Tatjana Pokorny
· 14.09.2024
Jochen Schümann: Wir sind ein superkleines Start-Up. Ich bin Mentor, versuche zu fördern, der Sache Struktur zu geben und Prinzipien zu vermitteln. Dann kann man als Lasersegler auch ein Cup-Boot steuern. Die Top-Leute im America’s Cup kommen immer noch aus den besonders leistungsstarken Olympiaklassen wie Laser oder Skiff. Was ich damit auch sagen will: Das Foiling hat die Cup-Welt nicht verändert. Die gleichen guten Olympiasegler kriegen ihre Chancen. Foiling braucht keine anderen Segler, sondern wie immer nur die besten. Und wir müssen sie dahinbringen.
Das ist der Auftakt für langfristig etwas Neues. Für eine bessere Zukunft im Youth und Women’s America’s Cup. Und darüber hinaus für ein echtes Cup-Team als echtes Zuhause für Leistung. Dafür brauchen wir auch ein vielseitig talentiertes und erfahrenes Team hinter den Seglern. Für den America’s Cup braucht es viel Kompetenz. Die muss aufgebaut werden.
Das wird sehr schwer. Die eingeladenen Mannschaften sind schon extrem benachteiligt. Wir werden auch als AC Team Germany benachteiligt sein. Alle Teams, die auf den AC40-Booten trainieren konnten, werden viel besser sein. Daran muss man die Leistungserwartung anpassen. Man darf es nicht wie Olympische Spiele oder eine WM sehen. Man muss es als Chance für unsere jungen Segler sehen, sich am America’s Cup zu beteiligen und auf höchstem Niveau wichtige Erfahrungen zu sammeln. Für alle nicht am aktuellen America’s Cup beteiligte Nationen wird die Lücke sonst noch größer. Hier gilt wirklich: Dabei sein ist alles. Es geht ums Lernen, Bewahren und Weitergehen.
Der America’s Cup ist das führende Event im Segelsport. Man kann froh sein, teilnehmen zu dürfen. Dann liegt es an uns, uns für die Zukunft besser vorzubereiten und aufzustellen. Die aktuelle Kampagne ist erst im Winter 2023/2024 durchgestartet, die Aktiven konnten „nur“ am Simulator und nicht auf AC40-Foilern trainieren. Den Jugend- und den Frauen-America’s-Cup wird es auch in Zukunft geben. Wer jetzt mitmacht, kann dafür sorgen, dass zuhause eine nachhaltige Infrastruktur entsteht, wie die Foiling Academy in Kiel, wo man wirklich Foiling-Expertise sammeln kann. Für die weitere Zukunft müsste man dann auch einen AC40-Foiler haben.
Genau. Die Idee ist so super! Das sind State-of-the-Art-Boote, dicht an der Formel 1 im Automobilrennsport dran und genderneutral. Frauen können diese Boote bei zwei Steuerleuten und zwei Trimmern genauso erfolgreich segeln wie Männer. Du musst einen guten Kopf haben und gut segeln können.
Ich habe von Beginn an gesagt, dass Mixed-Teams hier ein wichtiges Prinzip wären, weil das gemischte Segeln auch die Frauen schneller stark macht.
Es gibt ein Komitee mit den Coaches, Marc Pickel und mir. Die Aufgabe der Entscheidung haben wir aber auch den Crews selbst gegeben. Wir brauchen keine Nominierungskriterien. Ich habe den Seglern gesagt: ‚Ihr müsst euch in die Augen sehen und entscheiden, wer die Besten sind und auch, wer mit wem am besten harmoniert.‘ Dafür muss man ehrlich sein gegenüber den anderen – und gegenüber sich selbst.
Es wird sicher spektakulär für Zuschauer und Segler. Sogar, wenn man Letzter wird. Man macht etwas, das sonst keiner machen darf. Gleichzeitig habe ich mit vielen anderen auch Respekt: Hoffentlich sind alle so geduldig, dass die Events sympathisch und ohne große Crashes ablaufen.
Dazu gibt es einige Ideen. Die beste ist die der konzentriert organisierten Regattaserie mit Charter-Betrieb. Ähnlich machen wir es mit der Bundesliga und der Champions League vor. Es würde für viele Cup-Interessierte einen großen Unterschied machen, wenn man die Boote nicht kaufen muss, sondern leasen kann.
(Lacht). Den Draht gibt es noch. Alinghi Red Bull Racings Boat Captain für den AC40er hätte ich auch gekannt. Aber die Boote sind von den Cup-Teams Ende August an die America’s-Cup-Organisatoren übergeben worden. Sie werden während der Events von ‚neutralen‘ Boat Captains betreut. Schauen wir, wer die sein werden…