America’s CupDie Kiwis übernehmen die Favoritenrolle, die Matchrace-Spannung steigt

Tatjana Pokorny

 · 25.08.2024

Das Finale zwischen dem Emirates Team New Zealand und Luna Rossa Prada Pirelli
Foto: Ricardo Pinto/America's Cup
Am Finaltag der dritten und letzten Vorregatta zum 37. America’s Cup ging es abwechslungsreich und actiongeladen zur Sache: Endlich gab es vor Barcelona packende Duelle und Führungswechsel zu sehen. Die Kiwis mussten sich am Ende der Hauptrunde doch einmal beugen, gewannen aber die Regatta und siegten sich in die Favoritenrolle für ihre zweite Cup-Verteidigung in Folge.

Neuseelands America’s-Cup-Verteidiger haben ihre Favoritenrolle für den 37. America’s Cup mit einem Sieg unterstrichen. Vor Barcelona gewann das Emirates Team New Zealand die dritte und letzte Vorregatta zum Gipfelsturm. Beim ersten Kräftemessen mit den neuen AC75-Foilern der zweiten Generation verloren die Kiwis in der Hauptrunde der Louis Vuitton Vorregatta nach vier Siegen in Folge doch noch eines ihrer fünf Duelle – gegen die amerikanische “Patriot”.

Nachdem beide Boote spät in die Startbox eingetaucht waren, hatten ebenfalls beide auf dem Weg zur Startlinie noch einiges an Zeit wegzudrücken. Beide Boote kreuzten die Startlinie zu früh, tauchten noch einmal zurück, um dann – mit leichtem Vorteil für “Patriot” – fast Bug an Bug am Pin-Ende der Linie zu starten. In Lee positioniert, zwangen die Amerikaner die Kiwis zum frühen Split. Sie verteidigten die linke Kursseite, schickten “Taihoro” auf die rechte.

“Patriot” trotzt “Taihoro” einen Punkt ab

In der konfusen Welle des Tages fanden die Neuseeländer keine zwingende Antwort auf die schnelle “Patriot”, deren Co-Piloten Tom Slingsby und Nathan Outteridge nach dem Ruderproblem am Vortag sehr entschlossen agierten. Die “Patriot”-Crew traf die Anlegelinie zum Tor perfekt, hatte nach dem ersten Kursabschnitt 15 Sekunden Vorsprung. Daraus machten sie nach herausragender Vorstellung auch von Andrew Campbell und Mike Menninger (Trimmer und Flight Controller) sowie der “Power-Generatoren” auf ihren Fahrrädern im Ziel 28 Sekunden.

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„American Magic ist wirklich gut gesegelt. Sie hatten einen guten Start und wir waren ziemlich scharf darauf, auf die rechte Seite des Kurses zu kommen. Leider hatten sie einen schönen Linksdreher.” Nathan Outteridge

Das US-Team NYYC American Magic darf sich rühmen, den Kiwis ihre einzige Niederlage bei dieser Louis Vuitton Cup Vorregatta beigebracht zu haben. Die amerikanische Gesamtleistung ist bei der Ouvertüre Platz drei wert. Nicht übersehbar war, dass “Patriot” ein sehr schnelles Boot ist, mit dem auch die anderen Herausforderer zu rechnen haben.

Im anschließenden Duell zwischen Luna Rossa Prada Pirelli und Alinghi Red Bull Racing erwiesen sich einmal mehr die Eidgenossen als kluge Matchracer. Arnaud Psarofaghis und seinem Team nötigten “Luna Rossa” zu einem Frühstart, bevor sie selbst das Rennen sauber eröffneten. Mit gutem Handling und loser Deckung der Italiener konnte Alinghi Red Bull Racing den Vorteil bis zur ersten Marke in einen Vorsprung von 34 Sekunden ummünzen.

