Carsten Kemmling
· 13.02.2003
Bei der letzten Pressekonferenz vor dem großen Finale am Valentinstag tauschen die Skipper Freundlichkeiten aus. Bericht aus Auckland
Nur der America's Cup steht zwischen ihnen. Russell Coutts nimmt links neben der silbern glänzenden Kanne Platz, Dean Barker rechts davon. Kein großes Hallo der alten Freunde, kein Händedruck. Barker sieht für eine Sekunde so aus, als würde er darauf warten, aber Coutts hat den Tunnelblick aufgesetzt.
Der letzte Showdown vor der gesammelten Weltpresse. Bei Boxern würde man einstudierte martialische Wortgefechte der Kontrahenten erwarten. Bei Seglern geht das non verbal ab. Es ist ein Psychoduell, und Russell Coutts hat nicht vor seinen ehemaligen Schüler in den Arm zu nehmen. Er sieht ihn kein einziges mal während der Pressekonferenz an.
Seine Körpersprache zeigt deutlich: "lass die Finger von der Kanne Kleiner. Die gehört mir." Dean Barker strahlt nicht diese innerliche Überzeugung aus. Mehrmals bläst er die Backen auf, er fühlt sich unwohl. Um Lockerheit bemüht, lehnt er sich im Stuhl zurück.
Dann die erste Niederlage. Bei der Auslosung der Startseiten zieht Barker blau. Er muss beim ersten Rennen am Samstag ohne Wegerecht von der benachteiligten linken Seite in die Startbox eintauchen. Beide Skipper zeigen keine Regung.
Es ist eine Pressekonferenz der kurzen Antworten. Frage: "Es wäre das erste mal, dass ein Newcomer den Cup gewinnt." Ernesto Betrarelli: "Stimmt, wir werden sehen, ob wir Geschichte schreiben können."
Frage: "Wie ist es, gegen den ehemaligen Lehrer zu segeln?" Barker: "Eine interessante Herausforderung."
Ein Hauch von Stimmung kommt auf, als die Skipper gefragt werden, ob sie Schlafprobleme vor dem entscheidenden Rennen haben. Beide verneinen. Coutts spricht mit unbewegtem Gesicht, in der ihm eigenen zischelnden fast lispelnden Sprechweise über den Wert eine guten Massage vor so einer Nacht.
Was zu den Frauen der beiden Skipper führt. Bei ihnen können sie sich entspannen, äußern beide. Weil sie nicht über Segeln sprechen.
"Und was habt ihr zum Valentinstag bekommen?" Coutts: "Darüber kann ich hier nicht sprechen."
Je länger banale Fragen gestellt und banale Antworten gegeben werden, umso gelangweilter sieht der Alinghi Skipper aus. Er wiederholt zum x-ten mal, dass er nicht gegen den Hula protestieren wird. Er vertraue den Vermessern, dass die ihren Job vernünftig machen.
Nur einmal spitzt er noch die Ohren. Ernesto Bertarelli wird gefragt, was er von der "loyal" Kampagne der Neuseeländer hält. Aber der immer sympathisch lächelnde Alinghi Boss nutzt diese Steilvorlage nicht für eine Abrechnung mit den Kiwis. Er bleibt höflich wie immer und betont, wie selbstverständlich der Heimvorteil ist.
Aber in der Schweiz gebe es auch ungeheuere Unterstützung. Eine ganze Stadt sei mit Alinghi Flaggen geschmückt und gestern habe sich der Schweizer Präsident mit besten Wünschen gemeldet. "Wir wissen von der Unterstützung und freuen uns sehr darüber."
Bertarelli strahlt eine tiefe Zufriedenheit aus. Er genießt es an dieser Stelle zu sitzen. Und auf die Frage, ob er im Falle einer Niederlage weitermachen würde sagt er laut und deutlich "Ja". Ungeachtet der Drohung, die seine Teammitglieder erhalten haben.
Wer das vergessen haben sollte, wird durch die beiden im Hintergrund stehenden Bodyguards daran erinnert. Drohend und suchend schauen sie in die Runde der drängelnden Journalisten. So manch einer verkneift sich den Griff in die Innentasche.
Dann ist das Schauspiel beendet. Alle stehen auf, schütteln sich brav die Hände. Nur Tom Schnackenberg gibt schon ein Interview abseits der Szene. Das ist der Moment, in dem selbst Russell Coutts hilflos wirkt. Soll er sich zu Schnack durchkämpfen, um seinem alten Mentor die Hand zu geben? Oder will der das gar nicht? Coutts versucht es, aber dann wird er zum Foto mit Barker gebeten.