America’s CupShowdown vor Barcelona – Vorteil Schweiz, letzte Chance für Frankreich

Tatjana Pokorny

 · 07.09.2024

"Britannia" erwies sich in frischeren Winden als neue Macht im Kreis der Top-Herausforderer
Foto: Ian Roman/America's Cup
Der Kampf der fünf Herausforderer im Louis Vuitton Cup um vier Halbfinalplätze geht über die volle Distanz. Auch am Abend des siebten Renntages ist noch offen, ob Alinghi Red Bull Racing der Sprung ins Halbfinale gelingt oder der französische “Orient Express” am Sonntag noch gleichziehen und ein Entscheidungsmatch erzwingen kann.

Fünf Matches haben die fünf Herausforderer und Neuseelands America’s-Cup-Verteidiger am vorletzten Tag der Round-Robin-Phase im Louis Vuitton Cup ausgefochten. In der spannenden Schlussphase der doppelten Round-Robin-Runde haben sich die America’s-Cup-Verteidiger aus Neuseeland einmal mehr stark präsentiert, gewannen ihr einziges Rennen des Tages gegen Alinghi Red Bull Racing.

Zuvor schon hatte Sir Ben Ainslies Team Ineos Britannia gegen die Schweizer überzeugen können, die an diesem Samstag gleich zwei Niederlagen kassierten. Damit müssen die Eidgenossen weiter um den immer noch gefährdeten Halbfinaleinzug kämpfen. Eine Position, mit der sie vor Beginn der Herausforderer-Runde zum 37. America’s Cup nicht gerechnet hatten.

Alinghi Red Bull Racing in der Selbstanalyse

“Wir haben sicher sehr intensiv an der Performance-Analyse gearbeitet, warum wir nicht immer so performen, wie wir erwartet haben. Das gilt insbesondere mit Blick auf unsere Leistungen im Training und in Übungsrennen. Das ist ein Element, das wir uns ansehen. Das andere ist die gesamte Interaktion zwischen Seglern, dem Boot, den Segeln. Wir müssen sicherstellen, immer das beste Setup zu haben, die beste Konfiguration. Und darauf achten, das Beste herauszuholen”, sagte Silvio Arrivabene Yacht online in Barcelona.

Bewertung

Dazu wies Alinghi Red Bull Racings Co-Generalmanager auf anstehende Verbesserungen hin: “Während du dich vorwärts bewegst, hat du Verbesseungen oder Upgrades nach Plan. Das ist normal. Das Erreichen des Halbfinals wird uns Upgrades bringen, die sehr gut für uns sein werden.”

Dass die beiden Mastbrüche, die Alinghi Red Bull Racing im Vorfeld des Louis Vuitton Cup wegzustecken hatte, sich auf das Leistungsvermögen von “BoatOne” ausgewirkt haben, sieht Silvia Arrivabene nicht: “Das haben sie ganz und gar nicht. Es waren eher unglückliche Umstände, insbesondere beim zweiten Mal. Es war ohnehin ein Ersatzrigg da. Wir haben einfach die nächste Seite aufgeschlagen und sind am nächsten Tag wieder segeln gegangen.”

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“America’s-Cup-Überlebensduell” am Super-Sonntag

Die meisten Augen waren am Samstag auf dem Rennkurs vor Barcelona auf das “America’s-Cup-Überlebensduell” gerichtet, wie es nicht nur Doppel-Olympiasiegerin und TV-Kommentatorin Shirley Robertson nannte: Alinghi Red Bull Racing und das Orient Express Racing Team kämpfen am letzten Sonntag der doppelten Round-Robin-Runde im Louis Vuitton Cup um den vierten Halbfinalplatz und gegen das frühzeitige Ausscheiden.

Der Vorteil lag am Samstagabend weiter bei den Schweizern. Schweizer und Franzosen haben sich in Hin- und Rückrunde der Round-Robin-Phase gegenseitig jeweils einmal geschlagen. Alinghi Red Bull Racing (2 Punkte) hat aber mit dem Sieg über NYYC American Magic am 5. September einen Punkt mehr erringen können als Frankreichs “Orient Express” (1 Punkt).

