Tatjana Pokorny
· 24.06.2025
Vier Grand Slams hat die internationale ATP-Tennisserie. Es sind die Australian Open, die French Open, die gerade angelaufene Mutter aller Tennisturniere in Wimbledon und die US Open. Dazu gibt es die ATP Finals für die höchstplatzierten Einzel- und Doppelspieler der Saison im November. Ganz ähnlich soll der neue Sailing Grand Slam mit fünf großen Regatten auch einmal funktionieren. Dafür haben die Initiatoren und Antreiber im ersten Testjahr aber noch einige Aufgaben zu lösen.
Den Sailing Grand Slam bilden aktuell der Spanien-Klassiker Trofeo Princesa Sofía, der Semaine Olympique Française in Hyères, der Kieler Woche, der Long beach Olympic Classes Regatta im künftigen Olympiarevier von LA 2028 und der Dutch Water Week in Almere. Letztere soll in diesem Jahr das Finale der Besten ausrichten. Die Idee tut dem Segelsport gut, ihre Essenzen hier zu finden. Bei der Ausführung sind im Geburtsjahr noch diverse Hürden zu nehmen.
Eine davon sind die immer noch fehlenden Ranglisten für den Sailing Grand Slam. Der Grund für die fehlenden sportlichen Übersichten der Anfang April vor Mallorca angelaufenen neuen Serie für den olympischen Segelsport sind die unterschiedlichen Ergebnissysteme, die von den beteiligten Regatten genutzt werden.
Drei Regatten nutzen die Software Sailti, zwei – die Kieler Woche und die Dutch Water Week – setzen auf manage2sail. Längst wird an der Vernetzung gearbeitet, doch das Ergebnis lässt noch auf sich warten. Im Anschluss an die Kieler Woche soll es aber, so die Gruppe der Veranstalter bei ihrem Arbeitstreffen in Kiel, möglichst bald mit der Vernetzung und dem Gesamtranking klappen.
“Wir versuchen, nach der Kieler Woche ein Ranking zu erstellen”, stellte Ramhorst in dieser Woche in Kiel in Aussicht. Edward Russo, der beim Meeting der Regattadirigenten zur Kieler Woche die Semaine Olympique Française vertritt, sagte: “Sailti arbeitet daran. Wir erwarten das Ergebnis bald.” Ziel sei es, so Kieler-Woche-Sportchef Dirk Ramhorst, im Sailing Grand Slam ein Low-Point-System anzuwenden.
Ferrán Muniesa, Direktor des Club Nàutic Arenal und Mitorganisator der Trofeo Princesa Sofía, hatte schon im Frühjahr erklärt: “Wir arbeiten an vielen Dingen, um diese internationale Regattaserie für olympische Segler aufzubauen. In diesem Jahr liegt unser Fokus zunächst auf einem vereinfachten Meldeprozess.” Das gemeinsame Meldesystem der beteiligten Regatten mit einheitlicher Notice of Race und Segelanweisungen, die für die einzelnen Regatten lediglich von zusätzlichen Anhängen ergänzt wird, ist bereits etabliert.
Im Visier haben die Veranstalter mit ihrer Initiative nicht nur die Stärkung der eigenen Events, sondern vor allem die Insgesamt-Wahrnehmung des olympischen Segelsports und seiner Besten. “Wir wollen den Aktiven und den Coaches eine starke Bühne bieten, ihre Sichtbarkeit erhöhen, auch frühere Legenden in Geschehen und Berichterstattung einbinden”, erklärte Ferrán Muniesa im Olympiazentrum Kiel-Schilksee.
Zudem, so Edward Russo von der Semaine Olympique Française in Hyères, wolle man für die Zukunft ein Team von festen zehn bis 15 festen Wettfahrtleitungsteammitgliedern etablieren, die regelmäßig bei Regatten des Sailing Grand Slam eingesetzt werden. Auch hier soll sich die Bündelung und die gemeinsame Arbeit mit einem zunehmend erfahrenen Team auf Dauer – ähnlich wie beispielsweise in der professionellen 52 Super Series – positiv auswirken.
