Schon lange wird der America’s Cup als Formel 1 des Segelsports bezeichnet. So richtig nahegekommen ist der bekannteste Segel-Wettbewerb der Hightech-Schlacht auf vier Rädern aber erst jetzt in Barcelona. Das gilt optisch wie inhaltlich. Und nicht nur, weil mehrere Formel-1-Teams in die Entwicklung der Boote involviert waren. Die futuristischen Foiler flogen über den Kurs wie Hybride aus Formel-1-Boliden und Raumgleitern.
Dabei hat ein America’s Cup die Fangemeinde selten so gespalten, wie diese 37. Edition: Für die einen war es das packende Segelsportvergnügen einer neuen Zeit, für andere dem Bekannten zu weit entrückt, weil man kaum mehr Sportler segeln sah. Die achtköpfigen Crews waren – gespiegelt auf beiden Seiten des Bootes – in Vierer-Reihen hintereinander angeordnet. Ihre stationären Arbeitsplätze, Sitze oder Sattel und Pedalen, waren aus aerodynamischen Gründen tief in den Rumpf hineinversenkt worden.
Nur die in Helme und Schutzbrillen verpackten Häupter schauten heraus. Von den Radfahrern sah man die Rücken zucken. Die virtuose Bedienung der Köpfe und Schalter durch die Piloten und Trimmer war nicht zu verfolgen. Nur die Folgen daraus, wenn sich Einrumpf-Foiler in knapp halbstündigen America’s-Cup-Duellen mit Spitzengeschwindigkeiten von 55 Knoten über den kurzen Kurs jagten.
Gesiegt hat der Stolz der Kiwis mit dem philosophischen Namen: „Taihoro“ steht für die Überwindung traditioneller Grenzen, soll Himmel und Meer miteinander verbinden. Beide Missionen erfüllte der Kraftprotz mit fast makellos agierender Crew meisterlich. „Im Design kämpfst Du um Zehntel- oder Hundertstel Knoten. Aber die Art, wie du diese Boote segelst, macht den Unterschied“, hielt Neuseelands britischer Designchef Dan Bernasconi fest.
Wir hatten ein sehr schnelles Boot.” Martin Fischer
So sieht es auch Martin Fischer. Der deutsche Designchef der Briten ist nach der verlorenen Schlacht überzeugt: „Unsere Aerodynamik, Foils und Ruder waren sehr gut! Da haben wir vermutlich mehr Aufwand betrieben als andere.“ Wie viele Beobachter, weiß auch „Britannia“-Vater Fischer, dass andere Faktoren den historischen ersten Briten-Sieg im America’s Cup verhindert haben: „Die öffentlich zugänglichen Daten zeigen, dass wir bei Wenden und Tonnenmanövern ein recht großes Defizit gegenüber Neuseeland hatten. Da haben wir die meisten Rennen verloren. Es war nicht der Speed.“
Dass Fischer und Ainslie nicht auf einer Wellenlänge tickten, machte Martin Fischer seine Arbeit gegen Ende nicht immer leicht. „Unser Verhältnis war nicht gut“, räumt Fischer ein. Er könnte das inhaltlich begründen, sieht aber lieber davon ab. Die Zusammenarbeit mit dem Mercedes-AMG Petronas F1 Team dagegen lief aus Sicht des Physikers und Foil-Könners bestens. Als einen anderen Vorteil der Kiwis bezeichnet Fischer „die wahrscheinlich bessere Auslegung der Kontrollsysteme“.
Der tiefer sitzende und nach vorne zeigende „Dry Bulb“ an den „Taihoro“-Foils sei bei glatterem Wasser die „bessere Lösung“ gewesen. „Wir hatten mit dem etwas höher angelegten und nach hinten weisenden Dry Bulb die bessere Lösung für mehr Welle“, so Fischer, der einst am Max-Planck-Institut für Meteorologie promovierte. Die beiden unterschiedlichen Interpretationen waren auf Basis statistischer Daten und Vorab-Annahmen des Wellenaufkommens für die Cup-Zeit entstanden.
Wie Wetter und Welle sich tatsächlich an den entscheidenden sechs Tagen des Duells über neun Rennen verhalten würden, konnte niemand Jahre vorher hundertprozentig vorhersagen. Am einzigen Tag mit konfuserer See holten die Briten ihre beiden Siegpunkte.
