Mini 6.50Wimpernschlag-Finish vor Les Sables

Was für ein Finale, was für eine Freude! Alexandre Demange von der DMG Mori Sailing Academy siegt auf der Rücketappe denkbar knapp
Foto: SAS/Arnaud Pilpré
Die Top Vier der Prototypen-Wertung im Porträt
Die Rücketappe der Mini6.50-Regatta Les Sables - Les Acores endete heute Nacht in Sprint-Manier. Nach mehr als 1.500 Seemeilen trennten Alexandre Demange auf “DMG Mori” ganze drei (3!) Minuten von Caroline Boule auf “Nicomatic”, die seit Mittwoch geführt hatte. Felix Oberle aus der Schweiz wurde Vierter.

Einen Sieg “am seidenen Faden” hatte Wetter-Router Christian Dumard vorhergesagt. Und so kam es! Von Sonnabend bis zum frühen Montagmorgen mussten sich die Spitzenreiter der Prototypen-Wertung mit leichten Winden herumquälen - nachdem der Nordatlantik zuvor für einen wilden Ritt der Mini-Artisten gesorgt hatte.

Caroline Boule schien auf einem komfortablen Polster zu sitzen. Zwei Tage, bevor sie Les Sables erreichte, führte sie mit fast 30 Seemeilen Vorsprung vor Alexandre Demange, der in dieser Saison als Rookie für das deutsch-japanische Team von DMG Mori startet.

Es waren die berühmten zehn Prozent der verbleibenden Reststrecke, die bei Hochseeregatten früher oft reichten für den Sieg. Aber nicht diesmal, nicht in der Biskaya, die sich launisch zeigte. Und nicht mit Alexandre, der auf seinen Instinkt vertraute und auf die Versatilität seines Raison-Designs.

Sonntagabend sah er Caros “Nicomatic” erstmals auf dem AIS, später sprachen die Skipper per UKW-Seefunk. Um zwei Uhr heute Früh dann hatte sich Demange soweit nach vorn gehangelt, dass er gleichauf lag.

Er konnte die Ziellinie direkt anliegen, während Caroline auf ihrem Manuard-Design mit Tragflügeln im aktuellen Imoca-Design zwei Halsen mehr brauchte - diese brachten am Ende die Entscheidung, die fast grausam anmutet, weil so wenig zum ersten Regattasieg der polnisch-französischen Skipperin fehlte.

Ich habe diese zweite Etappe lange Zeit angeführt und war deshalb etwas enttäuscht, dass ich am Ende noch überholt wurde” Caroline Boule

Wie die Nicomatic-Skipperin, die auf der ersten Etappe einen neuen 24-Stunden-Rekord für die Mini6.50-Klasse aufgestellt hatte, in einer ersten Stellungnehme am Steg in Les Sables d’Olonne sagte, habe sie im täglichen Briefing per Funk jeden Morgen gehört, dass sie in Führung liege - “also wollte ich den Job natürlich zu Ende bringen.”

Das aber sei schwierig gewesen, insbesondere, weil ihr einziger Rivale um den Sieg als Leichtwind-Spezialist gilt. “Im Training ist er bei solchen Bedingungen immer derjenige, der gewinnt. Am Ende bin ich sehr glücklich. Ehrlich gesagt, hat er seinen Sieg verdient: Er ist wirklich gut gesegelt”, sagte Caroline Boule - und fügte an: “Wir hatten viel Spaß in der Biskaya!”

Auch wenn ihr Triumph ausblieb, zeigte sich die junge Solistin, die für ihre Segel-Karriere derzeit ihre Doktorarbeit als Ingenieurin pausiert hat, in starker Form. Das gilt umso mehr, weil die Bedingungen auf der Rücketappe von den Azoren phasenweise durchaus knüppelhart waren. Doch das schreckt die “Nicomatic”-Skipperin nicht mehr, die mit ihrem Partner Benoit Marie zudem die Technik des Foilers inzwischen gut im Griff hat.

