Dieter Loibner
· 25.06.2013
Wegen der vorgeschlagenen Modifikationen der Ruderklappen proben die Kiwis und Prada den Aufstand. Das Gericht in New York ist alarmiert
Kein Cup ohne Streit. Das gehört selbst bei einer Miniatur-Regatta mit nicht mal einer Handvoll Boote zum Programm, so wie Pressemitteilungen, die nichts zur Erhellung komplexer Sachverhalte beitragen. Neuestes Exempel hierfür ist das Schlichtungsverfahren, das zur Akzeptanz der Sicherheitsvorschläge durch die Teams notwendig wurde. ”Es war eine nützliche und positive Übung, an deren Ende lediglich ein paar Punkte ungelöst blieben”, ließ sich da ein Jurymitglied zitieren. Dabei kocht den Herausforderern Luna Rossa und Team New Zealand die Seele.
Bei den ungelösten Punkten geht es nämlich in erster Linie um die Trimmklappen an den Ruderblättern ("Elevators”), denen beim Foilen größte Bedeutung zukommt. Punkt 8.6 der AC72-Klassenregeln verbietet ein Verstellen dieser Trimmklappen nach der Vermessung. Dementsprechend, so heißt es, haben Team New Zealand und Luna Rossa ihre Boote konstruiert und gesegelt. Dabei brächte das Verstellen dieser Elevators unterwegs unschätzbare Vorteile, denn gemeinsam mit den legalen neig- und kippbaren Schwertern beeinflussen sie die Kontrolle des Längstrimms und helfen so die Segelleistung zu optimieren. Doch weil die AC72 ursprünglich nicht zum Foilen entwickelt wurden, sind Ruder mit ständig verstellbaren Elevators, wie sie zum Beispiel bei den Foilermotten gang und gebe sind, nicht zugelassen.
Nach dem fatalen Unfall des Artemis-Kats am 9. Mai (für den es nach wie vor keine offizielle Erklärung gibt) soll es im Rahmen der erhöhten Sicherheitsmaßnahmen gestattet werden, diese Klappen bis fünf Minuten vor dem Start zu verstellen. Dabei stellt sich die Frage, wie garantiert werden soll, dass die Teams dies nicht auch während der Wettfahrt tun können. In einem Interview mit dem Lokalsender ABC7 ließ Regattadirektor Iain Murray durchblicken, dass es auch um die Größe dieser Winglets gehen könnte. "Unterm Strich sind größere Klappen sicherer”, sagte Murray. "Ich denke, jeder sieht das ein, doch es kommt darauf an, wie man an dem Punkt ankommt.”
Fakt bleibt, dass die Elevators die Krux des Sicherheitspakets sind, das eine Prüfungskommission nach dem Artemis-Unglück vorgeschlagen hat. Und dieses Paket wird von den Veranstaltern und dem Club der Verteidiger, dem Golden Gate Yacht Club, forciert, weil davon angeblich die Bewilligung für die Regatta abhängt, die von der US Coast Guard erteilt werden muss. Deshalb spekuliert Cup-Kommentator Richard Gladwell von "Sail World" gar, dass die Coast Guard als eine Art "Trojainisches Pferd” herhalten müsse, um neue Klassenregeln für die umstrittenen AC72-Kats durchzusetzen. Doch Änderungen der Klassenregeln bedürfen der Zustimmung aller Teilnehmer. Und genau an dem Punkt scheiterte auch die Schlichtung.
Pikantes Detail am Rande: Oracle wurde im März angeblich beim Testen eines Ruders fotografiert, das mit Winglets ausgestattet war, die auch während der Fahrt verstellbar waren. Sollten nun plötzlich derartige Ruder zugelassen werden, bliebe den Herausforderern Team New Zealand und Luna Rossa keine Zeit, so ein System zu entwickeln und zu testen, weil die ersten Wettfahrten zum Louis Vuitton Cup schon in zehn Tagen auf dem Programm stehen. Oracle dagegen hätte zwei Monate, weiter zu tüfteln und zu optimieren.
Jetzt muss sich die internationale Jury darum kümmern, doch irgendwie steht schon in der Dramaturgie, dass der berühmte Oberste Gerichtshof New Yorks in der Sache das letzte Wort haben könnte. Die Italiener haben vorsorglich ihren Anwalt Luis Saenz zum Thema sprechen lassen: "Wir sind darauf vorbereitet, alles zu tun, um die Regeln zu respektieren.” Es kling zwar harmlos, was Herr Saenz da äußert, ist aber als Kampfansage zu verstehen.