Youth America’s CupHarte Cup-Schule für Team Germany – Schweden dominieren Segel-Rodeo

Tatjana Pokorny

 · 21.09.2024

Das Youth AC Team Germany vor Barcelona
Foto: Sailing Energy/AC Team Germany
Vor Barcelona wurde in satten fünf Rennen actiongeladener Segelsport beim Youth America’s Cup serviert. In der Qualifikationsgruppe B nutzten die schwedischen Top-Favoriten den rasanten Tag in Winden bis 17 Knoten und starkem Seegang für eine Gala. Das AC Team Germany zahlte viel Lehrgeld, wurde zusätzlich erneut unverschuldet von technischen Foil-Problemen geplagt. Das Motto für Sonntag: Angriff!

Dieser Samstag in Barcelona zählte zu den bislang spektakulärsten, den es seit Beginn des America’s-Cup-Programms im August zu sehen gab. Gefordert waren auf der spätsommerlichen Weltbühne des Segelsports die sechs Jugend-Teams der eingeladenen Mannschaften im Youth America’s Cup.

Ohne Direktverbindung zu einem der aktuellen America’s-Cup-Teams, hatten sich diese sechs Teams sehr unterschiedlich auf die Prüfung mit den AC40-Foilern vorbereiten können. Die Schweden hatten dank Partner Artemis Technologies und weiterer Förderer sogar einen eigenen Mini-Cupper zum Training. Andere Youth-Teams hatten zumindest kurzzeitig einen AC40er chartern können.

Dem holländischen und dem deutschen Cup-Nachwuchs war das bei knappen Budegts nicht möglich. Sie konnten die reale AC40-Erfahrung nach intensivem Simulator-Training erst in Barcelona sammeln. Diese Unterschiede machen sich nun in den Rennen deutlich bemerkbar. Zwar hatten sowohl das Jajo Team Dutchsail als auch das AC Team Germany an den bislang beiden Renntagen mit technischen Probelmen ihrer Foiler zu kämpfen, die sie nicht selbst zu verantworten haben und die – nach wiederholtem Auftreten – eigentlich behoben sein sollten.

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Zwischen Aufholjagd und zickigem Foil

Doch auch abseits der Foil-Problematik zahlt vor allem das AC Team Germany viel Lehrgeld. Bei den im Vergleich zum flauen Vortag stark veränderten Wind- und Wellenbedingungen fiel es dem deutschen Quartett ohne die größere Routine anderer Crews am Samstag nicht leicht, sich schnell neu einzustellen.

„Wir haben zu lange gebraucht, um unsere richtigen Settings zu finden. Da hatten wir in den ersten Rennen echt Probleme“, erklärte Paul Farien die beiden sechsten Plätze in den ersten beiden der insgesamt fünf Rennen am Samstag. Der Kieler ist neben Skipperin Maru Scheel einer der beiden Steuerleute im deutschen Boot. Ihre Trimmer sind Tom Heinrich und Jesse Lindstädt.

Nach den Tiefschlägen war aber deutlich zu erkennen, dass es für Schwarz-Rot-Gold bergauf ging. Paul Farien sagte: „Es wurde dann zunehmend besser und besser. Wir hatten gute Momente, dann aber auch wieder das Problem mit dem Foil, das wir jetzt schon seit drei Tagen haben.“ Schon am Vortag war das Backbord-Foil des 40-Fuß-Flitzers bei gut getimter Annäherung des Youth AC Team Germany an die Linie kurz vor dem Start aus dem Nichts plötzlich hochgekommen.

„Das ist immer noch nicht richtig behoben und natürlich Nervkram. Wir schauen, ob wir da noch einen Redress bekommen können.“ Mit drei vierten Rängen in Folge zeigte das AC Team Germany aber auch, dass es sich solide steigern kann.

Dramatische Sturzflüge und Spill-Outs

Mit Erfahrung und ohne diese Probleme, lieferten sich die Top-Teams der Qualifikationsgruppe an ihrem zweiten Renntag teilweise spektakuläre Positionskämpfe. Mitunter ging es auf dem America’s-Cup-Kurs zu wie beim Rodeo: Die AC40er bockten und fielen vor allem in den an diesem Tag sehr fordernden Manövern mitunter höchst ruppig von den Foils. Oder fuhren Stecker wie das australische Team, bei denen es aussah, als würde sich der Foiler gleich in ein U-Boot verwandeln müssen.

