Tatjana Pokorny
· 29.03.2022
In einem Blitzgespräch mit einer kleinen Gruppe internationaler Medien gab Grant Dalton heute Auskunft zur Entscheidung für Barcelona. YACHT online war dabei
Nachdem die spanische Politik bereits vorgeprescht war und stolz ihre Rolle als gastgebende Stadt für den 37. America's Cup bekanntgegeben hatte, zogen heute die Inhaber der Austragungsrechte nach: Das Emirates Team New Zealand und die Royal New Zealand Yacht Squadron bestätigten die Wahl der spanischen Olympia-Metropole Barcelona als Austragungsort für die kommende Edition im Super-Sportjahr 2024. Weil zu Hause in Auckland die Veranstaltungsfinanzierung nicht gesichert werden konnte, bringen die Kiwis die Silberkanne nun nach Übersee. Damit kommt der America's Cup nach zwei Editionen in den Jahren 2007 und 2010 in Valencia zum dritten Mal in seiner Geschichte nach Spanien. In einem Blitzgespräch sprach Kiwi-Boss Grant Dalton kurz nach der Bekanntgabe heute im kleinen Kreis über den Auswahlprozess, Barcelonas Vorzüge und die Chancen der Cup-Verteidigung fernab der neuseeländischen Heimat. YACHT online war dabei – hier einige Auszüge:
Grant, warum Barcelona, warum kehrt der Cup nicht nach Valencia zurück, wo er 2007 und 2010 zweimal ausgetragen wurde?
"Valencia war eher eine kleinere, nicht so bekannte Stadt – zumindest aus Kiwi-Sicht. Barcelona ist eine der Top-Städte der Welt. Sicher eine der Top-Städte in Europa und einfach eine Traumdestination auf jedermanns Reisezielliste. Es ist ein brillanter Ort zum Segeln. Barcelonas Tourismusbehörde ist vertraglich und finanziell involviert. Der Empfang, den wir dort hatten, war überwältigend. Ich glaube, dass Barcelona mit Valencia gar nicht zu vergleichen ist. Barcelona ist auch das Revier, wo Neuseeländer mit vier Medaillen ihre erfolgreichste olympische Regatta hatten. Und es wird jetzt der einzige Ort weltweit werden, der Olympische Spiele und den America's Cup ausgetragen hat. Das hat bei unseren Überlegungen eine Rolle gespielt. Sicher sind wir auch ein bisschen von Barcelonas Romantik beeinflusst. Warum? Weil es Barcelona ist! Ich erinnere mich – wie ihr sicher auch – an Freddie Mercury. Und natürlich an den brennenden Pfeil über die Ränge hinweg in den nächtlichen Himmel und durch die olympischen Ringe, der dann das olympische Feuer entzündet hat. Das sind zumindest aus angelsächsischer Perspektive die unvergesslichsten Spiele der modernen Ära gewesen. Natürlich haben auch diese Gedanken eine Rolle gespielt."
Barcelonas Hafen ist bereit?
"Es ist perfekt, nahezu wie für den America's Cup gemacht. Wenn zum Beispiel Alinghi nach einem neuen Zuhause sucht, können sie morgen anfangen zu bauen. In Valencia musste damals sehr viel neue Infrastruktur geschaffen werden. Ein weiteres Kriterium ist, dass der America's Cup Fans braucht. Das Wasser ist 100 Meter vom Strand entfernt 100 Meter tief. Wir können also dem Ufer sehr nahe kommen. Das war bei Dschidda übrigens auch der Fall. Dort ist es 80 Meter vom Strand 300 Meter tief…"
Gibt es keine Sorgen vor zu leichten Mittelmeerwinden?
"Wir sind ja alle an die Bedingungen im frühen Sommer von Valencia gewöhnt. Wir werden aber eher in Richtung Herbst laufen, denn da sind noch die Olympischen Spiele mittendrin. Wir mussten uns auf die eine oder andere Seite bewegen. Das gibt allen mehr Zeit zur Vorbereitung, es gibt den Teams und der Stadt mehr Raum. Die Windbedingungen werden mit fortschreitender Zeit im Jahr besser. Richtig ist aber auch, dass unsere Boote nicht sehr viel Wind und sicher keine Wellen brauchen. Die Windbedingungen waren übrigens bei keinem der letzten vier Bewerber demotivierend. Sie haben alle die Kriterien erfüllt."
