America's CupDas Geheimnis des "falschen Rumpfes"

YACHT Online

 · 17.12.2002

America's Cup: Das Geheimnis des "falschen Rumpfes"Foto: YACHT
So oder ähnlich könnte die untergebaute Schale aussehen

Die Top-Teams sollen einen innovativen Weg gefunden haben, die Vermessungsregel zu umgehen

Bis zum 7. Januar, wenn die beiden verbliebenen Herausforderer und der America's-Cup-Verteidiger ihre Bootsrümpfe enthüllen müssen, bleibt alles Spekulation. Es ist aber denkbar, was dann unter den Hecks der Yachten zu sehen sein wird.

In dieser Woche enthüllte Alinghi-Skipper Russell Coutts, dass sein Team sowie Team New Zealand und möglicherweise auch Oracle BMW Racing neue Unterwasser-Anhänge entwickeln. Aber es ist nicht die Art von Anhängen, die man erwarten hätte. Es wird an einer zweiten Rumpfschale gearbeitet, die unter der Heckpartie der Boote befestigt wird und dabei nicht als Rumpfteil, sondern als Anhang gilt. Niemand außer ein paar Designern, Teammitgliedern und Vermessern weiß derzeit genaues. Aber es ist offensichtlich, dass ein Weg gefunden wurde, die effektive Wasserlinie zu verlängern.

Für Boote, die nicht in Gleiten kommen gilt, dass sie bei gleicher Verdrängung umso schneller sind, je länger ihre Wasserlinie ist. Obwohl sie nicht genau festgelegt ist, ist die Wasserlinienlänge eines America's Cuppers einer der drei Punkte, die in die Vermessungsformel eingehen und das Aussehen des Bootes bestimmen. So wird beispielsweise eine längere Wasserlinie durch weniger Segelfläche ausgeglichen. Um diese Bestrafung zu umgehen ist es wichtig, die Wasserlinie so zu verlängern, dass es die Vermessung nicht beeinflusst.

Das wird dadurch möglich, dass es einen Unterschied zwischen der vermessenen Wasserlinie und der später beim Segeln tatsächlich effektiven Wasserlinie gibt. Lange Überhänge am Bug und Heck verlängern die effektive Wasserlinie eines jeden Bootes, besonders wenn es krängt. Die Überhänge werden jedoch nicht mit vermessen, so dass das Ziel der Designer ist, sie immer länger und effektiver zu gestalten. Ein Resultat dieser Bestrebung ist der so genannte Knick-Bug, den alle Teams eingesetzt haben.

Jetzt scheint es auch unter den Hecks eine Revolution zu geben. Die Form des Rumpfes von der Kielhinterkante bis zur Wasserlinie bestimmt, wie der Überhang aussieht, denn es darf im Rumpf keine Beulen oder hohle Flächen geben, er muss straken, also bis zum Heck in einer harmonischen Linie auslaufen. Je größer der Winkel dieser Linie zur Wasserlinie ist, desto kürzer und unwirksamer wird der Überhang. Je flacher der Winkel ist, desto dichter ist der Überhang an der Wasserlinie und desto länger und gleichzeitig noch effektiv kann er sein. Das kostet jedoch Volumen im gesamten davor befindlichen Heckbereich.

Für die America's Cupper gelten zwei Hauptregeln für diesen Bereich, die den Winkel des Unterwasser-Profiles beeinflussen. In der Nähe des Hecks befindet sich ein Punkt, an dem das so genannte Gurtmaß angelegt wird (einen solchen gibt es auch am Bug). Es wird um den Rumpf herum gemessen, hat eine vorgegebene Länge und bestimmt so die Verjüngung des Hecks nach achtern. Es dient dazu, die Formen der verschiedenen Rümpfe annähernd gleich zu halten. Die erste Regel besagt, dass dieses Gurtmaß an dem Punkt angelegt wird, wo der Rumpf eine Linie schneidet, die 200 Millimeter über der Wasserlinie (im Vermessungstrimm) liegt. Die zweite Regel bestimmt das Profil des Rumpfes in dem Bereich zwischen dem Gurtmaß und dem Punkt, an dem der Rumpf die Wasserlinie schneidet. Das Profil darf dort 12,5 Grad nicht übersteigen.

Je kleiner dieser Winkel des Unterwasser-Profiles gestaltet ist, um so länger wird der Überhang, was gewollt ist. Das Problem ist, dass dadurch auch das Volumen des Heckbereiches vor diesem Messpunkt reduziert wird.

Die große Kunst im Cup-Design ist jedoch, das Volumen der 25 Tonnen schweren Boote möglichst effektiv auf die Länge zu verteilen. Die Erfordernis, einen bestimmten Teil dieses Volumens in der Heckpartie zu platzieren hindert die Designer daran, die 12,5 Grad Profilwinkel zu unterschreiten, was wieder einen kürzeren Überhang zur Folge hat. Wenn es also gelänge, das Profil möglichst flach zu halten und das fehlende Volumen irgendwie auszugleichen, hätte das Boot durch den längeren effektiven Überhang entscheidende Vorteile auf dem Wasser.

Der so genannte "clip-on", der Anklick-Anhang, den die Neuseeländer haben sollen, scheint eine Lösung für dieses Problem zu sein. Das durch das flache Rumpfprofil fehlende Volumen wird einfach durch das Volumen des Anhangs ausgeglichen.

Der Trick ist, es für die Regel so aussehen zu lassen, dass es sich dabei um einen Anhang handelt und nicht um den Rumpf selbst. Denn die Anzahl und Form von Anhängen ist nur insofern geregelt, als dass nur zwei bewegliche Teile unter Wasser vorhanden sein dürfen (normalerweise Ruderblatt und Trimmklappe an der Kielhinterkante). Unbewegliche Anhänge sind nicht limitiert. Das Wasser, das an diesem Anhang vorbei strömt, soll jedoch glauben, dass es sich um eine feste Form des Rumpfes handelt. Um das zu erreichen, darf der Anhang nicht fest mit dem Rumpf verbunden sein, außer an einigen Befestigungspunkten (deren Fläche ist limitiert). Es befindet sich also Wasser zwischen Rumpf und Anhang. Da dieses Wasser aber quasi gestaut ist, wird diese Art Haut mit Volumen nur außen umströmt.

Es wird interessant sein, am 7. Januar zu sehen, wie die Teams das Problem gemeistert haben.