Sören Gehlhaus
· 04.10.2025
Spätestens wenn die 55 Meter lange „Eleonora of London“ zu den Dudelsackklängen eines im Kilt spielenden Crewmitglieds aus dem Vieux Port von Saint-Tropez gleitet, begeistern sich Salzbuckel wie Prominierende für den majestätischen Sport unter Segeln. Zum Auslaufen der Klassiker herrscht fortwährendes Gedränge auf dem Kai, es wird geklatscht, fotografiert und gestaunt über die anmutigen Holzschönheiten.
Wenn dann die Bucht von Segeln bedeckt ist und sich weiße und beigefarbene Tücher mit schwarzer Laminatware vermischen, kann das nur eines bedeuten: Es ist Zeit für die Les Voiles de Saint-Tropez. Klassiker, Moderne und alles dazwischen – wie keine andere Regatta vermag der Saisonabschluss im Mittelmeer zusammen zu bringen, was zusammengehört: Rennyachten jeglicher Epochen, aus denen jeweils das Maximum herausgeholt wird.
Dort erstmalig im Wettfahrtmodus zeigte sich die von der Spitze des Bugspriets bis zum Yachtheck 69 Meter messende Replika „Atlantic“. Dem riesenhaften Rennschoner standen diverse Rennziegen oder Sport-Cruiser aus der größten, „modern“ genannten Klasse gegenüber wie Melges 32, TP52 oder elf Tofinous von 9,70 bis 12 Meter Länge.
Die Bandbreite ist enorm groß und umfasst . Die über alles 36 Meter lange Summers & Payne Gaffelketsch „Cariad“ lief 1896 vom Stapel, mit Löffelbug und Rüsteisen. Sie wurde in Thailand restauriert und gelangte auf eigenem Langkiel ins Mittelmeer. Erst dieses Jahr Wasser unter den radikalen T-Kiel bekam die Wallyrocket 51, ein Geschoss aus Vollcarbon, das über das Wasser zu schweben scheint.
Bei der diesjährigen Les Voiles de Saint-Tropez wurden die 245 Meldungen – und hier wird der inklusiv-diverse Ansatz der Les Voiles besonders deutlich – in fünf Maxi-, fünf Modern- und neun (!) Klassiker-Gruppen unterteilt. Entsprechend agieren drei Wettfahrtleitungen unabhängig voneinander, über 200 Freiwillige waren im Einsatz.
Das Gros der Rennen wurde querab des Vieux Port und unweit der vor Anker liegenden „Sea Cloud Spirit“ gestartet. Das Dreimast-Vollschiff von 138 Metern Länge diente den Teilnehmenden der YACHT-Leserreise als Basis, die für eine Regattabegleitfahrt auf ein Katamaran wechselten. Und Kaiserwetter erlebten. Der zweite Wettfahrttag brachte eine zunächst schwache Thermikbrise, die sich zum Nachmittag auf gute zehn Knoten Grundwind stabilisierte und für Wettfahrten in allen Gruppen sorgte.
Einzig die drei Maxi-Klassen mit der Spirit 111 „Geist“ gab es nicht vor die Augen und Linsen. Wie am Tag zuvor wurden sie in die Bucht von Pampelonne geschickt und segelten querab vom Le Club 55, ohne den und seinen Patron, Patrice de Colmont, es die Veranstaltung wohl nicht geben würde. Dort lag die Ziellinie der ersten La Nioulargue, die 1981 ein französischer 12er und die Swan 44 eines US-Eigners ohne Vergütung austrugen. De Colmonts Anstrengungen ist es zu verdanken, dass die zunächst skeptische Maxi-Szene nach den Porto Cervo in den Saint-Tropez kam und dort das Saisonende feierten.
Ein Abschlussbericht über die Les Voiles de Saint-Tropez 2025 folgt.