Penalty hält Azzurri nicht vom Siegen ab

Beim Fehler im Finish einer Halse jedoch bäumte sich Alinghi Red Bull Racings “BoatOne” auf, bevor es in die Wellen knallte. Die Folge aber war weniger drastisch als befürchtet, denn “Luna Rossa” wurde von den Schiedsrichtern mit einem Penalty belagt, weil die Italiener dem Schweizer Boot zu nahe gekommen waren. Die sogenannte “Keep clear boarder”-Regelverletzung wird mithilfe von imaginär um das Boot herum gezogenen “Rhomben” festgestellt. Überschneiden sich die “Rhomben” beider Boote, wird das vorfahrtsverletzende Boot bestraft.

“Luna Rossa” musste sich 75 Meter zurückfallen lassen, bevor “Cecco” Bruni, Jimmy Spithill und ihre Crew wieder Gas geben konnten. Sie taten das meisterlich und holten sich die Führung am Ende des dritten Kursabschnitts zurück. Aus zwölf Sekunden Vorsprung vor dem zweiten Vorwind-Abschnitt machten sie im packenden Match mit Vorliebe für die rechte Kursseite, Geschwindigkeiten von teilweise mehr als 42 Knoten und konsequenter Deckung bis ins Ziel einen Vorsprung von 46 Sekunden.

Im letzten Hauptrunden-Duell trafen Frankreichs Orient Express Racing Team und Ineos Britannia aufeinander. Beide hatten bis dahin bei dieser Vorregatta zum America’s Cup mehr eingesteckt, als ihnen lieb war. Die Franzosen fuhren erst mit zehn Sekunden Verspätung in die Startbox ein und machten sich damit das Leben selbst schwer. Die Briten verpassen ihnen umgehend einen Penalty, um dann jedoch selbst aus dem Tritt zu kommen.

Frühstart-Verwirrung um “Britannia”

Eine “Britannia”-Wende in Richtung Startlinie geriet in den unbeständigen Winden und Wellen zum Frühstart, für den sich Ben Ainslie und Co. sogar zweimal bereinigen mussten, weil sie ihr Boot im ersten Versuch nicht in vollem Umfang wieder hinter die Linie gebracht hatten. Die erstaunliche Manöverabfolge verwirrte sogar die TV-Kommentatoren für kurze Zeit, bis nach und nach verständlich wurde, was da Ungewöhnliches passiert war.

Es war gut, die Regatta mit einem Sieg zu beenden.” Sir Ben Ainslie

Die beharrliche Aufholjagd der Briten, die an der ersten Wendemarke einen Rückstand von 16 Sekunden angesammelt hatten, wurde in sieben Knoten Wind durch eine schwache Halse der Franzosen begünstigt. Ieanos Britannia konnte die Führung übernehmen, doch das Duell blieb weiter spannend. Beim letzten Lee-Tor entschieden sich die Briten für die Backbord-Tonne und fielen fast von den Foils, konnten sich aber retten. Eines der spannendsten und abwechslungsreichsten Duelle der Louis Vuitton Vorregatta beendete Ineos Britannia mit 48 Sekunden Vorsprung im Ziel als Sieger.

Als Hauptrundensieger trafen anschließend Neuseelands Co-Piloten Peter Burling und Nathan Outteridge im Finale auf Patrizio Bertellis Luna Rossa Prada Pirelli Team mit den Steuermännern Francesco Bruni und Jimmy Spithill. Der 78-jährige Patrizio Bertelli jagt den America’s Cup mit seinem Segelrennstall seit der Gründung 1997 zum siebten Mal.

Déjà-vu mit Erinnerungen an den 36. America’s Cup

Das Wiedersehen der Cup-Verteidiger und ihrer Herausforderer im Finale des 36. America’s Cup in Auckland gab dem Showdown bei der Vorregatta in Barcelona einen interessanten Déjà-vu-Anstrich. Die Italiener kassierten gleich in der Vorstartphase einen Penalty für ein zu enges Manöver. Mit perfektem Timing gingen die Kiwis ins Rennen, während sich die Azzurri noch bereinigen mussten. Aus 100 Metern wurden 200 Meter Vorsprung für die Neuseeländer, die ihre Gegner in eine konsequente Deckung nahmen.

