America's CupFliegen ist schnell, Fliegen ist schön

Dieter Loibner

 · 19.03.2013

America's Cup: Fliegen ist schnell, Fliegen ist schönFoto: Oracle Team USA
Flugstudien des schwarzen Kats

Egal, wie oft man es gesehen haben mag: Wenn Oracles schwarzer AC72-Kat über die San Francisco Bay brettert, dreht man sich dennoch um

Flugstudie von Oracles AC72

Es sieht alles schick aus, unkompliziert und kinderleicht: Wenn Cup-Verteidiger Oracle Team USA mit dem AC72 Nummer 17, der im Herbst bei einer Kenterung schwer beschädigt und danach vollkommen überholt wurde, über die Bay rast, müssen nicht nur Segelfans hingucken. Vor allem, wenn das Ding auf den zu Tragflügeln umfunktionierten Schwertern dahergeschossen kommt, bleiben viele Münder offen. Doch der Bootstyp, mit dem der nächste America’s Cup gesegelt wird und der danach sofort abgeschafft werden soll, ist ein komplexes Experiment, das das Konzept der kleinen Foilermotten auf 72-Fuß-Katamarane überträgt, die noch dazu mit einem gigantischen Flügelrigg ausgestattet sind.

  Die Piloten: Trimmer Kyle Langford (l.) und Steuermann James SpithillFoto: Oracle Team USA
Die Piloten: Trimmer Kyle Langford (l.) und Steuermann James Spithill

Ab 20 Knoten wird geflogen, und dann wirkt alles ruhig. "Am Anfang findet man es unnatürlich, wenn das Boot mal aus dem Wasser hüpft und auf den Tragflügeln segelt”, findet Wingtrimmer Kyle Langford. "Dazu kommt der dämpfende Effekt in großen Wellen, in denen das Boot nicht mehr stampft. Das ist ein interessantes Gefühl, das nicht viele Leute kennenlernen dürfen.”

Bei flachem Wasser erreichen diese Geschosse Spitzenwerte von deutlich mehr als 40 Knoten. Dabei ist unglaubliche Präzision gefragt, jeder Fehler kann bei diesem Speed fatale Folgen haben. Aber um überhaupt so schnell zu segeln, braucht’s Kerle, die zupacken. Man scherzt, dass AC72-Teams aus einem Steuermann und zehn Grindern bestehen. Das kommt nicht von ungefähr, denn alles, was auf diesem Boot unter Last steht – also Winschen, hydraulische Trimmsysteme und Stagen –, wird ausschließlich mit Muskelkraft bewegt. Und die kommt von den Männern an den Grindern. Die waren bisher eher Fußnoten, doch nun sind sie die Stars, weil sie am Gashebel sitzen.

  Pumping Iron: Artemis-Grinder Craig Monk im KraftraumFoto: Sander van der Borch / Artemis Racing
Pumping Iron: Artemis-Grinder Craig Monk im Kraftraum

"Endlich sind wir die Könige des Sports und führen das Kommando an Bord”, scherzt zum Beispiel Craig Monk, der muskelbepackte Neuseeländer, der im Finn mal eine olympische Bronzemedaille geholt hat und nun bei Artemis Racing Dienst tut. So wie die kurzen AC-Wettfahrten auf der Bay laufen werden, ist nach dem Manöver auch gleich vor dem nächsten Manöver. Das heißt für Monk und Kollegen, dass sie praktisch die gesamte Dauer, also etwa 40 Minuten, durchgehend an den Kurbeln drehen werden. Und sein Kollege Chris Brittle vergleicht es mit Rugby, wo der Spieler zunächst rennt, was aerobe Fitness fordert, dann Power abrufen muss, um beim Gedränge zu pushen, bevor es im Laufschritt weitergeht.

Shannon Falcone von Oracle sieht die Sache philosophisch: "Man hat ein Boot mit über sieben Tonnen, das mit über 40 Knoten auf winzigen Tragflächen dahinbrettert. Dabei denkt man: Hoffentlich hält das. Es wäre nämlich katastrophal, wenn es dies nicht täte."

  Kontrastbild: alter Plastikkahn, dahinter Oracles Kohlefaser-RaketeFoto: Oracle Team USA
Kontrastbild: alter Plastikkahn, dahinter Oracles Kohlefaser-Rakete