Les Voiles de Saint-TropezMasse und Klasse – Regattawoche mit 243 Yachten aus 13 Jahrzehnten

Sören Gehlhaus

 · 07.10.2025

Typisch Saint-Tropez: An Spätsommerabenden legt sich kupferfarbenes Licht über den Kirchturm der Notre-Dame-de-l’Assomption und auf die in Ocker- und Pastelltönen getünchten Fassaden des Vieux Port.
Foto: Gilles Martin-Raget / www.martin-raget.com
Die Les Voiles de Saint-Tropez wurden in diesem Jahr ihrem Ruf als inklusive Segelveranstaltung einmal mehr gerecht: Von klassisch bis zeitgenössisch war alles vertreten unter den 243 Meldungen von neun bis 69 Meter. Sie erlebten eine gemeinsame Segelwoche auf zwei Buchten und in einem Hafen.

Ihren Ursprung hat die Kultregatta in einem Jux-Rennen. Patrice de Colmont, Wirt des „Le Club 55”, arrangierte es 1981 zwischen einer US-amerikanischen Swan 44 und dem 12er eines französischen Eigners. Das ohne Vergütung ausgetragene Rennen von Saint-Tropez’ Portalet-Turm bis vor den legendären Beach Club in der Bucht von Pampelonne gewann der Franzose und damit eine silberne Kompottschale aus Club-55-Bestand. Auf Rechnung des Unterlegenen gab es Seeigel und Champagner. Gastronom de Colmont etablierte mithilfe charmanter Dreistigkeit die zunächst als lokale und nach der Untiefe Nioulargue benannte Veranstaltung als Abschluss der mediterranen Maxi- und Klassikerflotte.

Trotz immerzu steigender Meldezahlen in allen Klassen versuchen die Veranstalter der Les Voiles de Saint-Tropez den Amateurgedanken zu hüten. Es gibt kein Preisgeld, aber nach wie vor rauschende Feste und, ein Herzenswunsch von Patrice de Colmont, ein buntes Rahmenprogramm mit Sardinen-Abend und Abschlussfeuerwerk. Einige Crews präsentieren sich während der traditionellen Parade verkleidet und treten beim Pétanque-Turnier auf dem Dorfplatz an.

Les Voiles ist und bleibt eine Kultregatta

Auch auf dem Wasser die Tradition hochgehalten. Der Donnerstag brachte statt regulärer Wettfahrten Match Races im Geiste der Ur-Ausgabe. Am Challenge Day trat etwa eine Swan 50 gegen eine ClubSwan 50 oder „Lys“ (16.56 m Bermudan sloop) gegen „Eileen 1938“ (19.75 m Marconi sloop) an. Den Club 55 Cup trugen „Il Moro di Venezia“ (1976, 20 m) und die klassische Yawl „Mariella“ (1938, 24 m) aus. wobei der ehemalige IOR-Maxi von Raul Gardini das Rennen machte.

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​Mit 118 Meldungen waren die auf fünf Gruppen verteilten IRC-Starter (Modern) am stärksten vertreten. Am engsten ging es in der Wertung IRC 0 zu. König Frederik von Dänemark segelte „Nanoq“, eine von sechs TP52s, nach fünf Rennen hinter „Vesper“ und „Zen“ auf Rang drei. Die deutsche „Heat“-Crew um Max Augustin platzierte ihre Melges 32 für den NRV am Ende auf Platz drei in IRC 2 hinter der Spirit 52 „Happy Forever“. Die höchste GER-Beteiligung gab es in IRC 3, wobei die J-112 „Jedi“ den Vize-Titel holte und die Farr 30 „Einstein“ auf dem Dritten landete.​ ​​Martin Baums Swan 48 „Elan“ wurde nach durchwachsenen auf dem Gesamt-Achten gelistet, die Swan 46 „Fixation“ zwei Plätze dahinter.

Viel Bewegung unter Klassikern

Die Klasse mit der größten Bandbreite, was das Baujahr angeht, nennen die Veranstalter ganz richtig „Tradition“. Die 81 Yachten segelten drei Kursrennen in neun (!) Gruppen, darunter eine mit IOR und eine mit 12mR überschrieben. Viele ​Klassiker reisten von den Régates Royales in Cannes weiter nach Saint-Tropez, teils im Rahmen einer Überführungsregatta.

