America’s CupAngezählt – American Magic und Alinghi Red Bull Racing vor Halbfinal-Aus

Tatjana Pokorny

 · 15.09.2024

Für Ineos Britannia waren die Sonntags-Duelle im Louis-Vuitton-Cup-Halbfinale schön wie ein Regenbogen
Foto: Ricardo Pinto/America's Cup
In den Halbfinalbegegnungen liegen beim Louis Vuitton Cup vor Barcelona zwei glatte Favoriten-Durchmärsche in der Luft. Zwar geht es im einen Duell wesentlich knapper zu als im anderen. Unter dem Strich aber steht es in beiden Partien nach jeweils vier Rennen 4:0. Schon am Montag können die Entscheidungen über den Einzug ins Herausforderer-Finale zum 37. America’s Cup fallen. Für den Youth America’s Cup hat das AC Team Germany seine Skipperin gewählt.

Eine Leistungs- und Entwicklungsbestätigung für die einen, jeweils zwei weitere Dämpfer für die anderen: Die Halbfinalbegegnungen im Louis Vuitton Cup der Herausforderer zum 37. America’s Cup blieben auch am zweiten Tag einseitige Angelegenheiten. Den Ausschlag für jeweils zwei weitere Siege der Favoriten gaben – in unterschiedlicher Gewichtung – die größere Erfahrung der Akteure, das bessere Bootshandling und die schnelleren Boote.

Zwei-Sekunden-Sieg für “Luna Rossa”

Nur zwei Sekunden Differenz im Ziel markierten im vierten Halbfinal-Duell zwischen Luna Rossa Prada Pirelli und NYYC American am Sonntagnachmittag vor Barcelona das bislang engste Rennen im Louis Vuitton Cup. Das vor allem in seiner zweiten Halbzeit hochspannende Match zeigte, dass die Amerikaner den Azzurri durchaus Paroli bieten können.

Dass es trotzdem nach zwei Renntagen und vier Läufen 4:0 für Italien steht, ist auch dem Steuermannswechsel geschuldet, der auf „Patriot“ nach dem Unfall von Co-Pilot Paul Goodison notwendig wurde. Paul Goodison hatte sich bei einem Sturz an Bord mehrere Rippen gebrochen. Für ihn kam der argentinische Steuermann Lucas Calabrese ins America’s-Cup-Spiel. Der 470er-Bronzemedaillengewinner der Olympischen Spiele 2012 absolviert seit seinem “Kaltstart” die steilste Lernkurve aller Cup-Akteure.

Bewertung

„Er lernt sehr schnell. Aber am Trainingstag hatten wir keinen Wind. Es ist sehr hart…“, sagte Tom Slingsby nach Rennen drei. Da war den Amerikanern bei der ersten Rundung der Leetormarke ihr Boot mit zu viel Ventilation am Foil kurz entglitten. Der Fehler kostete mehr als 150 Meter, brachte „Patriot“ zu stark ins Hintertreffen. Dass der amerikanische Foiler es durchaus mit den Italienern aufnehmen könnte, zeigte die Crew trotz einer weiteren Niederlage in der heiß umkämpften zweiten Begegnung.

Luna Rossa ist zurück.“ Francesco Bruni

Für Luna Rossa Prada Pirelli dagegen war es ein Gala-Tag, wie Steuermann Francesco Bruni schon nach dem ersten Rennen feststellte: „„Wir hatten einen perfekten Start. Jimmy hat einen großartigen Job gemacht und das Boot genau dort positioniert, wo wir es haben wollten. Das Boot war sehr schnell, dank der unglaublichen Arbeit der Landmannschaft und der Crew an Bord, angefangen bei den Radfahrern, die extrem hart gearbeitet haben“, sagte Steuermann Francesco Bruni.

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So eng es in dem einen Duell zuging, so stark waren die Unterschiede in der zweiten Halbfinalbegegnung zu sehen. Skipper Sir Ben Ainslie, sein Co-Pilot Dylan Fletcher-Scott und ihre Crew deklassierten das Schweizer Team Alinghi Red Bull Racing mit souveränen Vorstarts, abgeklärten Aktionen auch in sehr engen Situationen, dem schnelleren Boot und zwei deutlichen Siegen. “Kaiserlich” nannten die TV-Kommentatoren die Vorstellung mehrfach. Die Vorsprünge der Briten betrugen 2:20 Minuten im ersten und 48 Sekunden im zweiten Lauf.

Alinghi Red Bull Racing mit dem Rücken zur Wand

Alinghi Red Bull Racing hat bislang keine Antworten auf die Stärken der Briten gefunden, die an diesem Tag mit Geschwindigkeiten von bis zu mehr als 50 Knoten unterwegs waren. Dazu kam es im ersten der beiden Sonntagsduelle im Vorstart beinahe zu einer Kollision. Die Crew auf dem Schweizer „BoatOne“ hatte eine Wende nicht ganz sauber ausgeführt und war von den Foils gefallen, kam aber bald wieder hoch.

