Tatjana Pokorny
· 22.01.2021
Sir Ben Ainslies Ineos Team UK steht im Prada-Cup-Finale. Da half im packenden Duell mit den Italienern auch Jimmy Spithills "Hollywood-Manöver" nicht mehr…
Neun Führungswechsel und ein packendes Duell: Nach Startverschiebung und Cunningham-Problem bei den Briten ging es im einzigen realen Duell des Tages in der Nacht zum Samstag vor Auckland für Sir Ben Ainslies britisches Ineos Team UK und das italienische Luna Rossa Prada Pirelli Team mit den beiden Steuerleuten Francesco Bruni und Jimmy Spithill zur Sache. Auf dem Programm stand nach der dramatischen Kenterung und dem Beinahe-Sinken der amerikanischen "Patriot" am vergangenen Wochenende die insgesamt dritte Begegnung zwischen den Briten und den Azzurri. Die gute Nachricht: Das Rennen bot mit den vielen Wechseln an der Spitze und starker kämpferischer Note reichlich Spannung, war das beste der bisherigen Herausfordererserie – und auch das letzte.
Hier lassen sich die spannendsten Szenen noch einnmal genießen…
Vor dem einzigen realen Rennen des Tages in 18 bis 22 Knoten Wind hatte Teamdirektor und Skipper Max Sirena gesagt: "Ich wusste schon beim Weihnachtsrennen, dass der Aufttritt der Briten nicht ihrem wahren Leistungsvermögen entsprach. Wir wissen alle, dass Ben wahrscheinlich einer der größten Segler auf dem Planeten ist. Und Giles auch. Er ist vermutlich der Mann der Zukunft. Wir wissen, dass wir unter Druck stehen, aber wir werden bis zum Ende kämpfen."
Ben Ainslie, beim Weihnachtsvorspiel noch sieglos und in der Folge kritisiert wie ein Schüler, der mit einer Sechs nach Hause gekommen war, sagte vor dem Start des für den Ausgang der Prada-Cup-Vorrunde entscheidenden Rennens gegen die Italiener am Samstag: "Wir gehen mit der Intensität in die Begegnung, die es für das Gewinnen braucht. Wir wollen sie schlagen und werden alles geben, um heute ins Prada-Cup-Finale einzuziehen." Warum ihm das so wichtig war, erklärte Ainslie auch: "Der direkte Einzug ins Finale beschert dir mehr Zeit. Und Zeit ist alles in diesem Spiel." Während die Halbfinalisten – Italiener und Amerikaner – schon am 29. Januar wieder ranmüssen, haben die nun fürs Prada-Cup-Finale gesetzten Briten bis zum 13. Februar Zeit, ihr Boot weiter zu optimieren.
Wie die führenden Segler der Teams auf die Entscheidung im Kamof um den direkten E>inzug ins Prada-Cup-Finale reagierten
Die Geschichte des entscheidenden Rennens erzählen die Tonnenrundungen: Nach gelungenem Start beider Teams hatten die Briten bei der ersten Rundung zwei, bei der zweiten Rundung neun Sekunden Vorsprung. Danach übernahmen die Italiener, rundeten die Marke nach dem dritten Kursabschnitt mit 19 und nach dem vierten mit 10 Sekunden Vorsprung. Beinahe Bug an Bug segelten danach beide Boote dem Ziel entgegen. Als sich schließlich die Briten einen kleinen Vorsprung erarbeitet hatten, kam es zu einer knappen Begegnung, bei der die Italiener in klassischer Backbord-Steuerbord-Situation gegen das Ineos Team UK protestierten. Die Fernsehmoderatoren sprachen angesichts des beinahe theatralischen Versuchs von Steuermann Jimmy Spithill, den Briten hier eine Regelwidrigkeit anzuhängen, von einem "Hollywood-Manöver". Die Schiedsrichter wiesen den Protest ab.
Nach dem entscheidenden Duell sagte der viermalige Olympiasieger Ben Ainslie: "Das war heute ein Rennen für die Fans – ziemlich spannend und mit vielen Führungswechseln. Wir ziehen den Hut von den Jungs von Luna Rossa, die mächtig Druck gemacht haben. Wir hatten ein paar Probleme auf dem Weg in die Vorstartphase. Uns fehlten ein paar Schlüsseleinstellungen für die Power an Bord. Aber unsere Jungs haben einen super Job gemacht, indem sie uns heil über den Kurs gebracht haben." Gut gesegelt sind die Briten auch, glänzten dabei mit starker Positionierung und gelungenen Manövern, während die Italiener einige Schwächen schon bei den ersten Wenden zeigten. Nicht nur die zweimalige Olympiasiegerin und TV-Kommentatorin Shirley Robertson stellte fest: "Es geht im America's Cup nicht nur um Ingenieurskunst. Das Vertrauen zwischen Ben Ainslie und Giles Scott (Red.: Taktiker, Finn-Olympiasieger) ist Teil des britischen Erfolgs."
Viel Zeit, Ihr Boot noch schneller zu machen, haben sich die Briten nun mit ihrer 6:0-Vorrundenbilanz gesichert. Dazu mussten sie im Anschluss am frühen Samstagmorgen noch im "Geisterrennen" ohne die bekanntlich mit Loch im Rumpf verhinderten amerikanischen Gegner antreten und starten. Danach war das Ineos Team UK fürs Prada-Cup-Finale gesetzt und darf dort nun auf den Sieger des am kommenden Wochenende beginnenden Halbfinalduells zwischen den italienischen Vorrunden-Zweiten und den drittplatzierten Amerikanern warten, die noch um Reparatur und Comeback ihrer "Patriot" ringen. Ihren ersten erfolgreichen Schritt auf dem Weg ins angestrebte America's-Cup-Match gegen das verteidigende Emirates Team New Zealand feierte Ainslies Segelteam mit dem sichtlich begeisterten Rennstallbesitzer Jim Ratcliffe an Bord. Die Champagnerflasche, die dabei herumgereicht wurde, ist allerdings nicht der Preis, den das Team im Visier hat. Angetreten sind die Briten, um die 1851 im eigenen Revier bei der Cup-Premiere verlorene und noch nie gewonnene Silberkanne endlich heimzuholen.