Tatjana Pokorny
· 16.06.2017
Ein Frühstart, ein zu langsames Boot und demoralisierende Zeitdifferenzen: Cup-Verteidiger Oracle Team USA war in den leichten Samstag-Bedingungen chancenlos
Das Emirates Team New Zealand hat den amerikanischen Cup-Verteidigern zum Auftakt des 35. Duells um den America's Cup zwei empfindliche Niederlagen beschert. Mit deutlich schnellerer Bootsgeschwindigkeit demontierten die Kiwis das Oracle Team USA in den ersten beiden Rennen. Dabei unterlief Oracle-Steuermann Jimmy Spithill im ersten Rennen des Tages ein ärgerlicher Frühstart, das amerikanische Boot hatte seine Rümpfe eine Sekunde zu früh über die Linie getrieben. Es war nur einer der vielen seglerischen Fehler, die beiden Teams am ersten Finaltag unterliefen – den Amerikanern allerdings in höherer Frequenz. Kombiniert mit dem Geschwindigkeitsnachteil der "17" gab es für Jimmy Spithill und seine Männer an diesem Samstag gegen die schnelle und leichtfüßige "Aotearoa" keinen Punkt zu gewinnen. "Das war ein harter Tag", räumte Spithill am Nachmittag auf Bermuda ein, "wir haben seglerisch klar nicht unser Bestes gezeigt. Diese Jungs (sein Blick schweift zu Peter Burling) sind heute besser gesegelt."
Den Herausforderern gelang trotz eigener Patzer ein Traumstart. Sie dominierten das erste Rennen nach dem Frühstart der Amerikaner durchweg. Die Kiwis hatten zur Halbzeit der Begegnung 46 Sekunden Vorsprung. Zwischenzeitlich enteilten sie den Titelverteidigern mehr als einen halben Kilometer. Einen Schreckmoment aber erlebten Steuermann Peter Burling und seine radfahrenden Männer auch: Auf dem Weg zum Ziel fielen sie im Manöver an der letzten Marke zum Endspurt von den Foils, und es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis die Kiwis danach wieder in den Flugmodus kamen. "Wir sind auch nicht zufrieden, wie wir heute gesegelt haben. Wir hatten so einige Probleme. Es gibt allerlei, das wir heute Abend genau analysieren müssen. Und eines ist klar: Unser Team braucht acht Siege, um den America's Cup zu gewinnen. Wir haben keinerlei Illusionen, dass es noch viel härter werden wird. Die guten Nachrichten sind, dass wir uns auf unsere Bootsgeschwindigkeit verlassen können und 1:0 führen."
Buhl und Heil fiebern mit
Die Neuseeländer mussten in Folge des Sieges der Titelverteidiger in der Qualifikationsrunde mit einem Minuspunkt in die Finalserie starten. So war der von den Amerikanern gewonnene Bonuspunkt entsprechend des geänderten Reglements umgerechnet worden. Aus diesem Minuspunkt haben die "fabelhaften Burling Boys" am ersten Tag mit ihrer "Roten Rakete" einen 1:0-Vorsprung gemacht. 49er-Steuermann Erik Heil, der mit Thomas Plößel in Rio de Janeiro die Bronzemedaille gewonnen hatte, während die America's-Cup-Stars Peter Burling und Blair Tuke das erhoffte Gold mit großer Dominanz schon vorzeitig aus der Guanabara-Bucht gefischt hatten, sagte nach den Rennen, die er am Samstagabend im Fernsehen verfolgt hatte: "Legendär, die Boys! Hoffentlich geht's so weiter!" Auch Laser-Vizeweltmeister Philipp Buhl beobachtet das spannende Cup-Duell aus der Ferne und kommentierte: "Cool gesegelt, die Kiwis! Das stärkste Zeichen war aber wohl der zweite Start heute! Da haben sie gegen Startkönig Spithill mega stark verteidigt. Das macht Mut. Der Speed war ja keine Überraschung."
Das zweite Rennen des Tages gewannen die Kiwis nach ihrem souveränen Start mit 1:28 Minuten Vorsprung im Ziel. Jimmy Spithill ließ sich aber angesichts der beiden sportlichen Ohrfeigen in gewohnter Manier nicht von seiner Überzeugung abbringen, dass in diesem Duell alles offen bleibt: "Wir haben das erste Rennen heute verschenkt. Das Blatt kann sich schon am Sonntag definitiv wenden! Wir waren heute wirklich alles andere als gut. Wir müssen in Fahrt kommen." Sir Ben Ainslie, CEO und Steuermann des ausgeschiedenen britischen Teams Land Rover BAR, hatte am Morgen gesagt: "Die Neuseeländer arbeiten intensiv daran, ihre Geschichte von 2013 gerade zu rücken." Einen Schritt dazu haben sie am Samstag getan.
Beide Steuermänner waren sich nach den Auftaktrennen einig, dass die anfangs sehr schwachen, drehenden und teilweise löchrigen Windbedingungen schwer zu meistern waren. So erklärten sich diverse Fehler auf beiden Seiten, wenn auch nicht alle. Das Duell der Cup-Giganten wird am Sonntag mit den Rennen 3 und 4 fortgesetzt, die sowohl Servus TV als auch Sky Sport live übertragen.