Dramatische Sturzflüge, Spill-Outs und steil abhebende oder ausbrechende Boote prägten das Geschehen in den vielen Rennen am Samstag. Es gab in den Fleetraces viele Positionswechsel, spannende Aufholjagden – und meisterlich agierende Schweden, denen man in den forschen Bedingungen zu jeder Zeit ihre Erfahrung anmerkte.

Das junge, gut ausgebildete schwedische Team der Swedish Challenge powered by Artemis Technologies bildete mit den Co-Piloten Oscar Engström und Ludvig Linquist eine Klasse für sich. Mit vier Rennsiegen bei fünf Starts zelebrierten die Skandinavier ihren Einsatz und dürften damit auch die Nachwuchs-Mannschaften der Cup-Teams beeindruckt haben, denen sie mit diesem Leistungsvermögen im Halbfinale trotz deren Einbettung in Cup-Mutterteams einiges entgegenzusetzen haben dürften.

Australier machen den Schweden Druck

Das schwedische Team hat lange in seinem Trainingszentrum in Belfast in Nordirland, trainiert, bevor es nach Spanien kam und sich gemeinsam mit den amerikanischen und britischen Jugend- und Frauenteams in Badalona eine Trainingsbasis aufbaute Die Swedish Challenge zeigte Teamwork, Kommunikation und Technik auf höchstem Niveau.

Druck machen konnte den Schweden vor allem das Andoo Team Australia mit den Co-Piloten Cole Tapper und Jack Ferguson. Auch ihr Team bewies taktisches Renngeschick, gewann Rennen 2 zum Auftakt des Tages und nagte immer wieder am Heck der danach von Sieg zu Sieg eilenden Schweden. Es waren vor allem Manöver-Fehler in den Halsen, die Australiens Cup-Nachwuchs eine noch bessere Position als Platz zwei nach sechs Rennen kostete.

„Wir sind gut und schnell unterwegs. Das macht viel Spaß. Aber man hat sicher gesehen, dass wir mit den Halsen so einige Probleme hatten. Da müssen wir die Abstimmung noch verbessern“, sagte Cole Tapper vor dem Sonntags-Showdown für Pool B in der Qualifikationsrunde im Youth America’s Cup.

“Super Sunday” bis zum Halbfinal-Cut

Das Zwischenklassement in Qualifikationsgruppe B nach sechs von acht Rennen bis zum Halbfinal-Cut:

  1. Swedish Challenge Youth Team powered by Artemis Technologies (SWE), 52 Punkte
  2. Andoo Team Australia Youth Team (AUS), 32 Punkte
  3. Sail Team Barcelona Youth (ESP); 28 Punkte
  4. Jajo Team Dutchsail Youth (NED), 23 Punkte
  5. Concord Pacific Racing Youth Team (CAN), 21 Punkte
  6. Youth AC Team Germany (GER), 14 Punkte

Nach den zunächst angesetzten beiden Nachholrennen der Qualifikationsgruppe B mit dem AC Team Germany, werden am Sonntag (22. September) die ausstehenden vier Rennen der Qualifikationsgruppe A ausgetragen. Geht das Programm gut über die Bühne, stehen danach die jeweils drei besten Teams der Sechser-Qualifikationsgruppen fest. Sie ziehen ins Halbfinale ein und bilden eine neue Sechsergruppe.

Die beiden Top-Teams nach vier Rennen bestreiten das finale Match um den Sieg. Bislang haben sich dafür in Gruppe A das Youth-Team von Luna Rossa Prada Pirelli um Top-Akteur Marco Gradoni und in Gruppe B die Schweden empfohlen. Ob sich dieser Trend bestätigt oder andere aufstrebende Youth-Teams noch für Überraschungen sorgen können, wird das Sonntagsgeschehen vor Barcelona zeigen. Die Rennen werden via America’s-Cup-Homepage oder bei YouTube live übertragen.

RODEO-SEGELN im Youth America’s Cup mit der Qualifikationsgruppe B – die Live-Übertragung im Replay:

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