Beide Mannschaften verloren am Samstag ihre Duelle gegen die anderen Herausforderer: Alinghi Red Bull Racing unterlag Ineos Britannia. Die Franzosen mussten sich in ihrem besten Rennen bislang NYYC American Magic nach beherztem und bis ins Ziel nie aufgegebenen Kampf 14 Sekunden Rückstand geschlagen geben. “Patriot”-Steuermann Toms Slingsby beschrieb die schwierigen Bedingungen, die bei dem Kampfduell auf dem Kurs herrschten: “Es war heute ein harter Tag da draußen. Über einen Meter hohe Wellen machen es jedem foilenden Boot schwer. Noch schwieriger ist es, wenn die Wellen nicht in die gleiche Richtung gehen wie der Wind.”

Es ist alles da und nur die Frage, wie schnell die Franzosen das Potenzial nutzen können.” Tom Slingsby

Dazu hatten die Amerikaner noch mit Seegras am Foil zu kämpfen. Zur gemischten US-Tagesbilanz mit einer Niederlage gegen “Luna Rossa” und dem Sieg über Frankreich sagte Slingby: “Bei unserer Niederlage gegen ‘Luna Rossa’ haben wir wirklich gut gesegelt, sie einfach ein bisschen sauberer. Beim Sieg über die Franzosen ging es ziemlich auf und ab. Sie haben uns unter Druck gesetzt. Und jeder weiß: Je länger dieser Wettbewerb dauert: Die Franzosen kommen! Wir wissen schnell sie sind, wie schnell ihr Boot ist. Man sieht es ja auch bei den Kiwis (Red.: der französische “Orient Express” entstand mit einem von Neuseeland gekauften Design-Paket, bevor das Boot weiterentickelt wurde).”

Das Duell: Wer bleibt, wer muss gehen?

Das so beschriebene Orient Express Racing Team bekommt es am Sonntag mit Ineos Britannia zu tun. Die Schweizer treffen in ihrem letzten Herausforderer-Match der Round-Robin-Phase auf das Luna Rossa Prada Pirelli Team. Die America’s-Cup-Welt hält gespannt den Atem an, wie das Fernduell zwischen Alinghi Red Bull Racing und dem Orient Express Racing Team um den vierten Halbfinalplatz wohl ausgehen wird.

Wir hoffen einfach, dass es noch nicht zu spät ist.” Quentin Delapierre

“Wir müssen segeln, wir wir es kennen und können: Sauber starten, gut racen und hoffentlich gegen ‘Luna Rossa’ einen Punkt gewinnen. Und wenn das nicht gelingt, dann werden wir für den Tee-Breaker bereit sein”, gab Silvio Arrivabene die Marschroute für Alinghi Red Bull Racing vor. Für Frankreich sagte Steuermann Quentin Delapierre: “Ich glaube wirklich, dass das Rennen heute unser Bestes war. Wir haben keine unnötigen oder großen Fehler gemacht. Das ist sehr ermutigend. Hoffentlich wird morgen ein großartiger Tag für uns sein, an dem wir die Briten hart pushen können.”

Die Szenarien: Gewinnen Schweizer und Franzosen am Sonntag beide ihre Rennen, zieht Alinghi Red Bull Racing ins Louis-Vuitton-Cup-Halbfinale ein. Siegen nur die Schweizer, gehört ihnen der letzte Halbfinalplatz ohnehin. Alleine ein französischer Sieg bei Niederlage der Schweizer könnte noch für den Gleichstand der beiden bislang schwächsten Teams in der Herausforderer-Wertung sorgen. In dem Fall gäbe es ein Stechen zwischen den beiden Rennställen.

Das möglicherweise notwenige K.o.-Duell zwischen Alinghi Red Bull Racing und dem Orient Express Racing Team muss laut Reglement bis Mittwoch (11. September), 19 Uhr gesegelt sein. Aktuelle Pläne in Barcelona sahen aber für dieses Szenario das Entscheidungs-Match noch für Sonntag im Anschluss an die ausstehenden Round-Robin-Matches vor.

Stechen auch um den Sieg?