Alle Ziele auf einmal erreicht” Alexandre Demange

Für Alex Demange war der Sieg wie ein Fest. Er gehört zwar schon seit zwei Jahren zur DMG Mori Sailing Academy. Dennoch ist es seine erste Saison als Skipper und sein erster Triumph. Für einen Neueinsteiger scheint der Ingenieur, der vom olympischen Segeln kommt, alles richtig zu machen. Bereits in den ersten Regatten dieser Saison glänzte er mit sehr guten Platzierungen. Der Sieg beim SAS aber toppt alles.

"Mir fehlen die Worte. Es fällt mir wirklich schwer, das zu begreifen”, sagte er im Ziel überglücklich. “Ich bin sehr stolz auf das, was ich getan habe -sehr, sehr stolz. Meine Ziele bei diesem Les Sables - Les Acores - Les Sables waren in erster Linie, zu lernen und Spaß zu haben. Die Leistung kam erst an dritter Stelle. Am Ende habe ich alle Ziele auf einmal erreicht. In einer ersten Saison kann man es kaum besser machen. Das gibt mir viel Selbstvertrauen für die Zukunft, vor allem in Bezug auf die Entscheidungsfindung.”

Demange brauchte 7 Tage, 11 Stunden, 6 Minuten und 10 Sekunden für die zweite Etappe. Er segelte 1.526,1 Seemeilen und erzielte durchs Wasser einen respektablen Schnitt von 8,5 Knoten - trotz der flauen Phase zum Schluss.

"Ich habe noch ein bisschen Mühe, das alles zu realisieren”, sagte er, erschöpft, aber glücklich. Er habe auf der zweiten Etappe hart gearbeitet. “Ich wollte keine Reue empfinden. Ich bin gesegelt, ohne an die Platzierungen zu denken, sondern nur mit dem Ziel, mein Bestes zu geben. Alles war magisch: der Start, der Starkwind, das flaue Finish, der Zieleinlauf...”, schwärmt er und lobte seine nur knapp geschlagene Konkurrentin:

“Auch Caroline hatte ein fabelhaftes Rennen. In den letzten zwei Tagen hatte ich bei den Positionsdurchsagen gehört, dass ich sie nach und nach einhole, aber sobald es etwas mehr Wind gab, hat sie ihren Vorsprung vergrößert. Insgesamt hatten wir sehr harte Bedingungen, teils schwere See. Ich hätte nicht gedacht, dass sie sich mit ihrem Boot so gut schlagen würde. Glückwunsch an sie!”

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Alexandre Demange schrieb seinen Erfolg auch der exzellenten Vorbereitung zu. In der Tat ist das ein Erfolgsfaktor des DMG-Mori-Teams. Teamchef Charles Euverte gilt schon seit mehr als zehn Jahren als Meistertrainer für kommende Mini- und Class-40-Profis. Er leitet derzeit vier Kampagnen: zwei Mini6.50-Skipper, die Figaro-Saison von Laure Galley sowie das Vendée-Globe-Projekt von Kojiro Shiraishi. Demange unterstrich gleich nach der Ankunft, welchen Anteil Charles Euverte an seinem Sieg hat: “Er war derjenige, der mir vertraute und mich ausgewählt hat. Er hat immer dafür gesorgt, dass ich die besten Voraussetzungen für meinen Erfolg hatte. Ich danke ihm aus tiefstem Herzen."

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Und er ist nicht der einzige Eidgenosse, der glänzte. Mit Joshoua Schopfer siegte bei den Serien-Minis der Schweizer, der Oberles voriges Boot “Mingulay” steuert - die Maxi 650 mit der Segelnummer SUI 1028.

Der Deutsche Jan-Hendrik Lenz lag heute Nachmittag noch knapp 90 Meilen von Les Sables d’Olonne entfernt auf Rang 9 der Serienboote. Er wird am frühen Dienstagmorgen im Ziel erwartet.

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