Tatjana Pokorny
· 12.03.2020
Die Yacht des italienischen Luna Rossa Prada Pirelli Teams hat ein Loch im Bug, das Team aber schweigt. Dazu gibt es Streit im Tauziehen um die Cagliari-Regatta
Nur verschoben oder abgesagt? Dass der für Ende April vor Sardinien geplante Auftakt zur America's-Cup-Weltserie wohl nicht haltbar sein wird, das hat die internationale Segelwelt in den vergangenen Wochen angesichts der Coronavirus-Pandemie bereits erwartet. Doch nun streiten die italienischen Veranstalter und die neuseeländischen Cup-Verteidiger darüber, ob und wie es alternativ weitergehen kann. Der Challenger of Record möchte die für Italien wichtige Regatta nur verschieben, denn für Patrizio Bertellis Luna Rossa Prada Pirelli Team ist wie auch für die Briten ihre ACWS-Regatta vor Portsmouth Anfang Juni die einzige Gelegenheit, vor den eigenen Fans aufzukreuzen und außerdem den Verteidigern die gleiche "Reisebürde" aufzuerlegen, die sie auch selbst später im Jahr auf Kurs Auckland auf sich zu nehmen haben.
Die America's-Cup-Verteidiger vom Emirates Team New Zealand reagierten verhalten, sind naturgemäß von einer Event-Verschiebung nicht begeistert, denn für sie bedeutet die Verlängerung des Auswärtsspiels in Europa eine Verkürzung der Test- und Trainingsmöglichkeiten im Heimatrevier. Noch vor den italienischen Gastgebern hatten die Cup-Verteidiger daher ein Statement verbreitet, in dem es hieß: "Es ist ganz offensichtlich, dass die Veranstaltung der ACWS in Cagliari nicht stattfinden kann. Die Teams haben Gespräche miteinander aufgenommen, um in der Folge der globalen Covid-19/Coronavirus-Situation eine angemessene Lösung betreffend dieses Verlustes zu finden und/oder die Möglichkeit zusätzlicher Segelzeit zu ermitteln." Über etwaige Ergebnisse dieser Gespräche wolle man die Öffentlichkeit zeitnah informieren.
Über diesen neuseeländischen Alleingang echauffieren sich nun die geplagten Italiener, die sich übergangen und ihre Interessen missachtet sehen. Der Challenger of Record im 36. America's Cup (kurz: COR 36) veröffentlichte entsprechend am späten Freitagnachmittag ein Statement, in dem die neuseeländischen Cup-Verteidiger direkt angegriffen werden. Darin hieß es: "Aufgrund von 'höherer Gewalt' und infolge der Erklärung der Pandemie Covid-19 durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sowie aufgrund der Restriktionen seitens verschiedener Regierungen hat der COR 36 es für unmöglich erklärt, die Regatta ACWS Sardinia Cagliari (23.–26. April) zum geplanten Termin austragen zu können. Der COR 36 hat dem Verteidiger außerdem einen Vorschlag unterbreitet, die Veranstaltung auf einen neuen Zeitpunkt zu verschieben. Der Verteidiger hat eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der er die Streichung der Regatta ACWS Sardinia Cagliari ohne die Erwähnung des COR-Vorschlags für die Verschiebung der Regatta und ein neues Datum ankündigt und den COR-Vorschlag ohne jegliche Diskussion ablehnt. Der COR 36 wird die Verschiebung der Regatta ACWS Sardinia Cagliari auf einen neuen Termin vor das America's-Cup-Schiedsgericht bringen."
Parallel zum Tauziehen am grünen Tisch in schwierigen Zeiten war es am Freitagmorgen rund um Patrizio Bertellis "Challenger of Record" zunächst auffällig still geblieben. Das italienische Cup-Team hat offenbar seit Donnerstag ein großes Loch in der Bugsektion seiner neuen Cup-Yacht zu beklagen. Das zeigen in den sozialen Netzwerken kursierende Bilder deutlich. Eine genauere Erklärung vom Team gab es bis zum Freitagnachmittag auch auf internationale Anfragen nicht. In ersten Fan-Kommentaren wurde unter anderem diese Vermutung aufgestellt: "Das sieht aus, als wäre sie von innen explodiert." Tatsächlich sieht es auf den ersten Blick eher so aus, als sei der Bugspriet aus der Konstruktion gerissen.