Dieter Loibner
· 09.06.2013
Der Terminplan des Cups, der Wettfahrten anführt, die sicher nicht stattfinden werden, sorgt für Kopfschütteln und herbe Kritik
"Sie werden einfach nicht antreten”, klagte Grant Dalton, der frustrierte Chef der Neuseeländer in der Tageszeitung "New Zealand Herald" über den verspäteten Einstieg von Artemis Racing in den Louis Vuitton Cup, also jener Regattaserie, die den Gegner von Titelverteidiger Oracle Team USA ermitteln soll. "Als Teil der Sicherheitsempfehlungen wurde die Strafe von 100.000 US-Dollar für das Nichtantreten bei einer Wettfahrt erlassen, womit sie einfach fortwährend fernbleiben können.” Ob die Artemis-Wettfahrten der fünf Vorrunden, die derzeit noch im Terminplan aufgelistet sind, abgesagt werden oder ob Luna Rossa und Team New Zealand tatsächlich einsam ihre Runden in "Geisterwettfahrten” drehen müssen, um den Punkt für den Sieg zu kassieren, wurde offiziell bisher nicht geklärt.
Wie bereits gemeldet, werden in den fünf Vorrunden nur die Kiwis gegen Luna Rossa antreten, wobei der Sieger dieses Duells automatisch im Finale des Louis Vuitton Cup stehen wird, während der Verlierer im August gegen das bis dahin vielleicht einsatzbereite Boot von Artemis eine Trostrunde segeln soll. Doch auch daran gibt es hinter den Kulissen reichlich Zweifel. Laut Dalton habe Artemis einen Vorschlag der Neuseeländer und Italiener mit Einspruch bedacht, den Louis Vuitton Cup erst am 19. Juli beginnen zu lassen. Denn keines der beiden Teams reißt sich darum, immer nur gegen den gleichen Gegner im Kreis fahren zu müssen. Aber die Schweden blockten ab. "Am Ende war Artemis das Problem”, so Dalton. "Sie sind der offizielle Herausforderer, der sein Veto gegen Änderungen im Regattaprotokoll einlegen kann, und genau das haben sie getan. Wären fünf Teams am Start, wären sie längst rausgeflogen. Aber weil es nicht genug Teilnehmer gibt, muss die Regatta sich ihren Bedingungen beugen, und Luna Rossa muss den Preis bezahlen.”
Im krassen Gegensatz zur Schönfärberei der Veranstalter (ACEA-Chef Stephen Barclay: "Ich bin ganz sicher: Das schwedische Team wird enormen Zuspruch und große Sympathien erfahren") hat sich der Nachrichtendienst Bloomberg News auf Oracle-Boss Larry Ellison eingeschossen. Unter dem Titel "Wie Larry Ellison den America’s Cup ruiniert” stand da unter anderem zu lesen: "… nicht einmal segelnde Milliardäre sind bereit, 100 Millionen Dollar (für Boote) auszugeben, die den absurden Spezifikationen Ellisons entsprechen …. Natürlich wäre keine Geschichte über einen größenwahnsinnigen Milliardär, der einem Sport seinen Willen aufzwingt, ohne Schröpfung der Steuerzahler vollständig. San Francisco hat Millionen ausgegeben, um die Hafenanlagen zu sanieren, während man sich eingestehen muss, dass Ellisons Versprechen … größtenteils nur Hype waren.”
Das Ergebnis, so der Autor Jonathan Mahler, sei das sportliche Äquivalent von Apples Newton (ein früher Tabletcomputer, d. Red.) oder Microsofts Bob (ein legendärer Software-Flop, d. Red.): "eine störende, innovative und kolossale Pleite". In Silicon Valley heiße es, Versagen sei die Voraussetzung für Erfolg, führt Mahler weiter aus. "Beim Segeln lautet die Lektion etwas anders: Innovation bedeutet nicht immer Fortschritt. Und es kann auch möglich sein, dass ein Mann allein die älteste und berühmteste Regatta des Sports zerstört.”