America’s CupErst der Franzosen-Coup, dann Kran-Schock und vorläufiges Aus für die Kiwis

Tatjana Pokorny

 · 30.08.2024

August 29, 2024. Louis Vuitton Cup, Race Day 1. LUNA ROSSA PRADA PIRELLI TEAM, ORIENT EXPRESS RACING TEAM
Foto: Ian Roman / America's Cup
An Überraschungen und Wendungen mangelte es dem Eröffnungstag des Louis Vuitton Cup nicht. Für den sportlichen Paukenschlag sorgten gleich im ersten Duell der doppelten Round-Robin-Runde Frankreichs Außenseiter: Das Orient Express Racing Team gewann das erste Duell der Herausforderer-Serie zum 37. America’s Cup. Am Abend dann verbreitete sich eine Schockmeldung in Windeseile: Beim Rauskranen der Kiwi-Yacht “Taihoro” hat der Kran versagt. Das Ausmaß des Schadens wird noch untersucht. Klar ist jetzt schon: Die Neuseeländer treten mindestens am 30. August nicht zu ihren gleich zwei geplanten Duellen an.

Nach dem Eröffnungstag der Herausforderer-Runde zum 37. America’s Cup haben drei Teams den Bug zunächst vorne. Die Segelrennställe Luna Rossa Prada Pirelli (Italien), Ineos Britannia und das Orient Express Racing Team (Frankreich) konnten am ersten von acht Regattatagen der Hauptrunde mit jeweils einem Siegpunkt glänzen. Der Sieg der Neuseeländer über die Italiener war einer für die Galerie, denn die Punkte der Verteidger zählen nicht für den Kampf der fünf Herausforderer um einen der vier Halbfinalplätze im Louis Vuitton Cup.

Frankreichs “Orient Express” besiegt “BoatOne”

Der teilweise leichtwindige Auftakt der Herausforderer-Serie servierte vor Barcelona am Donnerstag einige Überraschungen. Im Eröffnungsrennen schockte Frankreichs «Orient Express» als Außenseiter das Schweizer Team Alinghi Red Bull Racing mit gutem Start, dem schnelleren Boot – und dem Sieg. Eben noch Letzte in der Vorregatta zum 37. America’s Cup, waren die Franzosen nun die ersten Sieger in der Round-Robin-Serie mit ihren insgesamt 30 Duellen bis zum 8. September. Dann scheidet der erste Herausforderer bereits aus.

Bewertung

“Orient Express”-Steuermann Quentin Delapierre war die Freude über das erfolgreiche Eröffnungsrennen anzusehen wie der gesamten Mannschaft. Delapierre sagte: “Es ist ja nur das erste Match, aber ehrlich: Das ist ein so großartiges Gefühl! Es ist großartig für unser Team, dass so hart kämpft. Und Gratulation an unsere Radfahrer! Es ist noch ein weiter Weg, aber die ganze Mannschaft, die Techniker, das Performance-Team und die Radfahrer haben das hier sehr hart erkämpft und verdient.”

In der zweiten Begegnung des Tages konnten die italienischen Favoriten unter den fünf Herausforderern Verteidiger Neuseeland in der Startphase stark fordern. Im Ziel musste sich das Team Luna Rossa Prada Pirelli aber dennoch den taktisch herausragend agierenden Kiwis beugen, die einmal mehr mit perfekter Positionierung und einem starken Überholmanöver in Winden um zwölf und 14 Knoten glänzten und die anfangs führende “Luna Rossa” überflügelten. Dazu schwärmte der frühere Cup-Segler und TV-Kommentator Peter Lester: “Meine Güte, die Großsegel-Jib-Kombination von Team New Zealand sieht wunderschön.” Lester vermutete ein neues Großsegel im Einsatz.

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“Patriot” verpatzt den Start

Im dritten Match fiel die US-Yacht «Patriot» in der Vorstartphase in einem plötzlich arg windarmen Bereich von den Foils. “Patriot” blieb lange in der Flaute kleben, musste für einen langen Neuanlauf zwangsweise den Frühstart wählen, um wieder auf die Beine zu kommen und sich anschließend noch bereinigen. Als “Patriot” endlich korrekt die Startlinie kreuzte, war “Britannia” bereits 700 Meter weit davongestoben. Es war beeindruckend zu beobachten, wie alle AC75-Foiler auch in leichten Winden von teilweise deutlich unter zehn Knoten Geschwindigkeiten weit jenseits der 30 Knoten erreichten. Manchmal sogar noch mehr, wenn der Wind wieder ein paar Knötchen zulegte.

Dass das Duell zwischen “Britannia” und “Patriot” am Ende doch noch einmal spannend wurde, lag an der zuletzt immer schneller werdenden US-Yacht. Die Co-Piloten Tom Slingsby und Paul Goodison holten mit ihrer Crew alles aus dem Boot heraus, kamen plötzlich noch einmal stark auf. Aus 41 Sekunden Rückstand an der letzten Wendmarke machten sie im wie entfesselten Endspurt 14 Sekunden im Ziel. Tom Slingsby sagte: “Es ist wirklich frustrierend. Im Startbereich herrschten sehr leichte Winde. Das Team hat einen unglaublichen Job gemacht, uns danach wieder ins Spiel zu bringen. Am Ende ist uns nur die Zeit davongelaufen.”

