Tatjana Pokorny
· 20.06.2023
So einen Tag hat auch Sebastian Kördel noch nicht erlebt. Nachdem der Windsurf-Weltmeister am Vortag erwartungsgemäß binnen eineinhalb Stunden drei souveräne Siege eingefahren hatte, wurde der 32-Jährige vom German Sailing Team am Dienstag brutal ausgebremst. Der Champion vom Norddeutschen Regatta Verein blieb in beiden Dienstag-Rennen schon am Start in Flaute und Seegras hängen und gab die Läufe auf.
“Ich bin wie viele andere stecken geblieben”, sagte der vor den Finalrunden auf Platz sechs liegende Hoffnungsträger für Olympia 2024. Und weiter: “Das war heute wie Snowboarden ohne Schnee, wie Turmspringen ohne Wasser oder ein Formel-1-Rennen ohne Sprit. Wenn es morgen den angekündigten Wind gibt, ist aber trotzdem noch alles drin. Dann kann ich das noch nach Hause bringen.”
Im olympischen Format der iQFoil-Akteure qualifiziert sich der Hauptrundensieger direkt fürs Finale, der Zweite und Dritte ziehen direkt ins Halbfinale ein. Kördels junger Vereinskamerad Fabian Wolf surfte als Zweiter der Hauptrunde direkt ins Semifinale der neu olympischen Windsurfer. Sebastian Kördel muss sich zuvor im Viertelfinale mit den Konkurrenten auf den Plätzen vier bis zehn messen, um ins Halbfinale einzuziehen.
Im 470er-Mixed haben sich Deutschlands beste Duos für ein packendes Medaillenrennen in Position gebracht. Als Spitzenreiter ziehen Theres Dahnke/Matti Cipra (Plauer Wassersportverein) vor den Titelverteidigern Malte und Anastasiya Winkel (Schweriner Yacht-Club/NRV) und Simon Diesch/Anna Markfort (Württembergischer Yacht-Club/Verein Seglerhaus am Wannsee) ins doppelt gewertete Medaillenrennen ein. Die ersten drei Crews trennen nur zwei Punkte. Die viertplatzierten Weltmeister Luise Wanser/Philipp Autenrieth (NRV/Bayerischer Yacht-Club) haben trotz zuletzt guter Aufholjagd keine Siegchance mehr.
Auch die olympischen Bronzemedaillen-Gewinner Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer können die Kieler Woche nicht mehr gewinnen. Die Kieler Katamaran-Könner liegen in ihrem mit nur zwölf olympischen Foilern schwach besetzten Feld vor dem Finale auf Platz drei und können maximal noch auf den zweiten Platz vorrücken. Die KYC-Crew Kohlhoff/Stuhlemmer haderte in ihrem “Wohnzimmer” mit den leichten Winden, die bei dieser Kieler Woche auch die Nervenstärke der besten Nacra-17-Crews prüften.
Im 49er greifen Fabian Rieger und Tom Heinrich (Verein Seglerhaus am Wannsee/Kieler Yacht-Club) im Finale von Platz vier aus an, können im doppelt gewerteten Medaillenrennen am Mittwoch im besten Fall noch auf Platz zwei vorrücken. Für das Duo markiert die Leistung einen guten Erfolg. 2018 war Fabian Rieger, damals noch unter seinem Namen Fabian Graf, als Vorschoter von Tim Fischer zu WM-Bronze im dänischen Aarhus gesegelt. Als Fischer seine Karriere beendete, wechselte Fabian Rieger auf die Position des Steuermanns und startete eine neue Olympia-Kampagne mit Tom Heinrich. Jetzt kommen die 49er-Stürmer immer besser in Fahrt.
Mit einem Wettfahrtsieg im letzten Rennen der Hauptrunde katapultierten sich auch Jakob Meggendorfer und Andreas Spranger in letzter Minute noch ins 49er-Finale, in dem mit Lukas Przybytek/Jacek Piasecki und Dominik Buksak/Szymon Wierzbicki zwei polnische Crews um den Sieg ringen werden.
Das Klassement im 49er FX der olympischen Skiffseglerinnen mutet vor dem Finale ungewöhnlich an, denn als Führende im weiblichen Feld ziehen die jungen Brüder Anton und Johann Sach vom Lübecker Yacht-Club ins Medaillenrennen ein. Auf ihrem Weg in den olympischen 49er segeln die erst 15 und 18 Jahre alten Sprösslinge der Seglerfamilie Sach zunächst das olympische Skiff mit dem kleineren Rigg.
Als Zweite im 49er-FX-Feld nach nur sechs Rennen werden die für die olympische Testregatta in Marseille qualifizierten Marla Bergmann/Hanna Wille bei nur einem Punkt Rückstand auf Anton und Johann Sach am Mittwoch Druck machen, um die 49er-FX-Frauen doch noch an die Spitze zu bringen. Die Crew vom Mühlenberger Segel-Club hat die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 im Visier und dafür alle anderen Verpflichtungen bis zum kommenden Sommer auf Eis gelegt. Vier weitere Crews vom German Sailing Team haben ebenso das Finale erreicht.
Im Ilca 6 qualifizierten sich Julia Büsselberg vom Verein Seglerhaus am Wannsee und Pia Kuhlmann vom Schaumburg-Lippischen Seglerverein als Achte und Zehnte für das Finale der besten zehn Steuerfrauen in der olympischen Einmannjolle. Im Ilca 7 wurde am Dienstagabend bis nach 20.30 Uhr noch gesegelt. Mit Justin Barth vom Berliner Yacht-Club, Lokalmatador Ole Schweckendiek vom Kieler Yacht-Club und Nik Aaron Willim vom Norddeutschen Regatta Verein bestreiten am Mittwoch drei DSV-Steuermänner das Medaillenrennen. Als Dritter und Fünfter haben Barth und Schweckendiek noch Chancen auf einen Podiumsplatz.