America's Cup"Nur noch ein vulgärer Strand-Event"

Tatjana Pokorny

 · 04.04.2015

America's Cup: "Nur noch ein vulgärer Strand-Event"Foto: ACEA/Gilles Martin-Raget
Einst Hüter des America's Cup, heute einer der schärfsten Kritiker der aktuellen amerikanischen Cup-Verteidiger: Bruno Troublé

Die Kritik am Kleinformat-Kurs reißt nicht ab. Auch Louis-Vuitton-Cup-Gründer Troublé sorgt sich um den Cup und attackiert die Verteidiger

Bruno Troublé hat die aus seiner Sicht in die falsche Richtung führenden Kommerzialisierungs-Bemühungen der Cup-Verteidiger satt. In drastischen Worten greift der Gründer des Louis Vuitton Cup die Organisatoren des America's Cup und ihren Zickzack-Kurs mit derzeitiger Vorliebe fürs kleine Format an. Troublé sagte dem Segelinformationsdienst Scuttlebutt: "Der Golden Gate Yacht Club und ihr Oracle Team USA sind großartige Segler, aber hoffnungslose Wächter des Mythos. Es ist ihnen gelungen, den Stil und die Eleganz zu vernichten, die den America's Cup über Jahrzehnte geprägt und ihm seine einzigartigen Eigenschaften verliehen haben. Sie haben hochkarätige Partner entmutigt und dem Cup seine exklusive Position geraubt. Sie haben Betrug verübt an der langen Geschichte außergewöhnlicher Persönlichkeiten, die den Cup so besonders gemacht haben. Jetzt organisieren sie einen stillosen One-Design-Katamaran-Wettbewerb mit Menschen, die jenseits der Segelgemeinschaft niemand kennt."

Bruno Troublé, einst selbst Cup-Skipper und später als Architekt des Louis Vuitton Cup einer der einflussreichsten Cup-Protagonisten, ist zutiefst erbost über die Entwicklung des America's Cup, seit die Amerikaner mit ihrem Sieg im gerichtlich erzwungenen Exklusiv-Duell 2010 an die Schalthebel der Macht gelangten. Troublé äzt: "Was wir jetzt haben, das ist ein vulgärer Strand-Event, der nach Sonnencreme und Pommes riecht. Es ist definitiv nicht der Cup!"

  Wirklich auf dem richtigen Weg? Oracle Team USAs CEO Russell Coutts steht im Kreuzfeuer der KritikFoto: Gilles Martin-Raget/ACEA
Wirklich auf dem richtigen Weg? Oracle Team USAs CEO Russell Coutts steht im Kreuzfeuer der Kritik

Das Bemühen der amerikanischen Cup-Verteidiger um Kostenreduzierung hatte zuletzt zum Umstieg auf kleinere Katamarane in einer Länge zwischen 45 und 50 Fuß geführt. Nur drei von fünf Herausforderern konnten dazu von den Amerikanern überredet werden oder stimmten aufgrund eigener finanzieller Probleme zu. Das italienische Team Luna Rossa Challenge hatte sich in der vergangenen Woche unter scharfem Protest gegen die Abstimmungsvorgänge und das Resultat nach 15 Jahren Cup-Historie aus dem Wettbewerb zurückgezogen. Der Umstieg auf die kleineren Cup-Yachten dürfte in den kommenden Monaten zu Entlassungen bei allen Cup-Syndikaten führen. Mag sein, dass es aufgrund der damit verbundenen Kostenersparnis noch einen von den Verteidigern erhofften zusätzlichen Herausforderer aus Asien gibt. Doch ist ein solches Team den Verlust des schillernden "Roten Mondes" aus Italien und gegebenenfalls auch der ums sportliche Überleben ringenden Neuseeländer wert?

Die Kiwis stehen mit dem Rücken zur Wand, seit bekannt wurde, dass – ebenfalls dem Spardiktat gehorchend – keine Cup-Regatta mehr in Neuseeland stattfinden soll. Ohne das in Aussicht gestellte Cup-Spektakel in Auckland aber wird die dortige Regierung kaum mehr bereit sein, ihr einst so stolzes Team mit nennenswerten Geldsummen zu unterstützen.

  Neuseeländische Cup-Hoffnungen ruhen – wieder einmal – auf seinen Schultern: Kann Grant Dalton auch dieses Mal das Geld für einen gelungenen Gipfelsturm zusammenbringen?Foto: Gilles Martin-Raget/ACEA
Neuseeländische Cup-Hoffnungen ruhen – wieder einmal – auf seinen Schultern: Kann Grant Dalton auch dieses Mal das Geld für einen gelungenen Gipfelsturm zusammenbringen?

Der "New Zealand Herald" berichtet am Osterwochenende, dass die Verteidiger seit Antritt von Russell Coutts als CEO von Oracle Team USA unter anderem BMW als Hauptsponsor verloren haben, der den Verteidigern für ihre Kampagne im Jahr 2013 dem Vernehmen nach ein Angebot von knapp 40 Millionen Euro gemacht hätten. Außerdem habe Oracle unter Coutts’ Regie Louis Vuitton und nun auch Luna Rossa mit dem direkten Draht ins Modeimperium Prada verloren. Die neuseeländische Tageszeitung zitiert eine Oracle-nahe Quelle: "Jemand muss Oracle das wegnehmen, bevor sie die Leute in Motten segeln lassen (Red.: Einheitsklasse für Einhandsegler)." Dieser Jemand könnte immer noch Team New Zealand sein. Experten gehen davon aus, dass die Neuseeländer – wenn sie die neuen Hürden auf ihrem Cup-Kurs nehmen können – 2017 extrem wettbewerbsfähig sein könnten. Wenn da nur nicht das mittlere zweistellige Millionen-Budget wäre, das für den erneuten Gipfelsturm auch weiter unerlässlich bleibt.