Women’s America’s CupMit historischem Sieg in eine Mixed-Zukunft?

Tatjana Pokorny

 · 13.10.2024

EInes der ersten Siegerbilder nach dem Finale um den Women's America's Cup: Jubel im Team Luna Rossa Prada Pirelli
Foto: Ricardo Pinto/America's Cup
Italien muss sich um seinen America’s-Cup-Nachwuchs nicht sorgen: Erst siegte das Luna Rossa Prada Pirelli Team um Überflieger Marco Gradoni im Youth America’s Cup. Jetzt zogen die italienischen Frauen beim historisch ersten Women’s America’s Cup nach. Was die Premiere bewegen kann…

Im Seniorenteam von Luna Rossa Prada Pirelli ist der Generationswechsel nach dem Aus im Finale der Herausforderer-Runde zum America’s Cup bereits vollzogen. Steuermann Jimmy Spithill hat nach seinem achten Einsatz in Folge das Ende seiner aktiven Cup-Karriere erklärt. Die Youngster in Team – Marco Gradoni, Ruggero Tita und weitere – haben bereits erste Trainingseinsätze mit „Luna Rossa“ auf dem Barcelona-Kurs absolviert.

Women’s America’s Cup: Italien siegt

Doch werden künftig auch Seglerinnen eine Chance haben, auf die großen Cup-Foiler umzusteigen? An Potenzial mangelt es beispielsweise im leistungsorientierten italienischen Team nicht. Nach dem Sieg der Azzurri um Jungstar Marco Gradoni im Unicredit Youth America’s Cup zogen die Frauen vom Luna Rossa Prada Pirelli Team nach. Giulia Conti, Maria Giubilei und ihre Mannschaft zeigten im Finale des historischen ersten Women’s America’s Cup, aus welchem Holz sie geschnitzt sind.

Im K.o.-Duell um den symbolträchtigen Sieg bei der Premiere in der Barcelona-Arena setzten sich die Italienerinnen gegen das britische Team Athena Pathway um Doppel-Olympiasiegerin Hannah Mills durch. Es war das erwartete Duell der beiden top-favorisierten Teams. Beide Lager der furiosen Frauen fieberten mit, wollten diesen Erfolg nur zu gerne aufs Teamkonto überweisen.

Kurz wackelten die Italienerinnen in der Vorstartphase, tauchten etwas zu spät in die Startbox ein. Da hatten Hannah Mills und ihr Team zwei Möglichkeiten: angreifen oder weghalsen. Sie entschieden sich für die zweite Möglichkeit und setzten auf ihren in vorherigen Rennen gezeigten Geschwindigkeitsvorteil. Doch es waren dann Giulia Conti und die Italienerinnen, die sich beim Start ein paar wertvolle Meter Vorsprung erkämpfen konnten.

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Bereits mit dem Erreichen der linken Kursbegrenzung übernahmen Conti & Co. die Kontrolle des Rennens – und gaben sie trotz aller Attacken der Britinnen über insgesamt sechs Kursabschnitte nicht mehr ab. Die dreimalige olympische Medaillengewinnerin Hannah Mills, ihre Co-Pilotin Tash Bryant und die Trimmerinnen Saskia Clark und Hannah Diamond gestalteten das Rennen extrem eng, kämpften bis zuletzt, kamen aber nicht mehr vorbei.

Das sind fantastische Seglerinnen, unglaubliche Leute, ich liebe sie so sehr. Ich glaube, dieser Sieg ist der Stärke unseres Teams zu verdanken. Der Zusammenhalt ist einmalig.” Giulia Conti

Giulia Conti, Co-Steuerfrau Margherita Porro und die Trimmerinnen Maria Giubilei und Giulia Fava feierten ihren Sieg mit flammenden Herzen überschwenglich. Sogar im internationalen Pressezentrum in Barcelona brandete unter den vielen italienischen Journalisten Beifall auf, als die Azzurri mit 19 Sekunden Vorsprung vor Athena Pathway über die Ziellinie ging.

Zwei Cup-Pokale für die Zukunft

Draußen auf dem America’s-Cup-Kurs sprang auch Marco Gradoni aufs Boot der Frauen und feierte ihren Triumph mit. Zuvor war es im Youth America’s Cup genau anders herum gewesen: die Seglerinnen hatten die Männer angefeuert. Im Lager von Luna Rossa Prada Pirelli hatte zuvor nicht nur Teamchef Max Sirena inständig gehofft, dass auch die Frauen würden siegen können.