Die Kiwis siegten siebenmal bei glatterem Wasser. Im Emirates Team New Zealand sind Chefsegler Peter Burling und Chefdesigner Dan Bernasconi für ihre hocheffiziente Arbeitsbeziehung auf Augenhöhe bekannt. Der „Taihoro“-Vater ist ein Ingenieur mit Doktortitel in mathematischer Modellierung und Aerodynamik sowie einen Master-Abschluss der Universität Cambridge. Für ihn ist „Pistol Pete“ Burling der ideale Entwicklungspartner auf Sportlerseite.
Burling überragt die anderen Steuermänner mit 1,86 nicht nur körperlich. Er versteht die Physik, das Verhalten der Boote. Der 33-Jährige aus Tauranga ist als Skiff-Olympiasieger und studierter Maschinenbauingenieur ein kluger Kopf, bringt ein einzigartiges Verständnis für die Optimierung der fliegenden America’s-Cup-Boote mit.
Sein Co-Pilot Nathan Outteridge, der einst bei Olympia 2012 und 2016 49er-Gold und Silber mit ihm tauschte, sagte: „Meine größte Herausforderung war es, das Boot so schnell zu steuern, wie Pete es kann.“ Burling kennt das Cup-Gesetz: „Am Ende gewinnt immer das schnellste Boot.“
„Ihr Boot war einen Tick schneller, ihre Manöver einen Tick effizienter, ihre Fähigkeit, den ersten Dreher zu bekommen, einen Tick besser“, fasste der geschlagene Briten-Boss Ben Ainslie die Gründe für den neuseeländischen Triumph zusammen. Seine Verneigung: „Ich denke, Team New Zealand ist das beste Team in der America’s-Cup-Geschichte.“
Das belegt die Statistik: Nie zuvor hat dasselbe Team die Silberkanne dreimal hintereinander gewonnen. Für die “All Blacks des Segelsports”, die als “Black Foils” auch im SailGP erfolgreich starten, war es nach 1995, 2000, 2017 und 2021 der fünfte America’s-Cup-Sieg. Nur Amerika bleibt bei 30 Siegen auf lange Zeit uneinholbar. Inzwischen liegt der letzte US-Erfolg elf Jahre zurück. Auch American Magic NYYC konnte das Blatt vor Barcelona nicht wenden.
Dass im Finale um den Louis Vuitton Cup und das Ticket zum Einzug ins Duell gegen die Kiwis die gleichen Gegner wie drei Jahre zuvor im 36. America’s Cup in Auckland aufeinandertrafen, zeigte, wie weit Erfahrung im Cup tragen kann. Doch dann mussten die Erfahreneren gehen: Patrizio Bertellis Rennstall konnte im sechsten Anlauf das bei dieser Auflage am schnellsten lernende britische Team nicht bändigen.
Ihrem Aus ließen die Azzurri aber schon einen Tag später die Ankündigung der Fortsetzung ihrer America’s-Cup-Jagd folgen. Der 78-jährige Prada-Patriarch und Cup-Rekordjäger Bertelli hat die Energie für einen siebten Versuch. Befeuert wurde die Passion vom Nachwuchs: Italiens Überflieger Marco Gradoni, im Alter von nur 20 Jahren im internen Vergleich mit Jimmy Spithill und Francesco Bruni laut Coach Philipp Presti „nur sehr knapp“ an einem Stammplatz im Seniorenteam vorbeigeschrammt, gewann mit der jungen Segel-Nazionale den Youth America’s Cup.
Coach Philippe Presti sagte: „Marco ist extrem intelligent. Das ist fast schon beunruhigend.“ Giulia Conti und Italiens angriffslustige Seglerinnen setzten sich im Finale des ersten Women’s America’s Cup gegen das britische Team um Doppel-Olympiasiegerin Hannah Mills durch. Wer so sprudelnde Quellen hat, der muss keine Cup-Zukunft fürchten. Spannend bleibt, in welcher Rolle Cup-Veteran Jimmy Spithill künftig aktiv sein wird.
Der charismatische Australier beendete nach seiner achten America’s-Cup-Teilnahme die aktive Karriere. Unvergessen bleiben neben seinem furiosen Segelstil auch die legendären Kommentare. Die berühmteste Aussage hatte er 2013 losgelassen, als sein Team im Duell gegen Neuseeland mit 1:7 zurücklag: „Ich denke, die Frage ist diese: Stellt euch vor, dass diese Jungs ab jetzt verlieren? Was für ein Ärgernis das wäre. Wo sie es doch schon so gut wie in der Tasche haben.“
Spithills Oracle Team USA verlor danach noch ein Rennen zum 1:8, bevor sich das imposanteste Comeback der Cup-Geschichte ereignete. Die Amerikaner gewannen noch mit 9:8. Als es jetzt vor Barcelona schon 4:0 für Neuseeland stand, wurden Erinnerungen an das Wendewunder von einst wach. Ben Ainslie, elf Jahre zuvor als Taktiker für Jimmy Spithill zum historischen Konter eingewechselt worden war, hätte mit seinem Team Ineos Britannia zu gerne etwas Ähnliches geschafft.
