Tatjana Pokorny
· 16.06.2021
Die Kiwis haben nun offiziell bekanntgegeben, dass sie bei der Verteidigung der wichtigsten Trophäe des Segelsports auf ihren Heimvorteil verzichten könnten
Neuseelands America's-Cup-Gewinner könnten fremdgehen: Das Emirates Team New Zealand erwägt die Preisgabe seines Heimvorteils und prüft eine Cup-Verteidigung in Übersee-Gewässern. Zurvor war in der 170-jährigen Cup-Geschichte nur das Schweizer Team Alinghi diesen Weg gegangen. Die Eidgenossen mussten 2007 auf den in der Stiftungsurkunde von 1852 festgelegten Heimvorteil verzichten, weil sie als von Land umgebene Nation nicht über ein geeignetes Austragungsrevier mit Meerzugang verfügen. Der 32. America's Cup fand in Valencia statt.
Die nun öffentlich gewordene Bereitschaft der Kiwis für eine Cup-Verteidigung außerhalb der Heimatreviere waren dreimonatige Verhandlungen mit ihrer neuseeländischen Regierung vorangegangen. Die hatte rund 80 Millionen Euro in den 36. America's Cup investiert, den die "Men in Black" gewinnen konnten.. Zusätzlich hatte die Stadt Auckland etwa 65 Millionen Euro in die Infrastruktur gesteckt. Aus Politik und Wirtschaft war zu hören, dass sich die Investitionen trotz Pandemie und ohne viele internationale Besucher gelohnt habe. Für die Verteidigung im 37. America's Cup konnte zwischen Politik und Sport bislang jedoch keine Einigung über das zukünftige finanzielle Engagement staatlicher Stellen erzielt werden.
Premierministerin Jacinda Ardern sagte der Tageszeitung "New Zealand Herald" in einem Telefon-Interview: "Wir wollen, dass der America’s Cup hier (Red.: in Neuseeland) stattfindet und haben unser Bestes getan. Aber es hat auch Grenzen, was wir tun können. Wir müssen daran denken, dass es sich um Steuergelder handelt, die zum Wohl der Neuseeländer eingesetzt werden müssen. Und da gibt es einen Punkt, an dem man nicht mehr rechtfertigen kann, wie viel reinfließt. Wir haben versucht zu entscheiden, wo diese Linie ist.“ Neuseelands Teamchef Grant Dalton sagte: "Wenn Resourcen einen Event in Auckland möglich machen, bleiben wir dafür offen. Aber wir müssen andere Möglichkeiten erkunden, um eine weitere erfolgreiche Verteidigung formieren zu können." Aaron Young, Kommodore des verteidigenden Clubs Royal New Zealand Yacht Squadron, ging noch einen Schritt weiter und sagte: "Es wäre eine beispiellose Leistung, den America's Cup dreimal in Folge zu gewinnen. Den Cup nach Übersee zu tragen könnte uns die beste Chance bieten, genau das zu tun."
Über den möglichen Übersee-Austragungsort für den 37. America's Cup kursieren schon seit dem 17. März Gerüchte: Die Kiwis hatten direkt nach ihrem triumphalen Sieg eine erste Herausforderung des britischen Teams um den viermaligen Olympiasieger Sir Ben Ainslie angenommen. Damit lösten die Briten die Italiener als sogenannter "Challenger of Record" ab und sind aktuell der Verhandlungspartner der neuseeländischen Verteidiger auf Herausfordererseite. Hinter dem britischen Rennstall steht mit Sir Jim Ratcliffe einer der vermögendsten Briten. Der Gründer des Chemiekonzerns Ineos könnte sogar ein exklusives Cup-Duell zwischen Neuseeland und England in britischen Gewässern finanzieren. Das Mutterland des America's Cup, wo die erste Cup-Regatta 1851 stattfand, konnte die Trophäe bislang nie gewinnen.