Es herrschte bei allem Teamgeist durchaus auch Rivalität zwischen den beiden Mannschaften, wer denn nun die bessere Crew im Rennstall sei. Darüber muss nach Siegen in beiden Events nicht mehr diskutiert werden. Stattdessen wurde gemeinsam gefeiert.

Trimmerin Maria Giubilei, olympisch im Nacra 17 zuhause, sagte: „Ich hoffe, das hier wird Menschen inspirieren, ihren Träumen zu folgen und das Leben zu leben, das sie führen wollen.“ Auf die Frage, ob sie daran glaube, dass in Zukunft auch Seglerinnen auf den großen Cup-Foilern vom Typ AC75 zum Einsatz kommen werden, sagte Maria Giubilei: „Ich hoffe das! Ich glaube, das wäre eine gute Sache. Insbesondere, weil ich irgendwann selbst sehr gerne auf ‚Luna Rossa‘ sein möchte.“

Ich denke, es wäre an einem Punkt gut, wenn es da nicht nur eine Regatta für uns gäbe, sondern wir mit den anderen Seglern gemeinsam antreten.“ Maria Giubilei

Englands Segelstar Hannah Mills räumte ihre Enttäuschung über das verlorene Finale offen ein. Sie zog dennoch positiv und strahlend Bilanz: „Wenn man das große Bild betrachtet, dann haben Ben (Redaktion: Ineos Britannias CEO, SKipper udn Steuermann Ben Ainslie) und ich dieses Programm Athena Pathway ins Leben gerufen haben, um vor allem junge Mädchen zu inspirieren, die den Segelsport kennenlernen möchten. Oder solche, die den Segelsport einmal ausprobieren wollen. Wir wollen ihnen zeigen, dass es da sehr viel mehr Möglichkeiten gibt: sei es auf dem Wasser, bei Regatten, oder in Rollen an Land.“

Wann wird man Seglerinnen auf “A-Booten” sehen?

Die 36-jährige britische Profisportlerin, die als Strategin auch im SailGP im Einsatz ist, war sicher: „Unsere Ziele haben wir mit dem, was wir hier geschaffen haben, wirklich erreicht. Das ist für mich das Wichtigste. Ich bin so stolz auf jeden in dieser Mannschaft und auf das gesamte Team, das uns geholfen hat, das zu erreichen.“

Die Diskussionen und Gespräche darüber, wann es tatsächlich so weit sein könnte, dass Frauen auf den “A-Booten” im America’s Cup zum Einsatz kommen, die dauern indessen an. Bleiben es in naher Zukunft die AC75-Foiler (worüber die künftigen Cup-Sieger bestimmen), wären die vier Piloten- und Trimmer-Positionen tatsächlich genderneutral besetzbar, weil hier keine Kraftnachteile zu befürchten sind.

Noch aber haben die meisten Frauen ein anderes Defizit aufzuholen: Vielen fehlt die Erfahrung, die im Erfahrungssport Segeln ein so wichtiger Faktor ist. Der Mangel ist den bisland geringeren EInsatzchancen und möglicherweise auch der geringeren Anzahl an Frauen geschuldet, die einen solchen Gipfelsturm ins Visier genommen haben.

Der Women’s America’s Cup hat hier einen interessanten und relevanten Beitrag auf Kurs Zukunft geleistet. Ein anderer könnte sein, Seglerinnen in Zukunft mehr Chancen zum Vergleich mit männlichen Cup-Neueinsteigern zu geben. Auch ein 49er-Olympiasieger wie Dylan Fletcher kam ohne vorherige Cup-Erfahrung ins Team von Sir Ben Ainslie, verdrängte den bis dahin gesetzten Co-Steuermann Giles Scott und steht nun im 37. Match um den America’s Cup.

Martine Grael macht den Anfang im SailGP

Warum sollte das nicht auch einer herausragenden Seglerin über schieres Leistungsvermögen gelingen, wenn sie die Chance dazu bekommt? Im SailGP hat mit dem Startschuss zur fünften Saison der immer noch jungen Weltliga die brasilianische 49erFX-Steuerfrau Martine Grael jetzt die Chance.

Die 33-Jährige aus Rio de Janeiro steuert ab der ersten Regatta am 23. und 24. November in Dubai den F50-Katamarn für das neue brasilianische Team. Der Olympiasiegerin und Weltumseglerin trauen Experten einen gelungenen Aufstieg zu. Fachleute sind sich einig: Man muss ihr nur – wie auch den männlichen Neueinsteigern à la Erik Heil und dem Germany SailGP Team – genügend Zeit geben, zu lernen. Die Chance dazu kommt jetzt.

Der Rückblick aufs Finalduell um den America’s Cup:

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