America’s Cup“Wie mit einem Ferrari auf Eis” – rasende Foiler am Limit

Max Gasser

 · 26.09.2024

Schenken sich bisher nichts: "Luna Rossa" (l.) und "Britannia" (r.)
Foto: Ricardo Pinto/America's Cup
Winde am und über dem America’s-Cup-Limit, kavitierende Foils, Steuerleute unter Hochdruck und Radfahrer an ihren Grenzen: Dieser Auftakt zum Louis-Vuitton-Cup-Finale war unvergleichlich spektakulär

“Wie mit einem Ferrari auf Eis” – so beschrieb Luna-Rossa-Steuermann Jimmy Spithill das Segeln in den heutigen Bedingungen vor Barcelona. Mehr als einmal wurde an diesem ersten Renntag der Finalrunde beim Louis Vuitton Cup die Windobergrenze von 21 Knoten überschritten. Mit Höchstgeschwindigkeiten von über 52 Knoten in anspruchsvollem Wellengang gab es für die Zuschauer eine spektakuläre Show. Die Boote und ihre Crews agierten am Limit.

“Es ist eine unglaubliche Herausforderung. Man muss wirklich sehr konzentriert sein, um das Boot in Fahrt zu halten. Es ist ein echtes Biest”, sagte Ben Ainslie zurück an Land. Hatte sein Team zu Beginn der Herausforderer-Serie vor allem mit Winden an der unteren Grenze zu kämpfen, kam es heute zumindest in der ersten Wettfahrt auch mit den Bedingungen am oberen Ende nicht zurecht.

“Luna Rossa” souverän, “Britannia” chancenlos

Schon am Start war ein großer Teil des Rennens entschieden, als Jimmy Spithill den italienischen AC75 mit deutlichem Vorsprung und in Luv des britischen Bootes über die Startlinie brachte und “Britannia” so zu einer frühen Wende zwang.

Der Vorsprung wurde im gesamten Rennen nur noch größer. Die Briten schienen insbesondere in den Manövern außerordentlich behäbig, verloren jedes Mal wertvolle Meter und konnten aus den Abwinden der Italiener nie wirklich ausbrechen. Im Ziel bedeutete das einen Rückstand von 46 Sekunden auf “Luna Rossa”, deren Crew ein souveränes Rennen segelte, obwohl auch ihrem Boliden die rauen Bedingungen anzumerken waren.

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Start-Ziel-Sieg: Briten im zweiten Rennen wie ausgewechselt

Im zweiten Rennen zeigten die Briten dann ein vollkommen verändertes Bild. Nämlich jenes, das man sich vom außergewöhnlichen Design mit dem markanten Bustle an der Unterseite des Rumpfes erwartet hatte: Hohe Geschwindigkeiten vereint mit hoher Kontrolle in den anspruchsvollsten Bedingungen. Während Ainslie die Verbesserung lediglich einer Steigerung der seglerischen Leistung zuschreibt, liegt es nahe, dass auch das Technik-Team die Zeit zwischen den Rennen für einige Anpassungen genutzt hat.

Der Grundstein für den Sieg wurde wie so oft bei Rennen im America’s Cup allerdings erneut direkt am Start gelegt, den die Briten diesmal für sich entscheiden konnten. Insbesondere die zweite Wende auf der ersten Kreuz saß daraufhin zudem perfekt und ließ Luna Rossa Prada Pirelli keine andere Wahl, als umgehend wegzuwenden. Von dort an dominierte Ben Ainslies Team das Geschehen, nutzte einige Winddreher für sich und konnte den Vorsprung weiter ausbauen. Schlussendlich durchquerte “Britannia” die Ziellinie 18 Sekunden vor “Luna Rossa”.

America’s Cupper kämpfen mit Kavitation und Welle

“Ich denke, wenn beide Boote in Führung lagen, haben sie das Rennen gut kontrolliert, und in solchen Situationen ist es immer etwas schwierig für das Boot dahinter” bestätigt der erfolgreichste Olympiasegler der Sportgeschichte. Man sei den gesamten Tag am Limit gesegelt, jedes Foil habe kavitiert. Trainingszeit bei ähnlichen Bedingungen habe es zudem bisher kaum gegeben. “Hin und wieder wird einem bewusst, wo man ist und was man tut, und man genießt es für eine Nanosekunde, aber dann muss man sich ziemlich schnell wieder auf das konzentrieren, was man tut.”

Das 1:1 Unentschieden nach dem ersten Renntag bestätigt die allgemeine Erwartung an dieses Duell und weckt Vorfreude auf die weiteren Wettfahrten. Morgen sieht der Zeitplan jedoch zunächst einen freien Tag vor, bevor es am Samstag ab 14 Uhr wieder für zwei weitere Rennen auf den Kurs geht. Beide Teams möchten die Zeit nutzen, mögliche Modifikationen durchzuführen und sich auf die Bedingungen am Wochenende einzustellen. Die Teams erwarten nach aktueller Vorhersage dann wiederum das andere Extrem. Winde am unteren Limit werden den Cuppern und ihren Seglern auf dem Weg ins America’s Cup Match ab dem 12. Oktober gegen die Verteidiger vom Emirates Team New Zealand alles abverlangen.


Die beiden Rennen des Tages im Video-Replay:

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