Neu dabei war die 2010 als Rennkutter-Rekonstruktion in den Niederlanden entstande „Atlantic“. Mit 69 Metern war sie die längste Teilnehmerin und segelte nach Besuchen als Zuschauerin dieses Jahr zum ersten Mal um die Wette – mit 820 Quadratmeter großem Gennaker. Die über alles 36 Meter lange Summers & Payne Gaffelketsch „Cariad“ lief 1896 vom Stapel, mit Löffelbug und Rüsteisen. Sie wurde in Thailand restauriert und gelangte auf eigenem Langkiel ins Mittelmeer. Die ​1914 vom Stapel gelaufene 35-Meter-Fife „Sumurun“ bereicherte die Les Voiles wieder als Yawl und mit Baumausleger.

​Germán „Mani“ Frers, Sohn des gleichnamigen argentinischen Konstrukteurs, trat in Epoque Marconi B mit „Recluta“, einer 2021 fertiggestellten 20-Meter-Ketsch nach nicht realisierten Plänen des Großvaters „Don Germán“. Den ​Sieg in der mit 18 Starterinnen stärksten Klassikergruppe fuhr „Varuna VII“ von Jens Kellinghusen ein.

Favoritensiege bei den Maxis

Die Maxi-Wertung fasste 44 zeitgenössische Yachten über 60 Fuß zusammen, die sich in fünf Gruppen aufteilten. Erneut unschlagbar in Maxi Grand Prix zeigte sich „Dango 7X“. Die bei King Marine in Valencia gebaute 21,40 Meter lange Wallyrocket 71 gewann drei von sechs Rennen und unterscheidet sich konstruktiv recht stark. Sie ist zwei Meter kürzer und zwei Tonnen leichter als ihre Konkurrenten, was sie durch den Einsatz von Ballasttanks kompensiert. Ab etwa acht Knoten Wind füllen sie sich und bringen bis zu 2,7 Tonnen auf die Kante.

Alois Neukirchen steuerte seine Mylius 66 RS ​„Schorch“ in Maxi 4 unter dem Stander des Düsseldorfer Yachtclubs auf Rang fünf. Die Maxi-3-Wertung führte Sven Wackerhagens Wally 80 „Rose“ auf dem Dritten. Innerhalb der sieben großen Maxis konnte „Magic Carpet e“ bei ihrem Heimspiel noch nicht ihre Stärken ausspielen, hingegen erneut triumphierte die Wally 100 „V“ vor der stark gesegelten JV 80 „Capricorno“. Auf „Tilakkhana II“, eine von drei Wally 100, segelte Dee Calfari als eine von neun Frauen mit der französischen Eignerin Pascale Decaux auf den Gesamtvierten.

Eile und Weile: eigenes Regelwerk

Auch den Humor haben sich die Veranstalter bewahrt. „Wenn Sie eine Regel geheim halten wollen, fügen Sie sie den Segelanweisungen hinzu!“ – ein Sprichwort, das die Jury bei Les Voiles de Saint-Tropez sicherlich zum Schmunzeln bringt. Bei der diesjährigen Veranstaltung wurden Frühstarter automatisch um fünf Plätze in der Rennwertung zurückgestuft. Die Regel wurde bei den Régates Royales de Cannes eingeführt, um riskante Manöver beim Zurückkehren zur Startlinie zu verhindern. Sie ist besonders effektiv bei einer vielfältigen Flotte, von denen einige aufgrund ihres kulturellen Erbes von unschätzbarem Wert sind. Dieselben Regeln sehen auch vor, dass in der modernen Flotte vier Rennen gefahren werden müssen, damit das schlechteste Ergebnis aus der Wertung gestrichen werden kann.

Begeistertes Fazit

​​Das Resümee von Pierre Roinson, Präsident der veranstaltenden Société Nautique de Saint-Tropez, lautete: ​„Der Jahrgang 2025 war besonders erfolgreich. Noch nie hatten wir so viele große Boote unter den 81 Tradition-Yachten, und die Flotte von 41 Maxis war sowohl dicht als auch von sehr hohem Niveau. Der Wind war zwar etwas schwach, aber dennoch ausreichend, um die Veranstaltung in drei großen Gruppen durchzuführen.” Was alle vereint? Roinson bringt es auf den Punkt: „Alle an Bord dieser Boote lieben das Meer und das Segeln.“

Alle Ergebnisse der Les Voiles de Saint-Tropez 2025 gibt es hier:

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