Beide Teams hatten damit zu kämpfen, ihre Boote in den leichten Winden um sieben Knoten auf den Foils zu halten, mussten sich nach Wenden erst wieder mühsam hochkämpfen. Reichlich Wellengang und löchriger Druck forderte die AC75-Segler stark.

Eine schwache Halse der Kiwis ließ die Boote wieder enger zusammenrücken. Die Antwort darauf gab das Team um die Co-Piloten Peter Burling und Nathan Outteridge kurze Zeit später mit dem wohl typischsten und effektivsten Kiwi-Manöver: Sie wendeten bei einer ihrer spannenden Begegnungen direkt auf den Bug von “Luna Rossa” und zwangen die Italiener zum Wegwenden auf die linke Kursseite.

Kiwis im Glück: viele Fehler, trotzdem gewonnen

Das Rennen blieb packend. Auch, als die Italiener wieder einen Penalty für die Verletzung der imaginären Bootsbegrenzung kassierten. Der nächste Penalty für “Luna Rossa” folgte schon bei der nächsten Wende, als sich die Azzurri nicht freihielten. Die beiden potenten Rennställe und ihre Protagonisten lieferten sich ein großes Finale, in dem die Neuseeländer die letzte Marke mit nur elf Sekunden Vorsprung vor den Italienern rundeten.

Das war sicher nicht unsere hübscheste Arbeit. Wir haben es uns selbst schwer gemacht. Aber wir sind begeistert, dass wir das Ding geholt haben, weil man so viele Fehler machen und trotzdem gewinnen kann.” Peter Burling

Im finalen Zielsprint waren es die Kiwis, die Druck auf der rechten Seite sahen – und nutzten. Mit minimal wenigen Manövern erreichten sie die Ziellinie 34 Sekunden vor den Italienern, denen angesichts von insgesamt drei Penalties rein zeitlich für dieses Duell eine Klasseleistung zu attestieren ist. Das Final-Match hat gezeigt, wie spannend dieser 37. America’s Cup werden kann. Und wie eng Boote und Teams bei täglicher Weiterentwicklung aneinanderrücken können.

Barcelonas XL-Segelsommer läuft

Nur vier Tage vor Beginn der Herausfordererrunde zum 37. America’s Cup, hat sich bei der Ouvertüre neben den Italienern auch das amerikanische Team NYYC American Magic stark in Szene setzen können. Platz vier bei der Vorregatta holte nach einigen Stolperern Sir Ben Ainslies Team Ineos Britannia vor Alinghi Red Bull Racing und dem französischen Orient Express Racing Team.

Mit dem Louis Vuitton Cup (Herausfordererrunde) beginnt am 29. August der mehr als einen Monat währende Kampf um das Recht, die neuseeeländischen Cup-Verteidger im 37. Duell um den America’s Cup ab 12. Oktoner herausfordern zu dürfen. Zum Cup Programm gehören in Barcelonas Super-Segelsommer auch der Youth America’s Cup (17- - 26. September) und der historisch erste Frauen America’s Cup (5. – 13. Oktober). An beiden Wettbewerben nehmen im Gegensatz zum America’s Cup selbst auch deutsche Teams teil.

Louis Vuitton Vorregatta, Rennen 13 – Emirates Team New Zealand vs. NYYC American Magic:

Louis Vuitton Vorregatta, Rennen 14 – Luna Rossa Prada Pirelli vs. Alinghi Red Bull Racing:

Louis Vuitton Vorregatta, Rennen 15 – Orient Express Racing Team vs. Ineos Britannia:

Das Finale der Louis Vuitton Vorregatta in Barcelona – Emirates Team New Zealand vs. Luna Rossa Prada Pirelli:

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