America's CupSchümann mit Psycho-Sieg

Carsten Kemmling

 · 14.11.2002

America's Cup: Schümann mit Psycho-SiegFoto: C. Borlenghi SEA&SEE

Alinghis Sieg stand auf des Messers Schneide. Es lief nicht alles rund beim Favoriten. Die Analyse der Rennen

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Foto: C. Borlenghi SEA&SEE

Alingi - Prada: Schon der Dial up gelingt Russell Coutts, der mit seinem Boot zunächst Wegerecht hat, nicht sehr gut. Er ist zu schnell und stoppt das Schiff nicht optimal ab, um in die klassische Blockadeposition schräg nach hinten versetzt auf die rechte Seite des Gegners zu gelangen.

Anstatt zu wenden, passiert er vor dem Bug von Prada nach links in Richtung Todeszone. Ein unkonventionelles Manöver. Der Meister des Match-Race streut immer wieder solche unerwarteten Schachzüge ein. Auch wenn sie für den Start kaum mehr bringen als eine kurzzeitige Verunsicherung des Gegners. Coutts versucht, sich nicht ausrechenbar zu machen und einen psychologischen Vorteil zu gewinnen. Vielleicht lag es daran, dass Coutts Mitte des Vorstarts Prada fast zu einem weiteren Dial up hätte zwingen können, wodurch den Italienern der Weg zum Start hätte versperrt werden können. Prada-Startsteuermann Rod Davies aber entwischt knapp und legt einen sauberen Start in Lee hin. Der Wind ist weit links und gibt den Italienern einen Vorsprung von 15 Metern. Sie können aber nicht wenden. Etwa drei Minuten verändert sich nichts an dem Abstand der beiden Boote, dann gibt Alinghi in Luv Gas und holt sich die Führung. 29 Sekunden sind es an der Luvtonne. Wie in den vorherigen Rennen gesehen, holt Prada fortan unter Spinnaker immer wieder auf, kommt aber nicht vorbei.

Dann die letzte Kreuz. Die Alinghi-Crew verpatzt das Spi-Bergemanöver und und muss sich Beschimpfungen vom Skipper anhören, weil er nicht wenden kann. Er muss Prada mutterseelenallein nach rechts fahren lassen. Prompt kommt der Rechtsdreher um 20 Grad, und die Italiener sind 30 Meter in Führung. Aber nach einem 10-Grad-Linksdreher kommen die Schweizer wieder zurück und können Prada mit Wind von Steuerbord angreifen. Eigentlich eine schlechte Position, weil sie von den Italienern an einer Wende zur Tonne gehindert werden. Aber es scheint, als hätte Designer Rolf Vrolijk ein Gaspedal eingebaut, das in brenzligen Situationen durchgetreten werden kann. Alinghi zeigt plötzlich einen Speed-Vorteil wie im ganzen Rennen nicht, fährt in Lee raus und wendet vor Francesco de Angelis. Das Rennen ist gelaufen. Auch wenn die Italiener den Vorsprung unter Spi noch einmal auf acht Sekunden verkürzen - vorbei kommen sie nicht.

Fazit: Die Zielabstände zwischen den beiden Gegnern sind die engsten aller Matches, und doch wird man das Gefühl nicht los, dass Alinghi sein Potenzial nur zeigt, wenn es nötig ist. Das sehen die Italiener wohl genauso. So darf man ihren Rückzug aus dem Viertelfinale verstehen. Wenn sie den America?s Cup gewinnen wollen, müssen sie wahrscheinlich diese Schweizer schlagen, und dafür benötigen sie mehr Speed an der Kreuz.

OneWorld - Oracle BMW: Nach einer aggressiven Vorstartphase mit Vorteilen für Oracle BMW startet das Boot von Ellison auf der begünstigten linken Startseite und liegt nach einer Wende eine Bootslänge vor OneWorld, das sofort nach rechts gefahren ist. Das Rennen scheint früh entschieden. Aber als der Wind 20 Grad nach rechts dreht, ist OneWorld plötzlich vorbei und baut den Vorsprung auf 80 Meter aus.

An der Luvtonne ist Oracle BMW allerdings wieder bis auf acht Sekunden heran und zeigt dann eine erstaunliche Geschwindigkeit unter Spi. Bisher lagen auf diesem Kurs die Vorteile eher bei OneWorld. Aber Oracle BWM stellt mit Wind von Steuerbord eine Leeüberlappung beim Gegner her und drückt ihn nach rechts an der Leetonne vorbei. Danach lässt Chris Dickson am Steuer des Ellison-Bootes nichts mehr anbrennen.

Fazit: Ein enges Match mit allen Chancen für OneWorld. Aber Oracle BMW ist den entscheidenden Tick besser.

Le Defi Areva - Victory Challenge:
Philippe Presti verzichtet auf den Dial up und reagiert damit vielleicht auf die Crewschwächen bei den letzten beiden Begegnungen. Da war es dem Team nicht gelungen, das Boot lange und sicher im Wind zu halten. Danach ist der Vorstart unspektakulär, weil beide Teams laut Bordfunk die jeweils andere Seite der Startlinie bevorzugen. Presti startet rechts, und Magnus Holmberg, der für Jesper Bank am Steuer steht (feiert mit seinem Sohn Geburtstag), verwertet den ersten Linksdreher zu einer Zehn-Meter-Führung.

Nach einem Rechts-Kipper des Windes können die Franzosen die Schweden zwar noch einmal zu einer Wende nach links zwingen, aber dann dreht der Wind 20 Grad nach links. Das ist die Entscheidung für Victory. Danach hat das Team von Tim Kröger keine Chance mehr.

Fazit: Die Franzosen verkaufen sich gut, sind aber dennoch durch Speed-Nachteil chancenlos.

Team Dennis Conner - GBR Challenge: Nach dem Dial up stehen beide Teams fast drei Minuten lang im Wind, bis Ken Read sich auf der rechten Seite nicht mehr halten kann. Dennoch ist die Zeit für die Engländer knapp, noch genügend Anlauf zur Linie zu nehmen, und so starten sie in Luv fast eine Bootslänge hinter den Gegnern.

Nach dem ersten Linksdreher wendet Ken Read in die Deckungsposition, danach haben die Engländer keine Chance mehr. Das Conner-Boot zeigt eine deutlich verbesserte Geschwindigkeit.

Fazit: Ein frustrierendes Rennen für die Briten. Es sieht nicht so aus, als könnten sie noch einmal zurückschlagen.