Nach der Trofeo Princesa Sofía vor Mallorca und der französischen Semaine Olympique ist die Kieler Woche die dritte Grand-Slam-Regatta des Jahres für Olympiasegler. Weshalb zwar nicht alle, doch einige olympische Segelklassen starken Teilnehmerfeldern auf der Förde entgegenblicken. Auch in den internationalen Bootsklassen und bei den Big Boats herrscht Andrang. Die Veranstalter erwarten bis zu 4000 Aktive aus 60 Nationen zu rund 400 Wettfahrten.
Allein rund 600 verschiedene ILCA-Jollen inklusive der Ilca-6-WM der Männer, fast 100 iQFOiLer bei ihren Games und top-besetzte 49er- und 49erFX-Felder werden für stark bewegte Kurse im Kieler Revier sorgen. Die Segler und Seglerinnen kommen von allen Kontinenten nach Kiel. Den offiziellen Startschuss gibt am Samstag um 13 Uhr im Olympiazentrum Kiel-Schilksee Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack mit der gerade gekürten 470er-Vizeweltmeisterin Anna Markfort, Kiels Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer und Kieler-Woche-Sportchef Dirk Ramhorst.
Die sportliche Bandbreite reicht von olympischen Jollen, Skiffs und foilenden Katamaranen über die internationalen Klassen und die Big Boats bis hin zu den Rennen der Marinekutter. Ein Höhepunkt ist in jedem Kieler-Woche-Jahr die Windjammerparade, die am 28. Juni im Regattarrevier der schleswig-holsteinischen "Sailing City" zu erleben ist.
Den Auftakt bestreiten 143 Jahre nach der Kieler-Woche-Premiere 1882 auch in diesem Sommer die Olympioniken auf ihren kurzen Kursen in der Strander Bucht und draußen im Revier vor dem Leuchtturm Bülk bis hin zum Stollergrund. Zwei olympische Disziplinen allerdings starten in diesem Jahr aufgrund von Terminüberschneidungen erst in der zweiten Kieler-Woche-Halbzeit: 470er-Mixed und Nacra 17 sind dann gefordert.
Ein Novum in der Kieler-Woche-Geschichte ist die zweite Eventlocation am Kieler-Förde-Ostufer in Stein. „Dort bieten wir den ‚fliegenden Boards‘ der iQFOiL Games und der Wingfoiler optimale Wettkampfbedingungen, während die meisten Bootsklassen in Schilksee ihr Zuhause behalten“, erklärt Dirk Ramhorst. Insgesamt stehen neben dem Seesegeln acht olympische Disziplinen und doppelt so viele internationale auf dem Programm.
Der Kieler Fabian Wolf freut sich auf das Kieler-Woche-Heimspiel mit dem neuen Aktionszentrum für den Boardsport und die damit verknüpften neuen Regattabahnen Mike und November, neben Foxtrott vor der Marina Wendtorf für die Foiler vorgesehen. „Dort sollte es nicht nur bei den vorherrschenden westlichen Winden ideal zum Surfen werden“, so der 26-jährige BWL-Masterstudent, der nach dem Rückzug von Ex-Weltmeister Sebastian Kördel die Olympischen Spiele 2028 im Visier hat.
Nach überstandener Lebensmittelvergiftung vor zwei Jahren, die ihn lange außer Gefecht gesetzt hatte, will Fabian Wolf wieder „Gas geben bis ins Medal Race der Kieler Woche“. Der Einsatz zuhause in Kiel markiert einen Wegpunkt auf Wolfs Kurs zur Europameisterschaft Ende November, wo er sich endgültig in der Weltspitze zurückmelden will.
Mehr als 1.600 Meldungen unterstreichen die Anziehungskraft des Kieler Reviers, das 2036, 2040 oder 20244 gerne wieder die Bühne für olympische Segelwettbewerbe sein will. 162 Starter im ILCA 7 mit dem dreimaligen Olympiateilnehmer Philipp Buhl (Sonthofen) und dem nationalen Nachwuchs um Lokalmatador Ole Schweckendiek bilden das größte homogene Teilnehmerfeld.
Für die Olympiasegler markiert das Regattahoch im Norden zugleich den Halbzeitgipfel des fünfteiligen Sailing Grand Slams der wichtigsten Serien weltweit. Die Kielbootsegler eröffnen ihre Kieler Woche mit der Aalregatta. Die seegehenden Yachten tragen vor Kiel drei Internationale Deutsche Meisterschaften (IDM) aus: Es geht Inshore, Offshore und im Zweihand-Modus um die Titel. Hier geht es nach den ersten Starts zu allen Ergebnissen der Kieler Woche.
183 verschiedene Yachten segeln bei der Aalregatta nach Eckernförde und zurück, die schon Teil der IDM Inshore und Offshore ist. Letztere schließt genau wie die Zweihand-IDM am Freitag mit dem Silbernen Band ab. Einen Melderekord bedeuten 117 Männer zur WM der ILCA 6 im ersten Teil. 140 Frauen und Männer sind in der gleichen, offenen Klasse in der zweiten Hälfte dabei. 101 Seglerinnen kämpfen bei den olympisch ambitionierten ILCA-6-Frauen schon in der ersten Halbzeit um den den Kieler Woche-Sieg.
Ihre EM im 49erFX haben Anna Barth und Emma Kohlhoff vor kurzem zwar verpasst, weil die Steuerfrau als Strategin im deutschen SailGP-Team in New York gefragt war. „An der Seite von Erik Heil lerne ich zugleich so viel für die Gleitjolle“, erklärte Barth das Gute an der einzigen Überschneidung im Regattakalender zwischen ihrem SailGP-Engagement und der Olympia-Kampagne. Team Germanys Skipper im SailGP Erik Heil ist zweifacher Olympia-Dritter im 49er.
Für die Kieler Woche erwartet Anna Barth ein “stärkeres Feld als bei der EM” und damit einen harten Kampf um die Top Ten, unter denen nach ihrem gerade gefeierten EM-Gold auch die Olympia-Sechsten Marla Bergmann und Hanna Wille (Mühlenberger SC) erwartet werden.
Noch vor Beginn der Kieler Woche haben Anna Barth und Emma Kohlhoff einen Team-Neuzugang zu feiern: Die zweimaligen U21-Juniorenweltmeisterinnen vom Kieler Yacht-Club taufen ihren neuen 49erFX fast vor der eigenen Haustür der Vorschoterin in Strande. Taufpatin wird Emma Kohlhoffs Schwester Ida sein. „Das sieben Jahre alte Boot wurde schon weich“, sagte die Vorschoterin, „ab sofort liegt es nicht mehr am Material, sondern nur noch an uns.”
Wie lange ist Startverschiebung bei den 49ern? Wie wird der Wind auf Bahn Foxtrott? Und welche Band spielt abends in der Sailing Arena? Diese und ähnliche Fragen stellen sich nicht nur Aktive und Helfende der Kieler Woche zuhauf, sondern auch Segelsportfans und Besucher im Olympiazentrum Kiel-Schilksee. Bei der Beantwortung soll dieses Jahr der neue, KI-basierte SailBot helfen, den Accenture und IBM als Partner der Kieler Woche gerade vorgestellt haben.
Besucher können das neue System an drei Terminals, sogenannten “öffentliche Kiosken” auf dem Eventgelände im Hafenvorfeld ausprobieren. „Der SailBot treibt die digitale Transformation der Kieler Woche voran und schafft für alle Beteiligten einen echten Mehrwert“, sagt Dirk Ramhorst.
“Ein Zuhause für alle” – eine Vorschau auf die Kieler Woche in Kiel und auf dem Wasser: