Replay! Die Live-Übertragung vom Start ins Mini en Mai: