Tatjana Pokorny
· 24.09.2024
Zu mehr als dem sechsten und letzten Platz hat es für das AC Team Germany beim Youth America’s Cup in der Qualifikationsrunde nicht gereicht. Dabei gab es aber starke Momente. Der Aufwärtstrend an den nur drei Renntagen war zu sehen – und vor Ort in Barcelona auch zu spüren.
In einer ersten Zwischenbilanz der deutschen Mannschaft hieß es auch deshalb: “Unsere sportlichen Ergebnisse sind nicht enttäuschend, sondern bewegen sich absolut im erwarteten Rahmen. Wir haben von Anfang an betont, dass dieser Weg ein langer Lernprozess und ein Start für die Zukunft sein wird. Besonders erfreulich ist, dass das gesamte Team eine extrem hohe Lernkurve durchlaufen hat.”
Dass beim 3. Youth America’s Cup junge Mannschaften wie die Schweden im anspruchsvollen Powerplay mit den AC40-Cuppern dominierten, konnte nicht verwundern. Die Skandinavier operieren mit einem geschätzten Budget inklusive Service- und Sachleistungen, das jenseits von zehn Millionen Euro liegen soll. Sicher ist, dass die Skandinavier einen eigenen AC40-Foiler haben, der alleine rund 2,8 Millionen Euro kostet und mit dem sie viele Wochen in Spanien trainieren konnten.
Dazu kommt intensive Schützenhilfe von Artemis Technologies in vielen Bereichen. So konnte das Team sich im Artemis-Hightech-Simulator in Belfast auf den Youth America’s Cup vorbereiten.
Das deutsche Team hatte dank einer vorausschauenden wie beherzten Privatinitiative des zweimaligen Kieler Olympiateilnehmers, Trainers und Starboot-Vordenkers Marc Pickel auch einen eigenen Simulator, an dem die Seglerinnen und Segler seit Ende 2023 intensiv trainiert haben. Einen AC40-Foiler aber hatte das AC Team Germany bei knappem Gesamtbudeget von rund 300.000 Euro vor dem kurzen Training für den Youth America’s Cup und dem dreitägigen Regattaeinsatz nie betreten.
Vom Budget mussten die insgesamt rund 125.000 Euro teuren Meldegelder und auch wenigstens teilweise die Simulator-Anschaffungskosten beglichen werden. Mit Sparflammen-Budget, aber entflammten Herzen, viel Engagement sowie familiärer und Fan-Hilfe vor Ort, war das AC Team Germany zum Doppel-Einsatz in Barcelona aufgekreuzt.
Teil eins – der Youth America’s Cup – ist jetzt Geschichte. Im Team-Statement heißt es dazu: “Ein besonderes Highlight ist der enorme Teamgeist innerhalb der Mannschaft. Sowohl das Youth- als auch das Women’s Team haben eng und intensiv zusammengearbeitet. Diese enge Kooperation auf und abseits des Wassers hat das gesamte Projekt vorangebracht und stärkt unsere Struktur für die kommenden Herausforderungen.”
Noch ist nicht klar, wer für dieses Team auf Kurs America’s-Cup-Comeback künftig den Hut aufhaben wird und wie genau es weitergehen kann. Im Zentrum künftiger Aktivitäten soll aber die Foiling Academy in Kiel stehen. Das AC Team Germany hält nach dem Youth America’s Cup fest: “Alles, was wir hier gelernt haben, fließt nun in die Vorbereitung für den Puig Women’s America’s Cup (WAC) sowie unsere langfristig ausgerichtete AC Kampagne ein. Durch eine saubere Dokumentation aller Rennen, Analysen und Learnings sind wir bestens gerüstet für die kommenden Aufgaben.”
Das Scheinwerferlicht richtet das AC Team Germany auch auf Marus Scheel, die im Youth America’s Cup die Skiperrolle übernommen hatte. In der Team-Zwischenbilanz heißt es: “Besonders Maru hat sich in den letzten Wochen als Schlüsselspielerin für das WAC-Team herauskristallisiert, dank ihrer vielen Stunden auf dem AC40. Ihre Erfahrungen werden von unschätzbarem Wert für den nächsten Abschnitt sein.”
Der nächste Abschnitt ist der Puig Women’s America’s Cup ab 5. Oktober und eine damit verknüpfte spannende Frage: Wird auch die Frauen-Crew des AC Team Germany der bislang nicht vorhandenen AC40-Erfahrung so starken Tribut zollen wie das YOuth-Team, oder kann Maru Scheel das Team mit ihrem nun intensiv erworbenen Wissen beflügeln. Auch die anderen deutschen Seglerinnen haben den Youth-Einsatz eng begleitet und dabei viel gelernt.
In den Startblöcken sitzen neben Maru Scheel vom Kieler Yacht-Club als weitere Pilotinnen zwei erfahrene 49erFX-Steuerfrauen: Mit Tina Lutz (Chiemsee Yacht Club) ist es die olympische Silbermedaillengewinnerin von Enoshima. Mit Victoria Jurczok (Verein Seglerhaus am Wannsee) die Olympia-Neunte von Rio de Janeiro. In ihren Fähigkeiten und Stärken teilweise komplementär aufgestellt, werden sich die beiden Top-Seglerinnen voraussichtlich – wie Paul Farien und Julian Hoffmann im Youth-Team – als Steuerfrauen an der Seite von Maru Scheel abwechseln.
Tina Lutz glänzte im Training mit den im AC40-Segeln so wichtigen Kommunikationsfähigkeiten, Victoria Jurczok ließ ein besonders gutes Bootsgefühl erkennen. Im 49erFX einst Rivalinnen in Kämpfen um Olympiafahrkarten, arbeiten die Frauen im AC Team Germany nach monatelanger Simulator-Intensivausbildung und vielen weiteren Trainingsmaßnahmen Seite an Seite für dasselbe Ziel, ziehen im gut funktionierenden Team einträchtig an einem Strang.
Als Trimmerinnen werden voraussichtlich Team Captain Carolina Werner (Kieler Yacht-Club), frühere Nacra-17-Vorschoterin von Paul Kohlhoff und Olympiastarterin in Rio de Janeiro 2016, und 470er-Weltmeisterin Luise Wanser vom Norddeutschen Regatta Verein, zum Einsatz kommen. 49er-Vorschoterin Jill Palland (Norddeutscher Regatta Verein) macht den sechsköpfigen Crew-Kern in Barcelona komplett.
Als Trainer war für das deutsche Team im Unicredit Youth America’s Cup vorab und in Barcelona der ehemalige Top-49er-Vorschoter Max Boehme im Einsatz. Das deutsche Frauen-Team für den Puig Women’s America’s Cup wird von der extrem erfahrenen mehrfachen Weltumseglerin und Olympiaseglerin Annie Lush betreut. “Sie macht das großartig, versteht uns gut. Wir sind ein starkes Team mit ihr”, sagt Carolina Werner.