Sind zusätzlich zu den bereits akzeptierten Herausforderern weitere neue in Sicht?
"Ja, das sieht so aus. Einem sind wir nahe. Aber es ist an ihnen, das selbst bekanntzugeben. Die meisten werden sie kennen. Andere neben diesem einen sind mir nicht bekannt. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen."
Gibt es schon Feeedback von den Herausforderern zur Wahl von Barcelona?
Obwohl das Protokoll keine direkte Beteiligung des 'Challenger of Record' an dieser Entscheidung vorsieht, stehen wir in sehr engem Kontakt mit Ben Ainslie und Jim Ratcliffe von Ineos Britannia. Unsere Beziehung ist felsenfest. Während wir gerade hier sitzen, erreicht mich eine WhatsApp-Nachricht von Jim. Er schreibt: 'Brillante Wahl, Grant! Gut gemacht!' Die Beziehung zu Jim und dem Team ist stark, und wir beabsichtigen, dass es so bleibt. Letztes Mal war es ein absolutes Desaster (Red.: gemeint ist die Zusammenarbeit der neuseeländischen Verteidiger mit dem italienischen Team Luna Rossa Prada Pirelli Team als "Challenger of Record" im 36. America's Cup)."
Werden die Verlierer im Kampf um die Austragungsrechte mit einer Kompensation in Form vor Vorrennen der Weltserie rechnen können?
"Es ist noch zu früh für Details, aber sicher werden wir das für die Weltserie bedenken. ich würde sie wirklich gern nach Dschidda bringen. Das ist die Zukunft. Dort sind 67 Prozent der Bevölkerung unter 34 Jahre alt. Segeln ist eine der fünf Säulensportarten. Wir haben dafür absolute Unterstützung vom Weltseglerverband World Sailing. Und auch nach Malaga. Es wäre toll, und es ist ja (Red.: von Barcelona aus) nur die Straße runter. Aber heute gehört der Tag Barcelona. Solche Gespräche beginnen ab morgen."
Verliert Team New Zealand mit der Verteidigung vor Barcelona seinen Heimvorteil?
"Ich bin inzwischen davon überzeugt, dass es ein totaler Nachteil ist, wenn man als Team zu Hause bleibt. Warum ich so etwas sage? Ich glaube, dass ein Heimspiel die Selbstzufriedenheit befeuert. Da wird auch schnell die familiäre Geburtstagsfeier wichtiger als die aktuelle Arbeit am Foil-Design. Und das Team verliert seinen Fokus. Da werden die Klischees zu Klassikern. Wir sind nicht am besten als Verteidiger, wir sind am besten als Herausforderer, im Angriffsmodus. Wir werden fernab der Heimat viel messerschärfer sein. Natürlich ist es für die Fans viel schöner, wenn wir zu Hause segeln. Aber nicht fürs Team als siegreiche Maschine."
Was können Sie dann für die neuseeländischen Fans tun?
"Natürlich wollen wir ihnen die Türen weit aufmachen, Reisepakete schnüren. Da sind wir auch mit allen in Barcelona einig. Wir erwarten Tausende neuseeländische Fans in Barcelona. Die Anschuldigungen, dass wir nichts für unsere Fans tun, sind absolut falsch. Wir kümmerrn uns um sie. Lasst es mich so formulieren: Würden die Kiwis uns lieber zu Hause dabei zusehen, wie wir verprügelt werden, oder im Fernsehen dabei zusehen oder sogar herkommen und sehen, dass wir hoffentlich eine Chance zur erfolgreichen Verteidigung haben? Ich kann es einfach nicht in meinem Schädel kriegen, wie irgendjemand denken kann, dass man lieber zum Verlieren daheim bleiben sollte."
Hier geht es zu einem ersten Trailer, der Barcelona als neuen Austragungsort für den America's Cup vorstellt (bitte anklicken!).