Tatjana Pokorny
· 24.01.2019
Das Team The Netherlands hat in dieser Woche weitere Weichen für die erste holländische Herausforderung gestellt. Die Segel-Prominenz des Landes formiert sich
Es tut sich was im rund 17 Millionen Einwohner starken und so segelaffinen Holland: Die niederländische Segelprominenz formiert sich zur ersten Herausforderung in der 168-jährigen Geschichte des America's Cup. Die Kampagne ist von den neuseeländischen Verteidigern bereits als offizieller Herausforderer akzeptiert und hat ihren Plänen mit der Überweisung von einer Million US-Dollar Meldegeld Nachdruck verliehen. YACHT online hatte darüber bereits am 21. Dezember 2018 berichtet.
Jetzt nimmt das ehrgeizige Projekt Schritt für Schritt schärfere Konturen an. Infolge einiger intensiver Team- und Sponsorengespräche in dieser Woche in Den Haag wurden die ersten Verpflichtungen bekannt gegeben. Für positives Aufsehen sorgt dabei vor allem der Name Carolijn Brouwer. Die 45-jährige Holländerin hatte im vergangenen Jahr das Volvo Ocean Race als erste Frau auf spektakuläre Weise mit dem Dongfeng Race Team gewonnen und wurde in der Folge vielfach ausgezeichnet. Zum zweiten Mal nach 1998 war sie im Oktober 2018 zur Weltseglerin des Jahres gekrönt worden. Zuletzt wurde die Ehefrau und Mutter in der vergangenen Woche von der boot Düsseldorf und dem Delius Klasing Verlag mit dem Seamaster-Award geehrt. Von der Rhein-Metropole aus nahm sie anschließend den Zug nach Amsterdam, wo ihre jüngste Herausforderung bekannt wurde.
Im Exklusiv-Gespräch mit der YACHT hatte Carolijn Brouwer schon in Düsseldorf von den bevorstehenden Ereignissen in Holland berichtet. Auch darüber, dass sich Hollands beste Segler Seite an Seite formieren, um die Chance zum Einstieg in den America's Cup zu nutzen. Nach den holländischen Erfolgen im Volvo Ocean Race und dem Sieg in der Nationenwertung bei der Weltmeisterschaft aller olympischen Disziplinen in Aarhus im Sommer 2018 ist das Land an seinen erfolgreichen Segelsportlern so intensiv interessiert wie zuletzt zu Glanzzeiten des zweimaligen Whitbread-Round-the-World-Race-Siegers und Nationalhelden Cornelius van Rietschoten Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre. Deswegen erklärte auch Brouwer in Düsseldorf: "Wir müssen jetzt alle zusammenarbeiten. Die Chance, ein holländisches Team für den America's Cup zu formieren, die ist jetzt da! Wenn wir es dieses Mal nicht schaffen, dann vielleicht nie."
Auf der holländischen Website der Kampagne sind unter "Team" bereits vier Namen offiziell und inklusive Kurzporträt aufgelistet. Es sind der Segelwelt gut bekannte Persönlichkeiten: Skipper Simeon Tienpont, Carolijn Brouwer als erste Frau für den 36. America's Cup, Cup-Designer Dirk Kramers mit seinem Erfahrungsschatz aus sieben mitgestalteten Kampagnen und der zweimalige Cup-Gewinner Peter van Niekerk. Dass Carolijn Brouwer nun ganz offiziell auf der Liste steht, verbreitete sich in der Segelwelt rasch. Als erste Gratulantin twitterte Volvo-Ocean-Race-Skipperin Dee Caffari: "Sie hat das Gesicht unseres Sports auf so vielen Ebenen verändert. Bravo!"
Noch haben die Niederländer ihr Budget nicht beisammen. Doch sie arbeiten mit aller Macht, allen zur Verfügung stehenden Kräften und viel Enthusiasmus für ihren Traum. Am großen Herz für den Segelsport in ihrer Heimat und der notwendigen Erfahrung der Teammitglieder wird dieses Projekt nicht scheitern. Gelingen soll die Erst-Kampagne im breit angelegten Zusammenspiel mit Hollands Marineindustrie, wissenschaftlichen Zentren, Ministerien, regionalen und lokalen Behörden und dem Segelsport selbst. Bereits im Februar will das Team mit CEO an der Spitze operieren. Der Startschuss für den Bau eines Test-Bootes ist für März geplant. Den Auftakt der ins Visier genommenen Reihe von Cup-Teilnahmen soll eine Ein-Boot-Kampagne bilden. Eine America's-Cup-Regatta der geplanten Weltserie in Scheveningen wäre 2020 möglich. Dafür müssten jedoch wie auch für weitere Schritte der Holländer einige Änderungen im Protokoll zum 36. America's Cup vorgenommen werden, die der Zustimmung von Verteidiger und "Challenger of Record" bedürfen. Die Chance für die Holländer zum Cup-Einstieg ist also da – nicht mehr, aber auch nicht weniger.