Kieler WocheDas Wetter – zuverlässig wechselhaft

YACHT-Redaktion

 · 09.06.2023

Abendflaute auf der Kieler Außenförde. Auch das kann Ende Juni vorkommen
Foto: Sascha Klahn/Kieler Woche
Das berühmte „Kaiserwetter“ war schon immer seltener Gast auf der Kieler Woche. Warum das so ist, erläutert Meteorologe Sebastian Wache

Es ist die letzte vollständige Juniwoche im Jahr, und jeder im Segelsport weiß, was das heißt: wechselhaftes Wetter über Kiel. Doch warum zeigt es sich in dieser Zeit meist so instabil?

Sehr oft baut sich im Frühjahr das erste kräftige Hochdruckgebiet über Mitteleuropa auf. Folgt dem nicht direkt ein weiteres Hoch, wie in den Jahren 2017 und 2019, nimmt der Jetstream – der Höhenwind – für eine gewisse Zeit wieder eine Strömungsrichtung von West nach Ost ein und lenkt atlantische Tiefdruckgebiete nach Nordeuropa. Und auch diese Phase kann sich oft für eine längere Zeit festsetzen.

Ein Tief nach dem anderen jagt somit über Nord- und Ostsee hinweg. Kleine Zwischenhochphasen beruhigen die Wettersituation zwar immer wieder kurzzeitig, doch der Gesamteindruck zur Kieler Woche ist dann meist nasses und windiges Wetter.

Flaute ist eher die Ausnahme

Flaute kommt in dem Fall selten vor. Und sollte sich in dieser Zeit doch mal ein großes Hoch direkt über dem Regattafeld aufbauen und halten, kommt es spätestens am Nachmittag dennoch zu segelbarem Wind. Denn im Juni ist die Differenz zwischen Land- und Wassertemperaturen noch immer groß genug, sodass mit besten Seewindbedingungen zu rechnen ist.

Mit dem wechselhaften Wetter im Juni sind sogar handfeste Gefahren verbunden. Da kann zum einen das Tief so stark sein, dass der Wind Sturmstärke erreicht.

Zum anderen besteht auch ein großes Risiko, wenn Kaltfronten durchziehen, die nach einer warmen sommerlichen Phase kalte Luftmassen und Winddreher mitbringen. Oft gehen mit ihnen stürmische Böen und Gewitter einher. Daher gilt diesen Lagen die größte Aufmerksamkeit. Allerdings kann es auch bei schwachwindigen Lagen in dieser Jahreszeit gefährlich werden. Dann nämlich, wenn kleine Störungen im Windfeld zu sogenannten Konvergenzlinien führen.

Dann treffen Ostsee- und Nordseeluft aufeinander. Durch die Kombination aus Feuchtigkeit, sommerlicher Wärme und dem Zusammenfließen der Luftmassen über Land bilden sich hochreichende Quellwolken mit meist kräftigen Gewitterzellen. Die bewegen sich nur sehr langsam von Ort und Stelle, da kaum Höhenwinde vorhanden sind. Dennoch können sie in Richtung Regattabahn verdriften. So muss bei solchen Situationen alle paar Minuten auf die Zugbahn dieser Gewitterlinien geschaut werden, um die Wettfahrtleitung frühzeitig zu warnen und die Athleten somit vor Ankunft der Zellen von den Bahnen zu holen.

Die Auswertung der letzten 20 Jahre zeigt: Ende Juni stellt sich in über 80 Prozent der Fälle eine Tiefdrucklage über der Kieler Bucht ein”

In den letzten fünf Jahren ist in dieser Zeit allerdings auch öfter ein länger anhaltender Hochdruckeinfluss festzustellen. Durch die Klimaänderung und den damit schwächeren Jetstream halten sich Hochdrucklagen länger. Das typische Kieler-Woche-Wetter könnte sich also nachhaltig ändern, Schwachwindphasen häufiger werden, Regensituationen seltener.

Dennoch liegt Kiel-Schilksee auf einer Breite, in der Tiefdruckgebiete auch weiterhin ihr Zuhause haben werden.

Der Segler und Diplom-Meteorologe Sebastian Wache von der Kieler Firma Wetterwelt ist unter anderem für den NDR und die Kieler Woche tätigDer Segler und Diplom-Meteorologe Sebastian Wache von der Kieler Firma Wetterwelt ist unter anderem für den NDR und die Kieler Woche tätig


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