Tatsächlich konnten die Briten ihren Rückstand im Cup-Match gegen die Kiwis auf 2:4 verkürzen. Plötzlich waren alle wie elektrisiert: Könnte „Britannia“ doch „Taihoro“ Paroli bieten? Im Kiwi-Lager wurde nach der Doppel-Schlappe nicht gekuschelt. Ihre Entschlossenheit in den nächsten Begegnungen zeigte, dass sich Burling, Outteridge und Crew keine erneute eine Blöße geben wollten. Aus dem schnell und klug ersegelten 6:2 machten sie schließlich am 19. Oktober das nie wirklich gefährdete 7:2 und badeten am Abend auf der Siegerbühne in Konfetti.
Abseits von Triumph und Trubel waren zu dem Zeitpunkt die ersten Weichen für die Zukunft längst gestellt. Wie im America’s Cup üblich, hatte mit dem letzten Zieldurchgang die arrangierte „Hochzeit“ zwischen den alten und neuen Verteidigern und dem alten und neuen Challenger of Record stattgefunden.
Der britische Traditionsclub Royal Yacht Squadron von der Isle of Wight, im 37. America’s Cup die Vereinsheimat von Ineos Britannia und Verhandlungspartner der Royal Ne Zealand Yacht Squadron auf Seiten der Herausforderer, hat diese Rolle wieder übernommen. Was bestätigte, dass die Zusammenarbeit zwischen dem Emirates Team New Zealand und Ineos Britannia, die Verhandlungen zwischen den Teamchefs Grant Dalton und Ben Ainslie, gut genug für eine ins Visier genommene Neuauflage funktioniert hat.
Warum die Briten beim Neuarrangement nach Cup-Reglement offiziell ihren herausfordernden Club in den Vordergrund rückten und noch nicht mit ihrem Teamnamen auftraten, lag auf der Hand. Team Unterstützer, Chemie-Unternehmer und Milliardär Sir Jim Ratcliffe, mit knapp 30 Prozent auch Anteilseigner beim englischen Premier-League-Fußballverein Manchester United, hat in zwei britische America’s-Cup-Kampagnen seit 2017/2018 geschätzte 250 Millionen Euro gesteckt.
Ben Ainslie hat in Barcelona bestätigt, dass Ratcliffe an Bord bleiben werde, aber sein Team nach zusätzlicher Unterstützung schaut. Zu den letzten Interviews trat Ainslie im hellen Shirt ohne Team-Logos auf und sagte: „Ich habe dieses Team vor zehn Jahren aufgesetzt. Jim und Ineos waren fantastische Unterstützer. Sie haben sich auch zur Unterstützung des Teams in der Zukunft bekannt. Auf welchem Niveau, das müssen wir sehen. Es ist nicht ungewöhnlich im America’s Cup, diese Bürde zu teilen.“
Die größte Bürde aber liegt im Feld der Kiwis. Sie haben mit dem 37. America’s Cup viele Hoffnungen und einige Versprechen hinterlassen, deren Erfüllung einem monströsen Kraftakt gleichkommen wird. Die wichtigsten Aufgaben: einen oder mehrere Austragungsorte für den neuen Cup zu finden, wieder mehr Nationen an Bord zu holen, die AC75-Klasse in dritter Generation attraktiv zu halten, Vorregatten zu organisieren, den Youth und den Women’s America’s Cup fortzusetzen, den gefeierten Mini-Cuppern vom Typ AC40 bald eine Serie zu geben, das eigene Team auf Kurs zu bringen und, und, und.
Die Neue Züricher Zeitung fragte sich angesichts der Herkulesaufgabe schon, ob sich das Emirates Team New Zealand womöglich „zu Tode siegt“? Doch davor steht der 67-jährige Antreiber und in sieben Weltumseglungen gestählte Grant Dalton mit breitem Kreuz. Er hatte das Team 2003 nach der Heimniederlage gegen Alinghi am Boden übernommen, durch Himmel und Hölle zurück an die Spitze geführt.
Zuhause in Neuseeland ist er umstritten, weil er lieber mit 70 Millionen spanischen Euro den Cup und den erneuten Erfolg seines Teams in Barcelona organisierte, statt mit kargen Mitteln im heimischen Hauraki Golf ums sportliche Überleben zu bangen. Dalton bleibt der starke Mann im Spiel. Seine markigen Aussagen polarisieren mitunter auch im America’s Cup.