Eine weitere Hürde bildet in diesem Auftaktjahr die Long Beach Olympic Classes Regatta. Weil auch drei Jahre vor den Olympischen Spielen von LA28 noch nicht sicher feststand, wo ganz genau olympisch gesegelt wird, lassen viele Olympiasegler die US-Regatta aus. Weshalb bis zum geplanten Finale bei der in den September gerückten Dutch Water Week realistisch nur drei stark von den Olympioniken frequentierte Regattagipfel im Eröffnungsjahr des Sailing Grand Slam auf dem Programm stehen.
Von diesen Ergebnissen sollen die Segler und Seglerinnen mit Blick auf das geplante Einladungsfinale ihre beiden besten Ergebnisse einbringen können. “Wir wollen in diesem Jahr Almere als Protypen für ein Sailing-Grand-Slam-Finale nutzen”, sagte Edward Russo in Kiel. Für die erste dann komplett durchorganisierte Saison 2026 soll bald schon ein strikter Zeitplan stehen, der die vier Regatten in zeitlichen Zweierpaketen so bündelt, dass Europa- und Weltmeisterschaften der zehn olympischen Disziplinen davor, dazischen und danach stattfinden können.
Demnach sollen die Trofeo und Hyères im Frühjahr den Auftakt mit zwei Wochen Luft zwischendurch bilden. Nach weiteren rund fünf Wochen Luft sollen die Dutch Water Week und die Kieler Woche mit ebenfalls zwei Wochen Luft dazwischen folgen. Der Austragungsort für das Finale 2026 steht noch nicht fest. Hier ist die Gruppe im Gespräch mit potenziellen Partnern und Veranstaltern. Der Erfolg dieser Gespräche wird auch über den künftigen Erfolg des Sailing Grand Slam mitentscheiden.
Am Ende des Testjahres soll ein mittelfristiger Kalender für den Sailing Grand Slam der Zukunft stehen. “Wir können dann einen Kalender bis 2028 veröffentlichen”, sagte Ed Russo. Was auch zu mehr Berücksichtigung der Regattaklassiker bei der Planung von kontinentalen und Weltmeisterschaften führen soll, so dass es nicht mehr zu Terminkollisionen kommt.
Für den olympischen Segelsport und seine Protagonisten kann der neue Sailing Grad Slam viel bewegen, wenn er sich nach den Zielen seiner Macher entwickelt. “Tennis ist ein gutes Beispiel. So wollen wir auch den olympischen Segelsport weiterentwickeln, verständlich und attraktiv machen. 2025 war und ist dafür da, die entsprechenden Prozesse zu entwickeln. Die Ziele bleiben die Etablierung einer gemeinsamen Plattform, einer gemeinsamen Kommunikation, weniger Administration, mehr Unterstützung für die Events und die Segelsportler als Helden”, sagt Ferrán Muniésa.
Dieses Angebot will auch die Kieler Woche als “Mutter und Vater aller Regattawochen”, wie sie der frühere kanadische Weltseglerverbandspräsident Paul Henderson einmal nannte, als eigenes Event und als Teil des Sailing Grand Slam machen. “Wir sind hier. Wir können auch als Qualifikationsserie für die Olympischen Spiele fungieren. Wir können ein Vorbild für etwas sein, was vielleicht später wieder ein World Cup ist. Wir sind happy, die Grand-Slam-Serie auch für andere Events zu öffnen. Wir sind nicht festgelegt, sondern bieten auch World Sailing unsere Hilfe an, die Lücke zu füllen, die entstanden ist.”
Der Ramhorst-Hinweis betrifft den einst vom Weltseglerverband initiierten World Sailing World Cup, der 2019 recht sang- und klanglos auslief. Die Kieler Woche hatte 2012 ihr letztes World-Cup-Finale erlebt. Wiederbelebungsversuche 2023 waren ebenfalls gescheitert. Viele Personalwechsel im Weltseglerverband waren damals ein Grund für die mangelnde Weltcup-Führung und Wertschätzung seitens World Sailing. Einig sind sich die jetzt an der Sailing-Grand-Slam-Initiative beteiligten Regattaorganisatoren darin, dass diese Weltbühne wieder aufgebaut werden soll.