Ein Geschenk für “Britannia”

Für Sir Ben Ainslies Team Ineos Britannia war der Vorstartpatzer der Amerikaner ein Geschenk. Sie verwandelten den “Elfmeter”, sahen aber selbst, wie erschreckend schnell die Amerikaner ihnen am Ende näher kamen. Entsprechend gedämpft war die Freude über den wichtigen Siegpunkt bei Ineos Britannias CEO und Skipper Ben Ainslie: “Es ist Zeit, dass wir Punkte aufs Konto bekommen. Die Amerikaner haben einen guten Job gemacht, wieder ins Rennen zurückzukommen. Wir müssen sehen, wie wir uns verbessern können. Das werden wir uns genau ansehen. Wir haben uns schon verbessert, aber wir haben offensichtlich noch einige Arbeit vor uns.”

Im vierten Duell des Tages unterlagen die erneut selbstbewusst auftretenden Franzosen den souverän agierenden Azzurri. Der “Orient Express” war schnell, aber zu tief gestartet, hatte sich danach zu sehr auf der linken Kursseite einklemmen lassen. “Luna Rossas” Co-Piloten Francesco “Cecco” Bruni und Jimmy Spithill ließen sich nicht lange bitten, wendeten auf den “Orient Express”, als der beim Erreichen der imaginären Kursbegrenzung schließlich zur Wende gezwungen war.

Die Herausforderer-Runde wird am Freitag mit vier weiteren von insgesamt 30 Duellen der doppelten Round-Robin-Runde fortgesetzt, in der jedes Team zweimal auf jedes andere trifft. Der schwächste Herausforderer scheidet bereits am 8. September aus, die anderen vier ziehen ins Halbfinale des Louis Vuitton Cup ein.

Der Kiwi-Schock am Abend

Nach dem vielversprechenden Auftakt zum Louis Vuitton Cup auf dem Wasser, kam für das Emirates Team New Zealand am Abend der Schock an Land. In einem am späteren Abend aktualisierten Statement vermeldeten die Neuseeländer dies zu ihrem Unglück, bei dem niemand aus dem Team verletzt, aber “Taihoro” beschädigt wurde:

“Nach den Rennen am ersten Round-Robin-Tag des Louis Vuitton Cup gab es ein Problem mit dem Kran, als das Team seine AC75 'Taihoro' aus dem Wasser hob. Das Boot landete schwer auf seinen Lagerbock.

Das Team hat das Boot mit einem Mobilkran gesichert. Es wird nun sicher in die Halle zurückgebracht, wo das Team über Nacht das volle Ausmaß des Schadens beurteilen wird. Nach ersten Einschätzungen wurde entschieden, dass das Emirates Team New Zealand morgen nicht segeln wird.

Sobald in den kommenden 24 Stunden weitere Untersuchungen durchgeführt wurden und ein vollständiger Plan für die Reparatur von ‘Taihoro’ vorliegt, wird das Team ein weiteres Update über die Dauer der Abwesenheit des Teams vom Wasser geben.

Grant Dalton, CEO des Emirates Team New Zealand, sagte: „Dies ist natürlich ein Rückschlag für das Team zu einem so wichtigen Zeitpunkt der Kampagne. Dies sind die Momente, die eine America's-Cup-Kampagne ausmachen können. Und wir haben eine erstaunliche Gruppe von engagierten und talentierten Leuten, die rund um die Uhr an der Reparatur des Bootes arbeiten werden.

Auf der Facebook-Fanpage der Briten berichtet ein Beobachter: “Ich war da. Es war das schrecklichste Geräusch brechender Kohlefaser. Ich vermute, dass wir sie eine ganze Weile nicht in Rennen sehen werden. Es ist einige Meter auf den Lagerbock gefallen, der scheinbar teilweise gebrochen ist. Kein Zweifel, dass sie einen vollen Struktur-Scan durchführen müssen.” Weiter schrieb Roy Thompson, man habe die Foils den Boden berühren sehen. Dazu den vorderen kollabierten Teil des Lagerbocks.

UPDATE, 30. August, 0.05 Uhr: Bilder aus dem Hauptquartier der Kiwis in Barcelona und Grant Dalton im ersten Interview zum Kranunfall:


Louis Vuitton Cup, Tag 1, Rennen 1 – Orient Express Racing Team vs. Alinghi Red Bull Racing:

Louis Vuitton Cup, Tag 1, Rennen 2 – Luna Rossa Prada Pirelli vs. Emirates Team New Zealand:

Louis Vuitton Cup, Tag 1, Rennen 3 – Ineos Britannia vs. NYYC American Magic:

Louis Vuitton Cup, Tag 1, Rennen 4 – Orient Express Racing Team vs. Luna Rossa Prada Pirelli:

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