Als Nachwuchsteams ohne vorherige AC40-Erfahrung in Barcelona nach wetterbedingten Trainingsausfällen zaghaft um etwas zusätzliche Übungszeit baten, bellte er zurück: „Jedes Team hatte die Chance sich ein eigenes Boot zu kaufen.“ Was bei einem Kaufpreis von rund 2,8 Millionen Dollar gerade einmal einem Team (Schweden) ohne Anschluss an einen aktuellen Cup-Rennstall gelungen war.
Liebend gerne wurde in Barcelona auch Daltons Antwort auf die Frage nach einer möglichen Rückkehr des America‘s Cup nach Auckland kolportiert. Dalton sagte nur: „Ich werde sie sicher nicht anrufen. Aber sie haben ja meine Nummer.“ Der Mann wird in seiner Heimat verachtet oder verehrt. Die moderate Mitte ist keine „Dalts“-Domaine. Der erneute Sieg im America’s Cup der erfolgreichsten Segelsportmannschaft der letzten drei Jahrzehnte hat dem Aufrechten einmal mehr rechtgegeben.
Drei Tage nach Cup-Ende sagte Grant Dalton in einem Team-Statement: „Wir wissen, dass wir eine Reihe wertvoller Güter besitzen, die wir weiter ausbauen wollen. Wir sind offen dafür, wie wir dies am besten mit einem oder mehreren Austragungsorten erreichen können, die den 38. America’s Cup mit einer größeren globalen Präsenz, mehr Teams und insgesamt mehr Expansionsmöglichkeiten ausstatten können. Es wäre schwierig, die Anzahl der Teams auf Grundlage der verfügbaren Infrastruktur in Barcelona zu erhöhen.“
In anderen Worten: Das Ziel „mehr Teams“ und Barcelona passen nicht zusammenpassen. Inzwischen haben auch die Spanier eine Folgeauflage in Barcelona ausgeschlossen. Zwar hat die katalanische Hafenstadt eine starke Kulisse, ein lebendig frequentiertes America’s Cup Race Village und vieles mehr geboten, doch wurde oft wehmütig an den 32. America’s Cup 2007 in Valencia gedacht, wo sagenhafte elf Herausforderer und Verteidiger Alinghi – noch mehr als zuvor in Auckland – hufeisenförmig dicht an dicht ihre Heimat auf Zeit im Cup-Hafen hatten.
Dort war eine Atmosphäre entstanden, die mit den in Barcelona kilometerweit auseinander liegenden Camps unerreichbar blieb. Das Comeback in der Olympiastadt von 1992 ist trotz offizieller 2,56 Millionen Teilnehmenden über 59 Event-Tage vom Tisch. Eine Rückkehr nach Auckland in Kopplung mit weltweiten Vorab-Events dagegen schloss Grant Dalton nicht aus: „Das ist noch nicht vom Tisch.“
Klar ist, dass ein europäischer America’s-Cup-Hafen das Interesse von mehr europäischen Herausforderern wecken könnte. Bekannt ist ebenso, dass Neuseelands loyaler Titelsponsor Emirates mit Sitz in Dubai gerne ein Cup-Spektakel in den Vereinigten Arabischen Emiraten erleben würde. In Dschidda wurde schon eine AC40-Vorregatta im 37. Cup-Zyklus ausgetragen. Andere Denkmodelle beinhalteten eine Aufteilung: Nach zu wenigen Rennen für die früh eliminierten Herausforderer dieser Edition könnten ein sportlich erweiterter Louis Vuitton Cup und das 38. Cup-Duell in unterschiedlichen Revieren stattfinden.
Das wiederum könnte Kopfschmerzen bei den Design-Teams auslösen. Ein Zeitplan für die Bekanntgabe aller Schlüsseldaten soll nach Aussage der Verteidiger schnell kommen. Spannend bleibt das Feld der Weiterentwicklung der Boote. „Da ist inzwischen viel Automatisierung auf diesen Booten. In einiger Hinsicht bedeutet das, dass es weniger Bedarf an Seglern in Segelrollen gibt. Ich persönlich wäre bestrebt, vielleicht ein bisschen dieser Automatisierung wieder loszuwerden und einen Bedarf an mehr Seglern zu kreieren“, sagte Dan Bernasconi bei seinem siebten Cup-Einsatz.
