Europas bekannteste Regatten und die künftigen Olympia-Gastgeber nehmen einen neuen Anlauf, eine gemeinsame und starke Basis für den olympischen Segelsport zu schaffen. Nach dem Scheitern der Idee der Weltcupserie haben sich jetzt die führenden Event-Organisatoren in Europa und den USA für den neuen Sailing Grand Slam (SGS) zusammengeschlossen. Die Kieler-Woche-Macher zählen zu den Antreibern. Das ehrgeizige Projekt soll – in Kooperation mit dem Weltseglerverband – auf Kurs LA28 eine globale Plattform für die besten Olympia-Akteure des Segelsports schaffen.
Die Serie der Zukunft soll fünf große Regatten umfassen: den Spanien-Klassiker Trofeo SAR Princesa Sofia (Mallorca), Frankreichs Semaine Olympique Française vor Hyères, die niederländische Water Week in Almere, die Kieler Woche und die Regatta der olympischen Klassen in Long Beach in den USA, wo 2028 um die Medaillen gesegelt wird.
Mitinitiiert haben die Kieler-Woche-Macher den Serienneustart für den olympischen Segelsport. Das Vorbild für diesen entschlossenen Anlauf zur Bündelung der Kräfte lieferte der Tennissport mit seinem Grand Slam. Kieler-Woche-Organisationsleiter Dirk Ramhorst hat es bei einem Wimbledon-Besuch erlebt und sagt: “Die großen und namhaften Turniere machen im Tennis erfolgreich vor, wie man die eigene Identität whren und trotzdem eine gemeinsame Plattform errichten kann.”
“Wir werden die neue Serie 2025 beginnen, auch wenn das noch ein Übergangsjahr sein wird. Wir werden noch nicht alles, aber schon sehr vieles haben. Angefangen mit einer standardisierten Notice of Race Anfang Dezember und einem Meldeportal. Da kann man sich anmelden und mit einem Klick sagen, dass man die Events spielen will. Hat man beispielsweise in 2025 alle Events bestritten, kann es 2026 ein Incentive dafür geben”, erklärt Dirk Ramhorst das Prinzip.
Das Interesse Kiels am Sailing Grand Slam ist klar. “Für uns ist die Aufgabe zentral: Wie bleibt die Kieler Woche in Quantität wie Qualität relevant? Der Schlüssel, diese Relevanz zu behalten, liegt meines Erachtens in den olympischen Klassen”, sagt Dirk Ramhorst. Das Grand-Slam-Team habe in der vergangenen Woche bei der Jahrestagung des Weltseglerverbandes gute Gespräche auch mit den olympischen Klassen geführt.
“Die olympischen Klassen werten den Sailing Grand Prix sehr, sehr positiv gegenüber ihren Mitgliedern, also den Seglern in den olympischen Klassen. Wenn die eine Empfehlung für den Tour-Plan aussprechen, dann sind es die Grand-Slam-Events”, erklärt Dirk Ramhorst. Das äußere sich beispielsweise darin, dass 2025 rund eineinhalb Wochen vor der Kieler Woche die 470er-WM in Polen stattfindet. Die Klassenvereinigung werde ihren Mitgliedern die Empfehlung geben, anschließend nach Kiel zu kommen.
Die nach der Kieler Woche stattfindenden iQFOiL-Worlds etwa wollen die norddeutschen Veranstalter mit Pre-Worlds während der Kieler Woche als Teil des neuen Sailing Grand Slams auffangen. Anders als die einst zu stark beschränkte Weltcup-Serie, die schließlich auch aufgrund unerfüllbarer Forderungen und mangelndem Engagement des Weltseglerverbands gescheitert war, wird der Sailing Grand Slam zwar ebenfalls in Zusammenarbeit mit World Sailing ausgetragen, spiegelt aber unter dem gemeinsamen Dach mehr die Charakteristika und Interessen der einzelnen Regatten wieder.
“Anders als der damals zu limitierte Weltcup-Gedanke, leben wir Regattaveranstalter und unsere Teilnehmer von großen Feldern”, sagt Dirk Ramhorst. Und weiter: “Wir wollen diese großen Felder und damit für die Klassen Relevanz haben. Und wir wollen ein Testbett bleiben für neue Formate oder neue Technologien sein. ‘Do it like in Kiel’ war immer ein Spruch. Jetzt kann man vielleicht sagen: ‘Do it like in the Sailing Grand Slam’.”
Ein Beispiel für die Arbeit der Organisatoren nannte Dirk Ramhorst mit Bezug auf das Feedback der Aktiven auch. “Wir haben oft gehört, dass Anfang der Kieler Woche mit wahlloser Kombination der Fleets zu unübersichtlich ist. Da gibt es keine Selektion, bis sich am dritten Tag nach einer Anzahl von Wettfahrten eine Goldflotte ausgebildet hat. Wir wollen – nach entsprechender Rangliste – dann immer schon mit einer Goldflotte beginnen. Das heißt: Die Top-Segler treffen vom ersten Tag an aufeinander. Das vermischt sich an der Kante, weil immer noch neue reinkommen, aber wir haben von Beginn an ein höheres Niveau.”
Diesbezüglich haben die Regattaveranstalter auch Ansprüche an den Weltseglerverband, wo die Weltranglistenthematik nicht richtig funktioniere, so Dirk Ramhorst. “Wir arbeiten auch daran, dass der Grand Slam wie im Tennis ein richtiges Finale haben wird. Vermutlich noch nicht im ersten Jahr, aber in Zukunft”, erklärt Ramhorst die weitere Marschroute. Ein solches Finale könnte einen eigenen Austragungsort bekommen und beispielsweise die Top-Ten der olympischen Klassen am Ende einer Grand-Slam-Saison zum Showdown mit gestellter Ausrüstung versammeln.
Die gemeinsamen Ziele der beteiligten Regatta-Organisationen im Laufe der vier Jahre bis zur olympischen Segelregatta 2028:
Im Rahmen der Kooperation zwischen den Regattaveranstaltern und World Sailing wird die Serie auch ein Schulungsprogramm für Wettfahrtleiter einrichten. Die Zusammenarbeit zwischen Events, Weltseglerverband und den olympischen Klassen soll helfen, die besten technischen Lösungen für die Segler und ihre Wettfahrtleitungen einführen zu können. Die Veranstalter wollen World Sailing und den olympischen Klassen vielseitig aktive und dynamische Plattformen für neue Formate und Tests neuer Ausrüstung bieten.
Die gemeinsame Ausschreibung mit detaillierten Teilnahmebedingungen und Veranstaltungsspezifikationen soll Anfang Dezember verfügbar sein. In einer Pressemitteilung zum Neuaufbruch heißt es: “Gemeinsam mit den olympischen Klassen und World Sailing will der Sailing Grand Slam ein unvergleichliches Wettkampferlebnis bieten, das die Sichtbarkeit, Integrität und Zugänglichkeit des olympischen Segelns weltweit stärkt.” Die Aufgabe ist und bleibt stark fordernd. Der Neuaufbruch ist ein erster Schritt, dem viele folgen sollen – und müssen.