America’s CupBritische Scheidung – mit 100 Technikern, aber ohne Ainslie

Tatjana Pokorny

 · 23.01.2025

Hier haben Sir Jim Ratcliffe (l.) und Sir Ben Ainslie gerade mit Ineos Britannia die Herausfordererrunde zum 37. America's Cup und die Louis-Vuiton-Trophäe gewonnen.
Foto: Ian Roman/America's Cup
Wenn aus einem Team plötzlich zwei werden, weil zwei Sirs sich nicht mehr einigen können: Sir Jim Ratcliffe und Sir Ben Ainslie nehmen getrennt voneinander Kurs auf den 38. America’s Cup. Ob am Ende wirklich zwei Teams in die nächste Herausfordererrunde starten, muss die Zukunft noch zeigen.

Die Gerüchte geisterten schon seit Ende des 37. America’s Cup durch die Segelwelt. Spätestens seit dem Cup-Finaltag in Barcelona, an dessen Ende Ineos Britannias CEO und Skipper Sir Ben Ainslie im weißen Shirt ohne Team-Logos zu offiziellen Terminen erschien, war klar, dass der Haussegen im britischen Cup-Rennstall Ineos Britannia schief hing. Auch wussten Teammitglieder von Auseinandersetzungen zwischen Ben Ainslie und Rennstallbesitzer Sir Jim Ratcliffe zu berichten.

America’s Cup: Sportscheidung mit Folgen

Dennoch gab es Versuche, einen gemeinsamen Weg in die Zukunft zu finden. Jetzt sind sie offenbar final gescheitert. Der heute offiziell verkündeten Sportscheidung könnte nun ein Rosenkrieg folgen. Das ließen gleich zwei Statements der beiden Streitparteien im Rahmen von einer offiziellen Mitteilung vermuten, die am 24. Januar in Neuseeland auf der America’s-Cup-Homepage veröffentlicht wurde.

Die eine Hälfte des ungewöhnlichen Doppel-Statements reflektiert die Ansichten von Team Ineos Britannia und Rennstallbesitzer Sir Jim Ratcliffe. Datiert mit dem 24. Januar, heißt es darin:

“INEOS wird unter dem Teamnamen INEOS Britannia am 38. America's Cup teilnehmen, nachdem sich die Wege mit Sir Ben Ainslie getrennt haben. Leider konnten sich INEOS Britannia und Sir Ben nach dem Abschluss des 37. America's Cup in Barcelona nicht über die Bedingungen für ein Weitermachen einigen.

Ich bin enorm stolz auf das, was wir in Barcelona erreicht haben.” Sir Jim Ratcliffe

INEOS Britannia hat Dave Endean zum CEO ernannt, der immense Erfahrung im Segelsport und im America's Cup mitbringt. INEOS wird auch weiterhin das Design- und Technologie-Knowhow des Mercedes F1 Teams unter der Leitung des Technischen Direktors James Allison nutzen. Sir Jim Ratcliffe, Vorsitzender von INEOS, sagte: ‘Ich bin enorm stolz auf das, was wir in Barcelona erreicht haben, indem wir ein britisches Boot entwickelt haben, das zum ersten Mal seit Jahrzehnten wirklich wettbewerbsfähig war.

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Es hat neue Maßstäbe für den britischen Segelsport gesetzt, u. a. hat es zum ersten Mal den Louis Vuitton Cup gewonnen und zum ersten Mal seit 90 Jahren dem Verteidiger im Finale Rennen abgenommen. Darauf werden wir nun für den 38. America's Cup durch die INEOS-Herausforderung aufbauen und haben bereits 100 Wissenschaftler und Ingenieure, die an der Konstruktion unserer AC38-Yacht arbeiten.’ Weitere Einzelheiten zum INEOS Britannia-Wettbewerb werden zu gegebener Zeit folgen.”

Sir Ainslie droht mit Konsequenzen

Wer sich an dieser Stelle nun fragte, wie es mit Großbritanniens Cup-Antreiber Nummer eins Sir Ainslie wohl weitergeht, bekam die Antwort prompt – in Teil zwei der Bekanntmachung unter der Überschrift “Statement von Athena Racing & Sir Ben Ainslie”:

“Der britische Herausforderer für den 38. America's Cup, angeführt von Sir Ben Ainslie, hat mit Erstaunen die heutige Erklärung von INEOS und Mercedes F1 zu ihrer geplanten Herausforderung für den 38. America's Cup gelesen. Dieser Plan stellt sie vor erhebliche rechtliche und praktische Hürden, die sich in den kommenden Tagen und Wochen herausstellen werden. Darüber hinaus wird das britische America's-Cup-Team von Sir Ben Ainslie unter dem Namen Athena Racing in die Zukunft gehen und sich mit dem britischen Women’s und Youth America's-Cup-Team Athena Pathway zusammenschließen.”

Man darf davon ausgehen, dass Anwälte beider Seiten längst im Einsatz sind. Der America’s Cup war oft schon Schauplatz von Machtkämpfen. Selten allerdings ist es zu einem solch prominenten Zerwürfnis zwischen einem Finanzier, Förderer und leidenschaftlichen Cup-Jäger auf der einen und dem mit vier Goldmedaillen erfolgreichsten Olympiasegler der Sportgeschichte und ebenfalls leidenschaftlichen Cup-Jäger auf der anderen Seite gekommen.

Die America’s-Cup-Ehe hatte 2018 begonnen

Im März 2018 hatten sich die beiden Führungsfiguren Ratcliffe, 72, und Ainslie, 47, erstmals bei einem Bier über die Herausforderung America’s Cup unterhalten. Sie verstanden sich damals auf Anhieb gut und gingen die Mission gemeinsam an. Zwei Cup-Kampagnen liegen hinter ihnen. Die zweite war wesentlich erfolgreicher als die erste. Eine dritte aber wird es in einem Boot nun nicht mehr geben.

Unklar blieb zunächst angesichts der offen aufgetragenen Auseinandersetzung, welches der Teams in Zukunft der Challenger of Record unter dem Dach der Royal Yacht Squadron sein will – und darf. Die Herausforderung dazu hatte das damals noch vereinte Ineos Team Britannia nach dem letzten Cup-Rennen in Barcelona abgegeben. Und war akzeptiert worden.

Offizielle Herausforderer sind im America’s Cup entsprechend der Stiftungsurkunde grundsätzlich die Vereine, mit denen sich die Teams für eine Herausforderung oder Verteidigung zusammentun. Im Fall der Briten war und blieb es die berühmte Royal Yacht Squadron.

Als offizieller Challenger of Record hat die Royal Yacht Squadron das alleinige Recht, die Bedingungen des nächsten Matches mit dem Verteidiger (Royal New Zealand Yacht Squadron) auszuhandeln. Üblich ist, dass die Teams miteinander verhandeln und die Vereine die Ergebnisse in Übereinkunft mit ihren Teams besiegeln.

Zerwürfnis kann America’s-Cup-Planungen lähmen

Wie das britische Kräftemessen nach der nun offiziell gemachten Scheidung weitergeht, wird voraussichtlich ein Heer von Rechtsanwälten mitentscheiden. Einen schweren Stand dürften in der Folge auch gerade die neuseeländischen Verteidiger bei den Planungen für den 38. America’s Cup haben. Denn: Mit wem können und dürfen sie nun verhandeln?


Kiwis obenauf: Im 38. America’s Cup konnte Neuseeland das britische Team um Sir Jim Ratcliffe und Sir Ben AInslie im Finale sportlich bezwingen:

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