Bernasconi hat sechs Jahre für das MacLaren Formula 1 Team als Leiter der Fahrzeugmodellierung geleitet, bevor er mehr als 200 km/h schnelle Autos gegen 100 km/h schnelle Boote eintauschte. Bernasconi arbeitete bei seinem ersten America’s Cup 2007 für das strauchelnde Team Germany, wechselte zu Alinghi und kam 2010 zum Emirates Team New Zealand. Der Brite übernahm für die Siegerkampagne 2017 die Leitung als Technischer Direktor und blieb.
Der 51-Jährige wird den nächsten Cup mitgestalten. Insbesondere die AC75-Foiler. Das Reglement schrieb schon dieses Mal einige Teile der Elektronik als OneDesign-Elemente vor. „Wir haben das gesamte Kamerasystem an Bord oder die Startsoftware zentralisiert, alle haben die gleiche taktische Software genutzt“, erklärt Bernasconi.
Die Balance aus Segeln und Design muss bleiben.“ Dan Bernasconi
Da Kostenreduzierungen Thema blieben, könne „vielleicht noch mehr zusammengefasst werden“. Doch Bernasconi sagte auch: „Auf der anderen Seite ist es großartig, viele Design-Aspekte offen zu halten. Einfach, weil es der America’s Cup ist! Wir wollen nicht, dass alle Boote gleich aussehen. Ich glaube, es ist für die Leute cool, die unterschiedlichen Entwürfe zu sehen.”
Was nun Neuseelands übergeordnete Stärke bei dieser Auflage war? Die gleiche wie stets: Sie haben aus weniger mehr gemacht. Das Weniger bezieht sich auf ein geschätztes Budget von 70 oder 80 Millionen Euro im Vergleich weit jenseits von 100 Millionen Euro bei den potentesten Rivalen. Dan Bernasconi sagte: „Alle Teams haben Testboote entwickelt. Wir haben unsere AC40er zum Testen genutzt. Wir haben nicht das große Geld für die Entwicklung von speziellen Testbooten ausgegeben. Wie zuvor, verlassen wir uns im Design-Prozess massiv auf Simulation. Das hilft Geld zu sparen und uns, das Boot und seine Physik besser zu verstehen.“
Ganz so verarmt, wie manch einer beim Vergleich zwischen dem Emirates Team New Zealand und Branchenriesen wie dem Luna Rossa Prada Pirelli Team, Ineos Britannia oder auch Alinghi Red Bull Racing annehmen mag, sind die Kiwis allerdings auch nicht. Im Gegensatz zur verbreiteten Annahme, sie hätten keinen superreichen Cup-Jäger à la Patrizio Bertelli, Sir Jim Ratcliffe oder Ernesto Bertarelli an Bord, gibt es mit Mannschaftsführer Matteo de Nora durchaus einen kanadischen Philanthropen, der die Kiwis seit 2003 zunehmend stark unterstützt.
Der in den USA geborene Sohn einer Schweizerin und eines Italieners hat das Team schon häufig “gerettet”. In seiner Zeit hat das Emirates Team New Zealand den America’s Cup dreimal gewonnen. De Nora unterstützt das Team finanziell, als Berater und als Freund. Er hält unter anderem mehrere Patente im medizinischen Sektor. Dem italienischen Magazin Vela beschrieb Matteo de Nora sein Engagement einmal so: “Jeder spielt seine Rolle auf seine eigene Weise und entsprechend der Kultur des Teams. In meinem Fall fungiere ich als Blitzableiter und versuche, mittelfristig zu denken, da Grant so sehr mit kurzfristigen Problemen beschäftigt ist.”
Zu den anstehenden Aufgaben der neuseeländischen Cup-Verteidiger zählt auch die Weiterentwicklung der AC75-Foiler, die im 38. America’s Cup erneut zum Einsatz kommen sollen. Dann in dritter Generation. Das verbliebene Entwicklungspotenzial für die nächste Auflage verknüpf Dan Bernasconi mit dem Austragungsort. „Wir haben uns dieses Mal für leichte Winde eingekleidet. Wenn wir in drei Jahren im selben Revier segeln würden, täten wir uns in einigen Bereichen schwer, weitere Gewinne zu machen. Dann ginge es vermutlich sehr viel mehr ums Segeln selbst. Wenn wir aber woanders und in mehr Wind segeln würden, gäbe es vieles, was man mit den Booten machen könnte, um gut über 50 Knoten zu segeln.“
Für Technik-Fans – hier erklärt America’s-Cup-Experte “Mozzy sails” seine fünf Gründe, warum das Emirates Team New Zealand die Silberkanne erfolgreich verteidigt hat: