Sir Ben Ainslies Team Ineos Britannia hat sich in den vergangenen Wochen in Barcelona viel Respekt ersegelt. Die älteste und wichtigste Silberkanne des Segelsports aber konnten die Briten – noch – nicht gewinnen. Der America’s Cup bleibt vorerst ein Kiwi-Cup. Das Emirates Team New Zealand gewann die “Auld Mug” nach 1995, 2000, 2017 und 2021 zum fünften Mal. Historisch bemerkenswert: Sie gewannen den America’s Cup als erstes Team zum dritten Mal in Folge.
26 Minuten und 43 Sekunden hat der neunte Lauf gedauert. Mit einem Vorsprung von 580 Meter und 37 Sekunden kam “Taihoro” ins Ziel. Der siebte Siegpunkt am sechsten Renntag bedeutete den Triumph für die Co-Piloten Peter Burling und Nathan Outteridge, ihre Trimmer Blair Tuke und Andy Malone sowie die Radfahrer Louis Crosby, Marius van der Pol, Hamish Bond und Dougal Allan. “Es war ein unglaublicher Kampf und ich bin stolz aufs gesamte Team”, sagte Peter Burling noch auf dem Wasser.
“Sie sind das beste Team in der America’s-Cup-Geschichte”, zollte der geschlagene Briten-Boss Ben Ainslie den Siegern kurz nach dem Triumph der neuseeländischen “Taihoro” ultimativen Respekt. Die achtköpfige Kiwi-Crew hatte im letzten Rennen im 37. Match um den America’s Cup noch einmal gezeigt, warum sie auch in diesem Zyklus nicht zu schlagen waren.
Am Samstagabend fiel Ben Ainslies Bilanz in Barcelona noch etwas detaillierter aus: „Das Emirates Team New Zealand und auch Luna Rossa Prada Pirelli sind die Teams, die am längsten im America’s Cup sind. Jedes Mal, wenn du am America’s Cup teilnimmst, wirst du effizienter, besser im Umgang mit deinen Design-Tools. Das hier ist unser drittes Mal (Red.: unter britischer Flagge). Wir kommen immer näher und näher ran. Wir haben es noch nicht ganz geschafft, aber wir sind entschlossen, diesen Job abzuschließen.“
Wie man Kiwis in Zukunft schlagen könnte? Ainslie sagt: “Sie sind in Serie brillant, aber jedes Mal, wenn wir ihnen begegnen, kommen wir ihnen einen Schritt näher. Es geht um Entwicklung innerhalb des Teams. Sie waren einen Tick schneller. Sie haben einen Tick besser manövriert. Sie waren ein bisschen besser darin, den ersten Dreher nach dem Start zu finden. Sie sind makellos gesegelt. Das ist das Niveau. Wenn du von einem Team auf dem Level geschlagen wirst, kannst du nur deinen Hut ziehen.”
Das Versprechen des britischen Cup-Comebacks unterstrich der ehemalige und möglicherweise auch kommende „Challenger of Record“ deutlich: „Wir sind vor zehn Jahren angetreten, den America’s Cup zu gewinnen. Ich bin kein Aufgeber. Wir werden das zu Ende bringen.” Der 47-jährige erinnerte noch einmal daran: “Der America’s Cup ist eine gigantische Team-Aufgabe über dreieinhalb, vier Jahre. Ich bin sehr stolz auf unser Team!”
Während das Emirates Team New Zealand am Triumph-Tag zunächst weder seinen künftigen Challenger of Record noch den Austragungsort für den 38. America’s Cup preisgeben, wurde im Laufe des Abends bekannt, dass erneut die britische Royal Yacht Squadron eine Herausforderung an die Royal New Zealand Yacht Squadron übergeben hat. Das berichtete das Magazin Sail-World. Die Partnerschaft zwischen dem Emirates Team New Zealand (Royal New Zealand Yacht Squadron) und Ineos Britannia (Royal Yacht Squadron) als Challenger of Record hatte nach gegenseitigen Bekundungen im nun abgelaufenen Cup-Zyklus gut funktioniert.
Das übliche Vorgehen bei einer Vereinbarung zwischen Verteidiger und Challenger of Record: Die offizielle Herausforderung wird einem Vertreter der Royal New Zealand Yacht Squadron mit dem letzten Zieldurchgang der Siegerin übergeben. Dazu sitzen in der Regel der Vertreter des verteidigenden Yacht-Clubs und der Vertreter des herausfordernden Yacht-Clubs – gut geschützt gegen etwaige Konkurrenz-Herausforderungen –gemeinsam auf einem für andere nicht zugänglichen Boot auf See oder an einem anderen geheimen Ort. Zuvor haben bereits Verhandlungen über die Eckpunkte des kommenden Cup-Zyklus stattgefunden.