„Britannias“ Crew nutzte die Schwäche zum Angriff mit Wegerecht. Als es zum Kollisionskurs kam, wich Ineos Britannia mit einer Blitzhalse souverän aus. „In einem Moment dachten wir, dass wir gleich zu Alinghi an Bord gehen. Glücklicherweise konnten wir die Boote auseinanderhalten“, sagte der viermalige Olympiasieger, Skipper und Steuermann Ben Ainslie nach dem Rennen.

Ben Anslie ist ein ziemlich scharfer Matchracer. Für unsere Jungs ist es schwer, 20 Jahre Erfahrung in kurzer Zeit einzustampfen.” Brad Butterworth

Die Briten protestieren in der dramatischen Situation, doch ihrer Forderung wurde nicht stattgegeben. Ihren Job hatten sie trotzdem erfolgreich erledigt. Das Schweizer “BoatOne” kenterte beinahe und fiel wieder von den Foils. Danach ging „Britannia“ ohne Gegenwehr auf den Kurs und hatte schon an der ersten Marke einen Vorsprung von 1600 Metern, der weiter anwuchs. Man hätte dem Schweizer „Bullen“ Flügel gewünscht, um dieses Match ausgeglichener gestalten zu können. Doch auch am Sonntag gelang das nicht.

Um ehrlich zu sein: Die Briten haben zuletzt unantastbar gewirkt. Wir wissen, dass wir nicht morgen das Rad neu erfinden werden. Wir müssen einfach nur tun, was wir können – mit dem, was wir haben.” Arnaud Psarofaghis

Nun stehen sowohl NYYC American Magic als auch Alinghi Red Bull Racing vor der Halbfinal-Fortsetzung am Montag mit dem Rücken zu Wand. Beide müssen vier Matchpunkte ihrer überragend agierenden Gegner abwehren, wollen sie das Blatt noch zu ihren Gunsten wenden. Die Übertragung vom Renntag wird im America’s-Cup-Kanal bei YouTube hier gezeigt. Sie beginnt wie üblich um 14.10 Uhr.

AC Team Germany in den Startblöcken

Während sich in Port Vell die Cup-Giganten für den dritten Halbfinaltag am Montag rüsten, laufen in Barcelona im rund 15 Autominuten entfernt liegenden Olympia-Hafen die Vorbereitungen auf den Youth America’s Cup auf Hochtouren. Die dritte Auflage das Nachwuchswettbewerbs auf AC40-Foilern beginnt am 17. September.

Für das in Barcelona versammelte AC Team Germany mit einem Jugend- und einem Frauen-Team für den Puig Women’s America’s Cup, waren es an diesem Sonntag noch drei Tage bis zu den ersten eigenen Qualifikationsrennen im Youth America’s Cup. Mit den sechs „eingeladenen“ Teams in Pool B steigt das deutsche Team am 18. September ins Geschehen ein. Zuvor ist zum Auftakt des Youth America’s Cup Pool A der Jugend-Mannschaften mit Mutterteams im aktuellen 37. America’s Cup gefordert.

Beide Pools bestreiten jeweils zwei Qualifikationstage à vier Fleetraces auf den AC40-Foilern. Nach insgesamt acht Rennen für jedes Team erfolgt der Cut. Die jeweils drei besten Teams aus Pool A und Pool B erreichen die Finalserie der Top-Sechs ab 22. September. Nach vier weiteren Fleetraces bestreiten die beiden besten Mannschaften ein Matchrace-Duell um den Sieg im Youth America’s Cup.

Maru Scheel zur Skipperin für Youth-Team gewählt

Für die Herausforderung hat das AC Team Germany inzwischen die Kieler 49erFX-Steuerfrau Maru Scheel zur Skipperin gewählt. Sie bildet mit Paul Farien das Piloten-Duo auf dem Mini-Cupper, der von stationären Vierer-Crews gesegelt wird. Dazu kommen die beiden Trimmer Tom Heinrich und Jesse Lindstedt. In zwei Trainingsrennen konnte das deutsche Quartett mit den Rängen zwei und vier bemerkenswerte Ergebnisse einfahren.

Wir haben eine Chance.” Lukas Hesse

Das AC Team Germany war als eines von nur zwei Teams ohne vorherige AC40-Erfahrung nach Barcelona gereist. Inzwischen haben Skipperin Maru Scheel und ihre Crew einige Trainingseinheiten absolviert und gesehen, dass sich einiges ihrer intensiven Arbeit im Simulator in Kiel umsetzen lässt. “Die Top-Drei in der Qualifikationsrunde sind machbar. Auch die betreuenden Alinghi-Teammitglieder haben uns bestätigt, dass wir einen guten Job machen”, sagte Lukas Hesse, Chief Team Operations im AC Team Germany.


Die Replays der Halbfinal-Duelle im Louis Vuitton Cup

Louis Vuitton Cup, Halbfinale, Rennen 3, Luna Rossa Prada Pirelli vs. NYYC American Magic:

Louis Vuitton Cup, Halbfinale, Rennen 3, Ineos Britannia – Alinghi Red Bull Racing:

Louis Vuitton Cup, Halbfinale, Rennen 4, Luna Rossa Prada Pirelli vs. NYYC American Magic:

Louis Vuitton Cup, Halbfinale, Rennen 4, Ineos Britannia – Alinghi Red Bull Racing:

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