Tatjana Pokorny
· 14.10.2013
Skipper Jimmy Spithill nennt die Vermutungen über ein von Oracle Team USA im America's Cup eingesetztes Stabilisierungssystem ein "Märchen"
Haben sie oder haben sie nicht? Die Spekulationen über ein von Cup-Gewinner Oracle Team USA möglicherweise über die erlaubten Grenzen hinaus eingesetztes Stabilisierungssystem an Bord ihres Riesenkatamarans halten an. Der CBS-Reporterin Belinda Henley sagte Skipper James Spithill in einem Interview für die Reihe "60 Minutes" nun: "Dieses Gerede über ein Super-System auf dem Boot – die Leute suchen doch nach einer Wunderwaffe. Unglücklicherweise ist alles einfach nur mit harter Arbeit zu erklären."
Der 34-jährige Australier sagte der Journalistin: "Offensichtlich wurden Sie ziemlich in die Irre geführt. Es gibt keinen Herbie. Herbie ist ein Auto, das in Filmen herumfährt. Sollte es denn jemand haben, dann schickt mir dieses Super-Stabilisierungssystem, und wir werden es beim nächsten Mal einsetzen. Es hat doch komödiantische Züge, dass Leute so etwas denken oder mit solchen Märchen kommen. Ich kann nicht glauben, dass die Leute das sagen."
Nach dem Comeback-Sieg der Ameriakaner im 34. Duell um den America's Cup, in dem das Oracle Team USA acht Matchpunkte in Folge abwehrte und die wichtigste Trophäe des internationalen Segelsports nach verpatztem Auftakt doch noch verteidigte, hatte es Spekulationen über technologisch möglicherweise grenzwertige Vorteile der Verteidiger gegeben. Im Mittelpunkt der Diskussionen stand ein Computermodul mit dem Spitznamen "Little Herbie". Mehrere Experten hatten berichtet, dass es dem US-Team gute Dienste am Rande der Legalität geleistet haben könnte. Von den Cup-Vermessern aber hatte es grünes Licht gegeben, weil zwischen Modul und der Bewegung der Foils noch der Mensch (Segler) und die durch seine Muskelkraft angetriebene Hydraulik standen. Eine automatische Nachsteuerung hatten die Cup-Verteidiger stets vehement bestritten.
James Spithill machte sich im Interview sogar über die Vorstellungen der Skeptiker lustig: "Das Letzte, was ich gehört habe, ist, dass Coutts mit einer Fernbedienung auf dem Begleitboot gessen hat. Von dort hätte er die Grinder ferngesteuert und das Boot gesegelt … Er konnte alles tun. Ich wünschte, er hätte das tun können. Es hätte uns das Leben viel einfacher gemacht."
Spithill räumte im Gespräch auch ein, dass er während der Pressekonferenzen in San Francisco nicht immer die Wahrheit gesagt habe: "Meistens geht es bei diesen Pressekonferenzen doch darum, in den Kopf des Gegners zu gelangen und psychologische Spielchen zu spielen. Jedes Mal, wenn ich gesagt habe, dass ich glaube, dass wir noch gewinnen können, dann war es die Wahrheit. Wenn ich gesagt habe, dass wir nicht aufgeben werden, dann war es die Wahrheit. Aber wenn ich sagte, dass wir das Boot jede Nacht verändern würden – nein, das haben wir nicht gemacht. Wir haben ein paar Veränderungen vorgenommen, aber wir wollten sie (Red.: Emirates Team New Zealand) denken lassen, dass sich bei uns jede Nacht große Dinge ereignen würden." Spithills Erklärungen klingen logisch. Ob sie der Wahrheit entsprechen, ist im Nachhinein kaum mehr zu überprüfen.