Zwar bestimmen die Cup-Sieger und -Verteidiger den künftigen Austragungsort, das Reglement und das Format, doch brauchen sie dazu ein grundsätzliches Mitgehen des Challenger of Record, um eine für beide Seiten attraktive und relevante Regatta organisieren zu können. Der Challenger of Record übernimmt die Rolle des Vertreters aller weiteren Herausforderer.
Ben Ainslie hat am Finaltag des 37. America’s Cup bestätigt, dass Sir Jim Ratcliffe sein Team auch in Zukunft weiter unterstützen wird. Gleichzeitig wies Ainslie darauf hin, dass möglicherweise zusätzliche Partner gebraucht werden, er die Mannschaft aber in die Zukunft führen wird. “Ich bin dem Team auf dem Weg in die Zukunft und bei der Aufgabe verpflichtet, den America’s Cup zu gewinnen.”
Dass die America’s-Cup-Klasse der rasenden AC75-Foiler mindestens einen weiteren Cup-Zyklus erleben wird, daran gibt es keinen Zweifel. Im Rahmen des bestehenden Protokolls hatten sich zudem alle teilnehmenden und unterzeichnenden Teams verpflichtet, den America’s Cup im Falle ihres Sieges auf AC75-Yachten fortzusetzen. Allerdings ist mit Änderungen zu rechnen, wie nicht nur “Taihoro”-Chefdesigner Dan Bernasconi am Abend in Barcelona bestätigte. Wie schwer es für ganz neue Teams sein wird, in den kommenden Cup-Zyklus einzusteigen?
Dan Bernasconi sagte: “Das ist eine wirklich gute Frage! Ich glaube, das hier sind sehr komplexe Boote. Die Einstiegshürde für ein neues Team ist ziemlich hoch. Ich glaube, das gilt insbesondere für den Mechatronik-Bereich, die Elektronik und die Hydraulik. Das ist sehr komplex. Das ist ein weiteres Argument dafür, in dem Bereich nach Vereinfachungsmöglichkeiten zu suchen. Oder ein paar mehr Teile (Red.: als OneDesigns) zwischen den Teams zu teilen.” Nicht nur Dan Bernasconi weiß, dass “das Interesse der Teams an Kosteneindämmung hoch ist”.
Wo der nächste America’s Cup wann ausgetragen wird, blieb so kurz nach der Entscheidung im “Battle of Barcelona” vorerst offen. Mit Blick auf die unterschiedlichen Interessen, die Neuseelands Sieger zu berücksichtigen haben, gibt es viele Denk- und Spielvarianten: Man könnte in Barcelona bleiben, weil in der spanischen Mittelmeermetropole nun alles angerichtet ist. Auch andere europäische Häfen kämen in Anlehnung an diese Cup-Edition in Frage.
Immer wieder geisterte auch das Gerücht durch die Camps, die Kiwis könnten für den kommenden America’s Cup Kurs auf Dschidda in Saudi Arabien nehmen. Dem Austragungsort gegenüber hatte aber etwa das im Halbfinale des Louis Vuitton Cup ausgeschiedene US-Team American Magic NYYC Sicherheitsdenken angemeldet, als die Teams dort Ende 2023 zur zweiten Vorregatta zum America’s Cup auf AC40-Foilern gebeten wurden. Team-Hauptsponsor Emirates hat seinen Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Auch nicht ausgeschlossen ist, dass der heimische Druck auf die Verteidiger wächst und die Rückkehr nach Neuseeland ins Auge gefasst wird. Auckland als Austragungsort hatte das Emirates Team New Zealand für den 37. America’s Cup den Rücken zugekehrt, weil dort aus Richtung Regierung und anderen Töpfen zu wenig finanzielle Förderung für eine erfolgversprechende Kampagne kam, während Barcelona etwa 70 Millionen Euro in den Cup in seiner Stadt investiert haben soll, wovon die Verteidiger als Team und als Ausrichter des America’s Cup profitierten.
Sicher ist: Der America’s Cup bleibt auf Kurs Zukunft spannend. Mit weiteren Auflösungen der vielen Fragezeichen – das kündigten die alten und neuen Cup-Verteidiger am Abend ihres Sieges an – ist in den kommenden Wochen und Monaten zu rechnen. Dazu soll in Kürze ein Zeitplan veröffentlicht werden.