Tatjana Pokorny
· 12.09.2021
Die 127. Kieler Woche ging am Sonntag mit den letzten Wettfahrten, glücklichen Siegern und großen Hoffnungen für das kommende Jahr zu Ende
Die Kieler Woche 2021 ist Geschichte. „Mutter und Vater aller Regattawochen“, wie der frühere kanadische Weltseglerverbandspräsident Paul Henderson die Kieler Woche einmal nannte, bleibt auch im zweiten Jahr ihrer Corona-bedingten Verschiebung in den September eine der weltgrößten und vielseitigsten Segelsportwochen. Mit 2931 Aktiven aus 23 Nationen und 912 Wasserfahrzeugen konnte Deutschlands älteste Regattaserie über neun Tage zwar noch nicht ganz wieder an alte Glanzzeiten mit mehr als 4000 Teilnehmern anknüpfen, doch der Besucherzuspruch erinnerte an den Wochenenden schon wieder an die Zeit vor der Pandemie. Sportchef Dirk Ramhorst schaut entsprechend optimistisch in die Zukunft: „Es war eine Kieler Woche der Extreme mit Bedingungen von null Wind bis hin zum perfekten Kieler Kaiserwetter, von den modernen neuolympischen iQFoil-Surfern und den Wazps über stark besetzte Jugendklassen bis hin zur 99. Weltmeisterschaft in der traditionsreichen Starbootklasse – diese Vielfalt macht die Kieler Woche aus.“
Zur 128. Kieler Woche 2022 erwartet Ramhorst das Comeback der Olympia-Segler, die in diesem olympischen Jahr nur mit drei von zehn Disziplinen vor Kiel aufkreuzten. „Wir gehen ab sofort mit der Planungsannahme des Stammtermins im Juni 2022 in die Vorbereitungen. Wir gehen davon aus, die olympischen Klassen im kommenden Jahr komplett zurückzuhaben.“ Dafür benötige die Kieler Woche, so Ramhorst, den klassischen „Bestandsschutz“ durch den Weltseglerverband World Sailing, der den deutschen Segelgipfel im Juni traditionell von anderen großen Regatten freihalte. Weil es im Sommer 2022 nur noch zwei Jahre bis zu den Olympischen Spielen 2024 sind, rechnet man in Deutschlands Segelhauptstadt damit, dass die Olympiasegler aufgrund anstehender Qualifikationen wieder vermehrt Kurs auf die Kieler Woche nehmen.
In Abwesenheit der meisten Medaillengewinner von Japan und der Top-Teams des German-Sailing-Teams konnten in diesem Jahr andere deutsche Teilnehmer glänzen: Der Berliner Frithjof Kleen gewann mit seinem italienischen Steuermann Diego Negri die 99. Starboot-Weltmeisterschaft. Bei der Premiere der iQ-Foiler konnte sich der in Hamburg und Tarifa lebende und trainierende deutsche Top-Favorit Sebastian Kördel durchsetzen. Der Surfprofi vom Norddeutschen Regatta Verein sagte: „Es war ein wichtiges Zeichen, dass wir jetzt schon vor Kiel dabei waren. Die packenden Videos vom Auftakt dürften einen positiven Eindruck hinterlassen haben.“ Bei den iQFoil-Surferinnen siegte seine Vereinskameradin Lena Erdil nach verhaltenem Auftakt und starkem Endspurt doch noch deutlich vor ihrer Club-Gefährtin Theresa Steinlein. Zu allen Kieler-Woche-Ergebnissen 2021 geht es hier (bitte anklicken!). Im olympischen Ilca 6 (ehemals Laser Radial) fehlten die Olympia-Besten. Die Polin Agata Barwinska gewann souverän. Beste deutsche Starterin war in der Endabrechnung nach elf Wettfahrten Julia Büsselberg (VSaW) als Zehnte. Die Nacra-17-Bronzemedaillengewinner von Japan, Paul Kohlhoff und Alica Stuhlemmer, segelten mit Vater Paul Kohlhoff und dem zweimaligen 49er-Olympiateilnehmer Marcus Baur im großen Feld von 39 J 70-Teams auf einen beachtlichen fünften Platz. Hier siegte der Hamburger Claas Lehmann vom Norddeutschen Regatta Verein mit seinem Team auf „Helga“. In der J 24 setzte sich Fabian Damms Quintett von der Segler-Vereinigung Altona-Oevelgönne auf „Hungriger Wolf“ durch. Im Laser Radial der Männer verteidigte Ole Schweckendiek vom Kieler Yacht-Club seinen Titel. Ein besonderer Coup gelang den Brüdern Anton und Johann Sach: 40 Jahre nach dem ersten Kieler-Woche-Sieg ihres Vaters Christian Sach, der 1981 mit seinem Bruder Helge im 420er gewann und später Karriere auf zwei Rümpfen machte, blieb der Nachwuchs auch im Finale nervenstark und gewann den 29er Euro Cup mit 83 Booten aus acht Nationen vor der schwedischen und norwegischen Konkurrenz. Bemerkenswert: Steuermann Anton Sach ist erst 13 Jahre alt.
Star der 127. Kieler Woche war Weltumsegler Boris Herrmann, der mit seinem Team Malizia am Welcome Race teilgenommen hatte und im Olympiazentrum Kiel-Schilksee das Segel- und Meeresschutzprogramm seiner Kampagne zeigte. „Es war ein schönes Heimspiel vor Kiel“, sagte der 40-Jährige, der zur Halbzeit von einer Lebensmittelvergiftung ausgebremst wurde, aber am finalen Kieler-Woche-Sonntag bestgelaunt eine letzte Autogrammstunde gab. Ausnahmesegler Wolfgang Hunger aus Strande konnte seinen Kieler-Woche-Fabelrekord mit Vorschoter Holger Jess (Eckernförde) in der 505er-Gleitjolle auf 24 Siege hochschrauben und peilt für 2022 den 25. Jubiläumserfolg an.