Ebefalls nicht ausgeschlossen ist, dass es auch im Kampf um den Sieg in der Herausforderer-Wertung (ohne die Ergebnisse aus Duellen mit den neuseeländischen Cup-Verteigern) zum Stechen kommt. Ineos Britannia (5 Punkte) könnte im Falles eines Sonntagssieges über den “Orient Express” und bei Niederlage von “Luna Rossa” (6 Siege) noch zu den Italienern aufschließen. Weil mit dem Sieg in der Herausforderer-Wertung des Recht verbunden ist, sich den Gegner fürs Louis-Vuitton-Cup-Halbfinale zu wählen, müsste bei Gleichstand auch der Sieger der Herausforderer-Wertung der Round-Robin-Phase im Tie-Break-Duell ermittelt werden.

Erfolgreichstes Team am Samstag waren fraglos die Briten. Ineos Britannia agierte mit seinen Co-Pilotem Sir Ben Aisnlie und Dylan Fletcher-Scott schon im ersten Match des Tages gegen Alinghi Red Bull Racing plötzlich aufregend schnell, kraftvoll und fehlerlos. Dabei hatte der Renntag für das Ainslie-Team holprig begonnen. Die Briten mussten mit technischen Problemen ihren 15-Minuten-Joker auf den Tisch legen. Jede Mannschaft darf das in der Round-Robin-Runde einmal tun.

Kaum war das Rennen dann eröffnet, ließen die Briten jedoch die Muskeln spielen. Bei ihrer dominanten Gala gegen die Schweizer erreichten sie die Ziellinie mit mehr als 900 Metern und 53 Sekunden Vorsprung vor Alinghi Red Bull Racing.

Einen großen Skalp wie diesen zu nehmen, ist ein massiver Erfolg für unser gesamtes Team auf dem Wasser und an Land.” Sir Ben Ainslie

Doch das reichte der hungrigen Crew auf der sich in den frischeren Winden offensichtlich sehr wohlfühlenden “Britannia” noch nicht. Im fünften und letzten Duell des Tages brachten sie der bis dahin nur von den Cup-Verteidigern geschlagenen “Luna Rossa” ihre erste Niederlage in einem Herausforderer-Duell bei. “Luna Rossas” Crew zollte den Briten dafür einigen Respekt. Co-Pilot Jimmy Spithill sagte: “Die Briten sind stark gesegelt. Das hier ist die stärkste Herausforderer-Gruppe, die es je gab. Und das ist es, was wir wollen: hartes Racing.”

Einen Tag vor Ende der Round-Robin-Phase und der Entscheidung über die Besetzung der vier Halbfinalplätze in der Herausforderer-Serie zum 37. America’s Cup war dies der Zwischenstand in der Wertung ohne die neuseeländischen Cup-Verteidiger:

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Für den Finaltag der Round-Robin-Phase sind diese drei Duelle ab 14.10 Uhr angesetzt:

  • Orient Express Racing Team vs. Ineos Britannia
  • Luna Rossa Prada Pirelli Team vs. Alinghi Red Bull Racing
  • Emirates Team New Zealand vs. NYYC American Magic

Zu den möglichen Renn-Szenarien und Stechen am Super-Sonntag kamen in Barcelona am Samstagabend noch Wetterbedenken. Es könnte erneut zu Gewittern kommen. In dem Fall droht eine Versciebung des Showdowns auf Montag (9. September). Das Regatta-Management hat für Sonntagvormittag ein Briefing angekümdigt, in dem die möglicherweise zu aktualisierenden Pläne vorgestellt werden sollen.

Die fünf Duelle am siebten Renntag im Louis Vuitton Cup im Replay

Louis Vuitton Cup, Renntag 7, Match 22 – NYYC American Magic vs Luna Rossa Prada Pirelli:

Louis Vuitton Cup, Renntag 7, Match 23 – Ineos Britannia vs. Alinghi Red Bull Racing:

Louis Vuitton Cup, Renntag 7, Match 26 – NYYC American Magic vs. Orient Express Racing:

Louis Vuitton Cup, Renntag 7, Match 27 – Emirates Team New Zealand – Alinghi Red Bull Racing:

Louis Vuitton Cup, Renntag 7, Match 25 – Luna Rossa Prada Pirelli vs. Ineos Britannia:

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